Seit einiger Zeit begegnet man auf den drei Stationen der inneren Medizin im Greifswalder Uniklinikum am Nachmittag Damen in lindgrüner Kleidung, die weder Schwestern noch Ärztinnen sind. moritz hat nachgeschaut, um was für Menschen es sich dabei handelt.

Von: Juliane Stöver

Eine Grüne Dame bei der Arbeit.

Eine Grüne Dame bei der Arbeit.

Wer jemals einige Zeit im Krankenhaus verbringen musste, kennt das: Ärzte und Pflegepersonal sind im Stress, für persönliche Dinge ist keine Zeit. Schlimm, wenn dann auch noch die Verwandten nicht vorbeischauen können. Deswegen gibt es in immer mehr Krankenhäusern das Projekt der „evangelische Krankenhaushilfe e.V.“. Dabei handelt es sich um einen ökumenischen Verein auf Bundesebene, in dem Ehrenamtliche – die „Grüne Damen und Herren“ genannt werden, weil sie lindgrüne Kittel tragen – die Patienten unterstützen, indem sie kleine Besorgungen für diese erledigen oder ihnen einfach zuhören, wenn die Patienten jemanden zum Reden brauchen. Seit April letzten Jahres gibt es eine Gruppe „Grüner Damen“ auch an der Universitätsmedizin in Greifswald. Derzeit arbeiten nachmittags 16 Ehrenamtliche auf den drei Stationen für Innere Medizin (INM), wo sie tägliche Besuche tätigen.

Erfahrung, die bereichert

Doch der Einsatzbereich könnte auf weitere Stationen ausgeweitet werden, wenn sich genügend Freiwillige finden, so Rainer Laudan von der Krankenhausseelsorge, der sich um die Koordination der ehrenamtlichen Mitarbeit kümmert. Momentan gebe es nicht genügend Ehrenamtliche und der Bedarf sei auf diesen Stationen am größten. Die Finanzierung verläuft dabei über den Verein „Freunde und Förderer des Universitätsklinikums Greifswald e.V.“ in Form von Spenden, die für Fahrtkosten und andere Aufwandsentschädigungen, Weiterbildungen, die grüne Kleidung und die Anwerbung neuer Mitwirkenden verwendet werden. Der Verein und besonders der Vorsitzende Doktor Gunter Jess sind auch verantwortlich für die Gründung der Gruppe in Greifswald gewesen. Dieser hatte die Idee, in Kooperation mit dem Vorstand des Klinikums das Projekt in Greifswald zu integrieren. Die Grünen Damen selbst werden zwar nicht bezahlt, dennoch sei ihre Arbeit „eine Bereicherung an Erfahrung“, erzählt Antanina Plamann, eine der „grünen Damen“, die seit September immer dienstagnachmittags auf der Station INM-13 anzutreffen ist. Sie selbst suchte gezielt nach einem Ehrenamt, als sie nach Greifswald gezogen ist, Schließlich ist es ihr wichtig, Menschen zu helfen. Sie selbst war selbst bereits in einer Situation, wo sie auf Hilfe angewiesen gewesen war.
Da sie ein kommunikativer Mensch ist, der bereits viel mit Menschen gearbeitet hat, und kein Problem damit hat, auf Menschen zuzugehen, empfinde sie ihre Arbeit im Krankenhaus nicht als Belastung, auch wenn sie weiß, dass sie nicht immer etwas tun kann, wenn Menschen im Krankenhaus Probleme haben. Vielmehr helfe sie sehr gerne, auch wenn es manchmal schwierig sei, an manche Patienten „heranzukommen“ und ihnen klar zu machen, dass man sich nicht aufdrängen, sondern ihnen helfen möchte. Dabei ist es vor allem wichtig, ein besonderes Feingefühl für die Menschen und eine gewisse Menschenkenntnis zu besitzen. Auch ein wenig Mut ist nötig, da die Damen nie wissen können, was sie erwartet, da jede Situation anders ist. Zwar gibt es derzeit noch keine spezielle Schulung, doch werde dies im Frühjahr auch ermöglicht, um es Neueinsteigern zu erleichtern, Kontakt mit den Patienten aufzunehmen und diesen zu helfen.
Dass Plamann ihr Ehrenamt sehr schätzt, ist ihr deutlichanzusehen, als sie schildert, wie sie es schaffte, einem verschlossenen und schlecht gelaunten Patienten durch ihre offene und lebensfrohe Art ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Oder als sie berichtet, wie ein Patient sie gefragt hat, ob sie am nächsten Tag wiederkomme. Das war zwar nicht der Fall, da jede „Grüne Dame“ ihren eigenen Arbeitstag hat, doch es zeigt, dass die ehrenamtliche Arbeit von vielen Patienten gut aufgenommen wird. Obwohl es auch vorkommt, dass die angebotene Unterstützung abgelehnt wird und Patienten keinen Besuch wünschen. Auch von den Ärzten und Schwestern werde die Unterstützung geschätzt. Eine der Hauptaufgaben der Ehrenamtlichen ist es, den Patienten moralische und psychologische Unterstützung zu bieten, ihnen zuzuhören, wenn sie Kummer oder Probleme haben und ihnen so den Aufenthalt ein wenig leichter zu machen. Dabei können durchaus mehrstündige Gespräche entstehen, in denen nicht nur den Patienten geholfen werden kann, sondern nicht selten auch die Grünen Damen einen Rat erhalten oder etwas über sich selbst lernen können.

