Wohnheim_Ernst-Tählmann-Ring-Simon VoigtDie Junge Union (JU) stänkert in Richtung Studentenwerk und behauptet, die Wohnheime würden zusammen bröckeln und die Geschäftsführerin Cornelia Wolf-Körnert sei daran schuld. Diese weist alles von sich und hält die Kritik für wenig fundiert. Jusos und Hochschulpiraten hat keiner gefragt, sie sehen sich aber trotzdem gezwungen, ebenfalls mitzumischen.

Dann und wann meldet sich die Junge Union Greifswald mit einer Pressemitteilung zu Wort. Häufiger als die politische Konkurrenz äußern sich die jungen Konservativen zu aktuellen Ereignissen in der Hansestadt oder dem Landkreis. Da geht es um einen respektvollen Umgang mit der Bundeswehr, zu dem ermahnt wird, Plattdeutsch, welches als wertvolles Gut heimatkundlicher Identität geschützt werden sollte oder die Forderung nach einem Helmut-Kohl-Platz für Greifswald. Viel Substanz gibt es nie, man will sich ja nur ins Gespräch bringen.

Die neueste Idee war es nun, sich beim Studentenwerk für die teils in die Jahre gekommene Bausubstanz zu beschweren. „Draußen bröckeln die Fassade und das Dach und drinnen ist es oft nicht besser. So sieht die Realität der Gebäude des Studentenwerks Greifswald in der Bachstraße 27, der Makarenkostraße 47 und im Ernst-Thälmann-Ring 8 bis 10 aus”, beginnt eine Mitteilung, die der Stadtverbandsvorsitzende Franz Küntzel verfasste. Die Geschäftsführerin des Studentenwerks, Dr. Cornelia Wolf-Körnert, müsse nun endlich ihre Hausaufgaben machen, denn sie sei für Fehlplanungen verantwortlich.

Franz Küntzel.

Franz Küntzel

„Es kann nicht sein, dass Studienanfänger in Greifswald erst wochenlang mühsam eine Bleibe suchen und dann mit Notlösungen Vorlieb nehmen müssen. Das Studentenwerk kommt seiner primären Aufgabe schon seit Jahren nicht nach. Frau Wolf-Körnert muss endlich Lösungen anbieten und handeln, anstatt regelmäßig der Landespolitik die Schuld in die Schuhe zu schieben“, fordert Küntzel, der selbst keine Lösung parat hat. Vor einem Jahr wurde Küntzel zusammen mit seinem Parteifreund Franz-Robert Liskow bei der Bewerbung als Kandidat der Stadt im Studentenwerk abgelehnt.

“Offensichtlich ist bei der Jungen Union das Wissen über unsere Arbeit nicht sehr fundiert,” schätzt Cornelia Wolf-Körnert die Lage ein und weist die Vorwürfe entschieden von sich. Auf eine webMoritz-Anfrage hin erklärte sie, das jährlich 350.000 Euro in die Bauunterhaltung der Wohnheime fließen würden. Das Studentenwerk verfolge nicht die Absicht, Gewinne zu erzielen, sondern versuche, die Mieten niedrig zu halten. Eine staatliche Förderung habe es seit 2003 nicht mehr gegeben. Weiterhin äußerte sie sich detailliert zu den drei Wohnheimen, deren Zustand von der JU kritisiert wird.

“Es bröckelt nichts.”

Die Sanierung des Wohnheims am Thälmannring habe in diesem Jahr mit dem Dach begonnen. 2014 werde die Fassade zur Straße folgen, im Jahr darauf jene zum Hof. Insgesamt plane man eine Investition von 1,2 Millionen Euro, aufgrund ungeklärter Eigentumsverhältnisse sei dies eine lange Zeit nicht zu vertreten gewesen. “Das Wohnheim ist voll belegt. Es bröckelt nichts.” stellt die Geschäftsführerin zudem klar.

Beim Wohnheim am Thälmannring sind derzeit alle Aufgänge durch ein Gerüst abgesichert.

