Zurzeit werden die gesamten Wallanlagen um die historische Innenstadt saniert. Dazu gehören die Credneranlagen beim Tierpark und die Wallanlagen am Bahnhof. Zudem werden diese auch vom Mühlentor bis zum Hansering ausgebaut. Die Gesamtkosten von 6,1 Millionen Euro werden zu drei Vierteln durch EFRE-Mittel finanziert. Diese stammen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Über die Sanierung sprach der webMoritz mit Bausenator Jörg Hochheim und Grit Hanke vom Tiefbau- und Grünflächenamt.
webMoritz: Herr Hochheim, wenn man vom Hauptbahnhof Richtung Innenstadt geht, sieht man einen Kahlschlag auf den Wallanlagen, der seinesgleichen sucht. Ist der Denkmalschutz zur Herstellung des historischen Walls soviel mehr Wert als der Umweltschutz, sollen die Grünanlagen doch auch der Erholung dienen?
Jörg Hochheim: Natur- und Umweltschutz einerseits und Denkmalschutz andererseits stehen nicht notwendigerweise im Widerspruch zueinander. Die historischen Wallanlagen sollen jetzt und auch künftig der Erholung dienen. Im Land gibt es bereits gelungene Beispiele für denkmalgerecht sanierte Grünanlagen. Zu denken wäre hier an den Schlosspark Bothmer bei Klütz oder den Schlosspark Hohenzieritz. Die Möglichkeit, die Greifswalder Wallanlagen zu sanieren, ergab sich Ende 2012 ziemlich kurzfristig, da dem Land noch EFRE-Mittel aus der Förderperiode 2007 bis 2013 zur Verfügung standen. Das bedeutet allerdings auch, dass wir bei der Umgestaltung der Wallanlagen schnell sein müssen. Nur wenn wir die Arbeiten in diesem Jahr zum Abschluss bringen, können wir die zugesagten Fördermittel auch abrufen.
Nach Einreichung unseres Antrags war zunächst im Gespräch, dass wir allein den Abschnitt des Schießwalls zwischen Hansering und Loefflerstraße sanieren können, auf dem unter anderem die neue Sportanlage für die Kollwitz-Schule entstehen soll. In weiteren Gesprächen mit dem Land wurde auch die Realisierung weiterer Abschnitte in Aussicht gestellt, bis das Wirtschaftsministerium signalisierte, dass wir die bisher noch unsanierten Abschnitte der Wallanlagen umgestalten können. Dies erfolgt nun in verschiedenen Abschnitten. Weit fortgeschritten sind die Arbeiten im Bereich des Goethe- und des Müntergrunds. Zwischen Loefflerstraße und Mühlentor wird der Parkplatz zurückgebaut und es wird eine Lindenallee bestehend aus drei Reihen errichtet. Um den Erholungswert zu steigern, werden wir auch die kompletten Credneranlagen erneuern. Dort konnten die Liegewiesen, die auf einer ehemaligen Niedermoorfläche entstanden sind, aufgrund von Staunässe nicht mehr genutzt werden. Auch der zugewucherte Teich wird dann wieder wahrnehmbar sein. Für den Bereich zwischen der Langen Straße und der ehemaligen Augenklinik ist ebenfalls eine Schönheitskur geplant. In diesem Bereich werden ein Bolzplatz und ein Basketballfeld entstehen.
Insgesamt kostet die Sanierung der gesamten Wallanlagen 6,1 Millionen Euro. Abzüglich einer Förderung durch EU, Bund und Land von zusammen 4,3 Millionen, beträgt der städtische Eigenanteil knapp zwei Millionen Euro. Wäre dieses Geld nicht in anderen Bereichen besser angelegt, beispielsweise der Jugendarbeit oder zur Sanierung öffentlicher Gebäude?
Hochheim: Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Stadt seit der Kreisgebietsreform ihre Zuständigkeit im Bereich der Jugendarbeit an den Landkreis abgeben musste. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Bürgerschaft eine leichte Entscheidung zu treffen hatte. Denn der Sanierungsstau in unseren städtischen Gebäuden war ihr natürlich bewusst. Auch ich selbst habe dafür plädiert, die Rangfolge zukünftiger Investitionsentscheidungen nicht allein von der Höhe möglicher Fördermittel abhängig zu machen. Jedoch war die 75-prozentige Förderung für die Stadt durchaus entscheidend, weil sich diese Chance nicht oft auftut. Daher hat die Bürgerschaft beschlossen, die Sanierung der historischen Wallanlagen nicht nur in einzelnen Abschnitten, sondern in Gänze durchzuführen. Wie bereits erwähnt, müssen wir, um die Fördermittel zu erhalten, die Maßnahmen bis Ende 2014 beenden. Daher handelt es sich um ein sehr ambitioniertes Vorhaben.