Dienstagnachmittag auf der INM-13

Wenn Antanina Plamann die Station betritt, geht sie immer zuerst ins Schwesternzimmer, um sich ins Dienstbuch einzutragen, was damit zusammenhängt, dass die Grünen Damen über den Verein „evangelische und ökumenische Krankenhaushilfe e.V.“ versichert sind. Dann fragt sie bei den diensthabenden Schwestern, ob es an diesem Tag etwas Besonderes zu beachten gibt oder ob einige Patienten speziell Unterstützung benötigen beziehungsweise besser nicht gestört werden. Daraufhin dreht Plamann ihre Runde über die Station, fragt die Patienten nach ihrem Befinden und unterhält sich mit denen, denen es schlecht geht oder die Gesellschaft brauchen. Ihre Arbeitsstunden richten sich danach, wie lange diese Gespräche dauern und was es sonst noch zu tun gibt, wie Patienten zu Untersuchungen begleiten oder ihnen etwas aus der Cafeteria, dem Kiosk oder Blumenladen holen. In der Regel arbeitet eine Grüne Dame oder ein Grüner Herr mindestens vier Stunden die Woche. Doch manchmal dauern Gespräche sehr lange und wenn die Gesellschaft so gut ist, bleibt Plamann auch etwas länger. Das macht ihr auch nichts aus, denn die Arbeit auf der Station erfülle ihr Leben und gebe ihr sehr viel. Es helfe ihr, ihr eigenes Leben mit anderen Augen zu sehen, sich darüber zu freuen, dass sie gesund ist „lachen, tanzen, singen kann“, wenn sie bedenkt, dass „andere nicht mal die Hälfte“ können. Auch mit ihren Kolleginnen verstehe sie sich sehr gut. Einmal im Monat gibt es ein gemeinsames Treffen von allen Grünen Damen, die am Universitätsklinikum arbeiten, und den Verantwortlichen. Dabei geht es dann vor allem um die Zusammenarbeit auf den Stationen, sehr schnell aber auch um Privates, was dazu führt, dass Freundschaften geschlossen werden und alle Ehrenamtlichen untereinander bereits per du sind. Die Weihnachtsfeier im letzten Dezember hat ebenfalls dazu beigetragen, das Team  zu festigen.

Weitere Unterstützung erwünscht

Neue Mitglieder unter den Ehrenamtlichen sind immer gerne gesehen. Einen großen Zuwachs brachte bereits eine Veröffentlichung in der Ostsee-Zeitung. Damals hatten sich 22 Damen gemeldet. Wer Interesse hat, kann sich entweder bei Herrn Laudan oder Herrn Dr. Jess melden, denn noch immer besteht großer Bedarf an der Arbeit der Grünen Damen. Wobei es natürlich auch Männern möglich ist, mitzumachen. Jeder, der anderen Menschen helfen möchte, könne sich beteiligen, unabhängig von Lebenshintergrund, so der Krankenhausseelsorger.
Der erste Tag sei immer der schlimmste, weiß Frau Plamann. Aber mit jeder Erfahrung und durch den Austausch mit anderen Ehrenamtlichen, den Schwestern und den Verantwortlichen von der Krankenhausseelsorge lernt man, wie man die Arbeit am besten bewerkstelligt. Frau Plamann kennt „ihre“ Station inzwischen, kennt die Mitarbeiter und Abläufe. Selbstsicher bewegt sie sich zwischen den Zimmern, scherzt mit den Pflegern und Patienten und genießt ihre Arbeit, die ihr so viel bedeutet. „Aber“, so meint sie, „wenn wir 88 wären, wäre es noch schöner.“

 

Foto: Juliane Stöver