Beim Wohnheim am Thälmannring sind derzeit alle Aufgänge durch ein Gerüst abgesichert.

Auch in der Makarenkostraße bröckele es nicht und das Haus sei nahezu voll belegt. Eine grundlegende Sanierung ist für die nächsten Jahre geplant und soll zu “zeitgemäßen Wohnformen” führen, was aber 5,7 Millionen Euro kosten soll. “Damit das für die Studierenden auch bezahlbar bleibt, fordern wir die Hilfe des Staates. Aus unserer Sicht wäre es notwendig, hier Mittel für den sozialen Wohnungsbau einzusetzen, welche das Land M-V als Entflechtungsmittel noch bis 2019 durch den Bund als Zuschuss erhält,” erläutert Wolf-Körnert.

Bereits im Frühjahr lud das Studentenwerk anlässlich der Bundestagswahl die Direktkandidaten für Greifswald in das Wohnheim in der Makarenkostraße ein, um auf die eigenen Probleme hinzuweisen. Dieser Bitte folgten Sonja Steffen (SPD), Claudia Müller (Grüne) und Kerstin Kassner (Linke), die anderen Kandidaten kamen nicht, von Angela Merkel (CDU) gab es eine Absage.

Für die Immobilie in der Johann-Sebastian-Bach-Straße räumt die Geschäftsführerin ein, dass sich vor einigen Tagen Teile der Fassade gelöst hätten und somit der Gehweg gesperrt werden musste. Dies könne erst wieder aufgehoben werden, wenn die grundlegende Sanierung des Dachs beginnt. Der Bauantrag sei bereits im Sommer gestellt worden, durch einen Widerspruch vom Denkmalschutz könne die Sanierung erst im Frühjahr 2014 starten. Weiterhin erklärt sie: “Leider verwehrt uns das Land bis heute Mittel der Städtebauförderung, welche privaten Investoren gewährt werden. Das wird leider zu relativ höheren Mieten führen, welche allerdings im Vergleich zum Markt immer noch fair sein werden.”

Jusos und Hochschulpiraten: JU im Unrecht

“Durch die verweigerte Unterstützung des Studentenwerkes zwingt der Wirtschaftsminister Harry Glawe die Studierenden in Greifswald dazu, teure Wohnungen von Privatanbietern zu beziehen” kritisiert auch Milos Rodatos, Vorstandsmitglied des Studentenwerks und Hochschulpirat. Eilig verfasste er gestern gemeinsam mit Erik vom Malottki, der dem Verwaltungsrat des Studentenwerks vorsitzt und Mitglied der Jusos ist, eine Pressemitteilung, in der sie der JU vorwerfen, im Unrecht zu sein. Ob hier Gruppenmitgliedschaft oder die Posten beim Studentenwerk im Vordergrund stehen, muss der Leser selbst entscheiden.

Das Studentenwerk komme seinem Auftrag nach, in dem es Wohnheimplätze für alle Studierenden anbietet, nur vom Land werde es alleine gelassen, wie die Ablehnung der Städtebauförderung beweise. Auch an anderer Stelle stünde das Wirtschaftsministerium im Wege: Durch die Weigerung, Bundesmittel von jährlich über 18 Millionen Euro für die soziale Wohnraumförderung weiterzureichen. Anträge habe es gegeben, die aber abgelehnt worden seien. Dazu Erik von Malottki: “Es ist unglaublich, wenn das Wirtschaftsministerium die rasante Mietpreisentwicklung in Greifswald und ihre Folgen für alle Bürger der Stadt einfach leugnet. Spätestens seit dem Immobilienmarktbericht von 2012, in dem Greifswald als Stadt mit den bundesweit am stärksten steigenden Mieten ausgewiesen wird, sollte jedem in Mecklenburg-Vorpommern klar sein, das es hier ein massives Problem gibt.”

Fotos: Simon Voigt (Küntzel – Archiv)