Ob Umweltschützer, Rettungsschwimmer oder Konsumkreislaufdurchbrecher, alles ist erlaubt, sobald es sich um das Thema Engagement dreht. Wie man dabei noch das Studium und seinen Freizeitaktivitäten meistern kann, zeigen drei hilfsbereite, junge Menschen aus Greifswald.
Vorlesungen, Seminare, Übungen, Tutorien, Lernen – Studieren kann sehr zeitintensiv sein. Wenn man dann mal Freizeit hat, versucht man sich dazu aufzuraffen, etwas Sport zu treiben, liegt auf der Couch rum und schaut ein bisschen Fern, liest ein Buch, fährt wieder in die Heimat oder geht feiern. Was für andere tun, sich engagieren, etwas auf die Beine stellen, da hat doch niemand Zeit für neben dem Studium. Oder doch? Tatsächlich gibt es eine Menge Möglichkeiten, sich neben dem Studium zu engagieren, und auch viele Studierende, die genau das tun. Eine von ihnen ist Nadja. Sie studiert Biodiversität und Ökologie und auch in ihrer Freizeit setzt sie sich als Mitglied der BUND-Jugend (Bund für Umwelt und Naturschutz) Greifswald für Umwelt- und Naturschutz ein. Angefangen hat ihr Engagement schon vor dem Studium, als sie ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolvierte, wie sie erzählt. Als sie dann vor vier Jahren nach Greifswald kam, schloss sie sich der damals neu gegründeten Ortsgruppe der BUND-Jugend an. Inzwischen hat die Gruppe sich etabliert, es seien nette Leute dabei und das Engagement mache einfach Spaß. Ob nun ein konsumkritischer Stadtrundgang, die Organisation des Ryckjump, die Pflege von Orchideenwiesen auf Rügen oder vegane Plätzchen backen zu Weihnachten, jede Aktion macht Sinn und Freude.
Ganz wichtig ist Nadja dabei, keinen moralischen Zeigefinger zu erheben: „Die Leute werden aufgeklärt, informiert, aber was sie dann aus dem Wissen machen, ist ihre Sache.“ Letztendlich geht es ihr nicht um Anerkennung oder ein gutes Gewissen, sondern einfach darum, aktiv zu sein für die Umwelt und dabei auch Spaß zu haben. Im Gegensatz zu einigen anderen Hobbies ist das Engagement in der BUND-Jugend sehr kostengünstig, es gibt Kostenerstattungen für vieles und eine BUND-Mitgliedschaft ist zumindest zu Beginn nicht notwendig, zählt Nadja auf. Auch der Zeitaufwand halte sich in Grenzen, je nach Lust und Laune könne man sich mehr oder weniger einbringen und beim Organisieren helfen. „Wenn du gerade Klausuren hast, oder eine Hausarbeit abgeben musst, verstehen das alle.“ Hinterher könne man sich ja wieder mehr einbringen und sowohl was für die Umwelt, als auch das eigene Organisationsgeschick tun.
Begleiten auf der Schatzsuche
Auch für Johanna ist wichtig, dass sie, wenn sie viel für die Uni zu tun hat, auch mal eine oder zwei Wochen frei nehmen kann von ihrem Engagement. Die Nachhaltigkeitsgeographin ist Mitglied in dem Verein, der den Umsonstladen in der Wolgaster Straße betreibt. Ihre wöchentliche „Arbeitszeit“ beträgt nur wenig mehr als drei Stunden, in denen sie im Laden hinter dem Tresen steht und die Besucher auf ihrer „Schatzsuche“ begleitet.
