Am vergangenen Donnerstagabend spielte das Jazztrio „Hyperactive Kid“ im Koeppenhaus – und beeindruckte das Publikum mit neuen unkonventionellen Klängen, originellen Ideen und virtuoser Musik.
Ein langes, meditatives Gitarrensolo eröffnet den Abend, fast als würde man eine Landschaft malen wollen. Mit neuen Farben fügen sich dann Tenorsaxophon und Schlagzeug behutsam in das Bild, in dem sich langsam ein Sturm zusammenbraut, der bald pfeifend umherwirbelt und schließlich seine ganze Kraft entlädt.
Vor zehn Jahren gründeten Ronny Graupe an der Gitarre, Philipp Gropper am Tenor und Christian Lillinger am Schlagzeug „Hyperactive Kid“. Ihr Stil – modern-creative – lässt sich mit Vergleichen zu gängigen Genres kaum charakterisieren: klassische Jazzelemente verschmelzen mit Drum&Bass-Rhythmen und Neuer Musik. Ihre Stücke sind Kunstwerk und Kopfmusik und immer auch mehr als nur das Zusammenspiel dreier Musiker: Gefühle, Stimmungen und Bilder rufen ihre Klänge hervor. Die Grenzen von Improvisation und Komposition scheinen dabei zu verschwimmen, ohne jedoch jede Struktur aufzugeben. Kein bisschen stört da die unkonventionelle Besetzung ohne Bass.
Unruhe – und Ruhepol
Am Schlagzeug ist Christian Lillinger ein Erlebnis für sich: energetisch und in ständiger Bewegung webt er virtuos ein rhythmisches Grundgerüst, begleitet, antwortet oder fordert Saxophon und Gitarre. Jeder noch so leise Ton, ob mit Sticks, Händen oder Küchensieb hervorgerufen, ist gewollt. Die Geräusche der Großstadt holt er nach Greifswald, genau wie schweres maschinelles Stampfen. Einmal bringt er ein Becken minutenlang so in Schwingung, dass es kaum mehr auszuhalten ist.
Im Gegenüber bildet Ronny Graupe einen Ruhepol, oft innerlich und versunken, jedoch keineswegs weniger einfallsreich zupft er seine Gitarre, kratzt oder verzehrt. Und in der Mitte vermittelt Phillip Gropper, dessen Soli durchaus traditionellen Läufen folgen – um dann wieder ins disharmonische, schräge auszubrechen. Mal wie Zahnräder, mal in wechselnden Dialogen fügen sich so die Klangfarben zu einem Gesamtbild zusammen.
Und so machte „Hyperactive Kid“ seinem Namen alle Ehre: impulsiv, energiegeladen und voller Ideen – und doch nicht irgendwo festzubinden. Begeistert verabschiedete das Publikum im gut gefüllten Koeppenhaus die Musiker mit langem Applaus und „Bravo“-Rufen.
Zum nächsten Konzert der Reihe „Jazz in Greifswald“ spielt das Gilbert Paeffgen Trio am 14. März. Mit einem Hackbrett, einem Saiteninstrument, entrückt Gilbert Paeffgen Pianotrios in magische Sphären und neue Facetten des Jazz. Begleitet wird er von einem Harmonium und einem Bass.
Fotos: Natalie Rath
Lieber Anton, liebe webmoritz-Redaktion,
danke für diesen Artikel und das Engagement das darin zum Ausdruck kommt.
Allerdings habe ich den Eindruck gewinnen müssen, dass jenes Konzert, wie auch vorherige in ähnlicher Besetzung oder aus selbiger Reihe hier eine Berücksichtigung finden, die das Bemühen um möglichst breite Repräsentation vermissen lassen.
Es werden so weder die tatsächlichen Verhältnisse adäquat abgebildet, noch erfahren vergleichbare Veranstaltungen eine ähnliche Vor- und Nachbereitung wie es einmal mehr auch bei o.g. Veranstaltung der Fall war.
Ohne nun Spekulationen über mögliche Ursachen anstellen zu wollen, würde ich mich freuen, wenn in Zukunft das Bestreben sich hiervon ein wenig zu lösen, auch und gerade wenn dies mehr Energie erfordern sollte, mehr Beachtung erführe.
Ich denke mit diesem Wunsch nach mehr Aktualität und Diversifikation nicht nur für mich zu sprechen.
Vielen Dank!
Ich glaube, der Autor ist selbst Musiker, spielt Schlagzeug und mag Jazz. Mich wundert es nicht, dass er nicht jede Woche eine Kritik zum letzten Death-Metal-Konzert schreibt. Ich bin sehr froh, dass hier jetzt öfter jemand Kulturtexte schreibt, denen man eine gewissen Involviertheit und eine Grundexpertise anmerkt. Deinem Wunsch nach mehr Vielfalt wird vielleicht in den Ankündigungen der Wochenendveranstaltugnen entsprochen und wenn du mehr Berichterstattung über kulturelle Ereignisse willst, musst du eventuell selbst in die Tasten hauen. 🙂
Was hast du gegen Beiträge bei denen der Autor weiß worüber er schreibt? Diversifikation ist schön und gut, aber willst du ernsthaft dass die Redaktion nur so tut als ob sie Ahnung von dem Thema hätte, über das sie berichtet? Hier hat hat ein offensichtlicher Jazzliebhaber über ein Jazzkonzert berichtet, dass er gehört hat. Was ist so schlimm daran?