Noch einmal zurück zum Kahlschlag. Es wurden ziemlich viele Bäume gefällt. Werden diese ersetzt?
Grit Hanke: Es werden neue Bäume hinzukommen. Zwar werden bei den Sanierungsarbeiten zwischen Credneranlagen und Rubenowstraße insgesamt 105 Bäume gefällt, gleichzeitig werden aber auch 77 Bäume neu gepflanzt.
Also gibt es weniger Bäume?
Hanke: Ja, aber da gibt es doch qualitativ einen großen Unterschied. Denn wir haben in Auswertung verschiedener Gutachten die älteren Bäume vor allem dann herausgenommen, wenn deren Standsicherheit nicht mehr gewährleistet war. Und auch bei den Bäumen in den Böschungsbereichen der Wallanlage ging es darum, die Verkehrssicherung zu gewährleisten. Außerdem haben wir Wildwuchs und kleine Bäume entfernt, die nicht in die historische Wallanlage hineingehören.
Hochheim: Es handelt sich, wie bereits erwähnt, um eine denkmalgeschützte Anlage. Wir sind hier also nicht wahllos mit der Kettensäge durchgegangen. Es gab hinsichtlich der Baumfällungen auch nicht nur Abstimmungen mit den Denkmalschutzbehörden, sondern es wurden auch die Natur- und Umweltschutzbehörden beteiligt und auch der Naturschutzbund Deutschland e.V. einbezogen. Man muss aber auch sagen, dass den Wallanlagen über einen langen Zeitraum nicht die erforderliche Pflege zuteil geworden ist. Jeder weiß aus seinem eigenen Garten was passiert, wenn man der Natur einfach ihren Lauf lässt. Trotzdem haben wir bei jedem Baum gemeinsam überlegt, ob er nicht doch stehen bleiben kann. Denn es ist natürlich immer schade, wenn ein Baum fällt.
Der Platz vor der Mensa am Schießwall, der durch die Baustelle Am Mühlentor ohnehin gerade nicht so leicht zu erreichen ist, ist bei Dunkelheit sehr schlecht beleuchtet und das, wo er sowieso schon in einem schlechten Zustand ist. Wann schafft die Stadt hier endlich Abhilfe?
Hanke: Anfang der Woche begannen in diesem Abschnitt die Bauarbeiten mit Baumfällungen. Der ganze Platz vor der Mensa wird umgestaltet und erhält dann eine qualitätsgerechte Beleuchtung durch eine zweireihige Leuchtenreihe. Die jetzige Beleuchtung ist wegen der Bäume nicht gerade vorteilhaft. Außerdem erhält der Vorplatz eine neue Befestigung mit Granitpflaster und einen fünf Meter breiten Asphaltstreifen.
Neben der Beleuchtung und seinem schlechten Zustand ist für viele Studenten auch ein Ärgernis, dass der Mensavorplatz im Winter schlecht geräumt ist, sodass man hier bei Schnee und Eis leicht stürzen kann. Laut Studentenwerk ist es als Anlieger nur für die Treppe verantwortlich, nicht für den Vorplatz selber. Schließlich gehört der Vorplatz der Stadt und sie erzielt durch manchmal hier stattfindenden Wochenmarkt auch Einnahmen. Verletzt die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht?
Hanke: Das Studentenwerk irrt, wenn es annimmt, dass nur die Treppe gestreut werden muss. Laut städtischer Winterdienstsatzung ist das Studentenwerk als Anlieger verpflichtet, einen etwa 1,50 Meter breiten Streifen freizuhalten. Die Stadt beräumt die Fläche zwischen Mühlentor und Loefflerstraße in einem zwei Meter breiten Streifen. Und wenn dort Wochenmärkte stattfinden, dann beräumen wir selbstverständlich die gesamte Fläche.
Fotos: David Vössing, Simon Voigt (Mensavorplatz)
Wirklich ein schöner Artikel. Aber ein "fast" im ersten Satz fehlt. 🙂 Denn die bereits sanierten Wallabschnitte werden mitnichten wieder saniert. 🙂