Von dem Moment an, als Johanna das erste Mal den Umsonstladen besucht hatte, war sie begeistert von dessen Konzept: Der Laden bietet die Möglichkeit alte, aber noch nutzbare Kleidungsstücke oder Haushaltsgegenstände abzugeben, statt sie wegzuwerfen, damit jemand anders sie einer weiteren Verwendung zuführen kann. Gerade für Studenten ist dies eine gute Möglichkeit, ein paar Teller für die WG-Küche zusammenzusammeln. Meist ist einiges los, und Johanna hat alle Hände voll, den Kunden bei der Suche zu helfen, neue Artikel entgegen zu nehmen oder einzusortieren. Dennoch macht es ihr viel Spaß, und auf die Frage, ob sie ihre Zeit nicht lieber für einen Nebenjob investieren würde, antwortet sie: „Man verdient in Greifswald eh ziemlich wenig in der Stunde, da kann man sich auch für eine gute Sache engagieren und muss nicht so viel Zeit reinstecken.“ Der Umsonstladen finanziert sich übrigens komplett durch Spenden. In dem Moment, in dem nicht mehr genug Spenden da wären, um die Miete zu zahlen, würde der Verein aufgelöst und der Laden geschlossen werden, erklärt Johanna. Es solle halt niemand Geld reinstecken müssen, das er oder sie nicht habe, sondern nur sich engagieren und mithelfen.
Engagieren und Mithelfen
Rund ums Helfen dreht sich auch alles bei Kai, der neben seinem Medizinstudium beim DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V.) Greifswald Referatsleiter ist. Ihm obliegt die Organisation der medizinischen Aus- und Weiterbildung der Mitglieder. Außerdem leitet er Einsätze bei Wassersportveranstaltungen und ähnlichem. Begonnen habe alles mit einem Rettungsschwimmerkurs daheim, erinnert sich Kai. Eins kam zum anderen, er wurde Mitglied im örtlichen DLRG und blieb auch nach dem Studienbeginn in Greifswald dabei, obwohl es teilweise schwierig ist, beides unter einen Hut zu kriegen. „Aber ich hab den Vorteil, dass mein Ehrenamt relativ Saisonal ist, also Hochwasser ist in der Regel im Frühjahr und die Marktsaison ist im Sommer. Und gerade in der Klinik, also im Medizinstudium, ist der Hauptteil im Wintersemester. Im Sommersemester ist es nicht ganz so zeitaufwendig“, fährt er fort.
Überhaupt scheint das Studium Segen und Fluch für den hiesigen DLRG zu sein. Auf der einen Seite sind viele junge, motivierte und auch teilweise schon gut ausgebildete Mitglieder dabei, während auf der anderen Seite eben diese Mitglieder meist nur relativ kurze Zeit in der Stadt sind und dann wieder wegziehen, weshalb es schwer ist, etwas Nachhaltiges aufzubauen. Die meisten Studenten wollen oder müssen nach dem Studium Greifswald leider verlassen.
Je nach Lust und Laune
Trotzdem empfiehlt Kai, allen Interessierten, einfach mal vorbei zu schauen. Neben der teils lebensrettenden Arbeit sei auch immer Zeit für einen Plausch, einen netten Kneipenabend oder Ausflug. Das Kais Engagement lebensrettend sein kann, steht außer Frage. So half er zum Beispiel in diesem Jahr beim Inselschwimmen in Schabrol dabei, einen relativ schwer verletzten Schwimmer zu versorgen.
Aber auch wenn ihr nicht Leben retten, die Umwelt schützen oder gegen die Wegwerfgesellschaft kämpfen wollt, gibt es eine Menge Möglichkeiten, sich in Greifswald zu engagieren. Der Weltladen sucht immer ehrenamtliche Mitarbeiter und der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V.) kann helfende Hände gebrauchen. Oder helft euren Nachbarn beim Umzug oder Einkauf, nehmt euch auf Spaziergängen einen kleinen Müllbeutel mit und sammelt ein bisschen Müll auf oder bringt einfach ein paar alte Klamotten, die ihr nicht mehr braucht, in den Umsonstladen oder die Altkleidersammlung. Engagement hat viele Gesichter und jedes hilft.
Ein Feature von Erik Lohmann