Boddencup_2013_ganzer_Saal-Simon VoigtDas Team “Mainz Anton” konnte sich beim diesjährigen Boddencup gegen 23 Mittbewerber durchsetzen. Ihrem Debattierclub Johannes Gutenberg gelang es gleichzeitig auch, diese Saison der Freien Debattierliga für sich zu entscheiden, deren letztes von insgesamt neun Turnieren an diesem Wochenende vom Debattierclub an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität im Institut für Anatomie ausgerichtet wurde.

Daniil Pakhomenko vom Gewinnerteam liefert sich bereits seit 2006 diese sportlichen Wortgefechte und brachte somit viel Erfahrung mit. Sein Partner Christian Strunck ist hingegen noch nicht ganz ein Jahr im Club dabei, hat aber ebenfalls schon an ein paar Turnieren teilgenommen. Allerdings redeten die Beiden noch nie in einem Team. “Dieser Austausch mit jemand Neuem ist sehr gut, wie Urlaub, wenn man sonst immer mit dem gleichen Partner, also zu Hause, im Team ist”, freute sich Pakhomenko darüber, dass die Premiere glückte. Andrea Gau, normalerweise seine Redepartnerin, trat diesmal in einem anderen Team an und schaffte es immerhin auch ins Finale. Feiern können die drei trotzdem, denn dass ihr Club die Freie Debattierliga gewinnt, stand schon vorher fest, so viele Punkte hatten sie bereits in den vorangegangenen acht Turnieren gewonnen. Der letzte Sieg in Greifswald war damit nur noch die Kür.

Reden als Sport

Daniil Pakhomenko(li.) und Christian Strunck vom Debattierclub Johannes Gutenberg aus Mainz gewannen den Greifswalder Boddencup 2013.

Daniil Pakhomenko(li.) und Christian Strunck vom Debattierclub Johannes Gutenberg aus Mainz gewannen als Team “Mainz Anton” den Greifswalder Boddencup 2013.

Den Debattierclub an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität gibt es schon seit 2001 und er will, genau so wie viele weitere Vereine die sich bundesweit an Universitäten etabliert haben, an die angelsächsische Tradition in diesem Sport anknüpfen. Denn Reden ist tatsächlich Sport, wie die kürzlich erfolgte Aufnahme des Clubs in das Angebot vom Greifswalder Hochschulsport beweist. Zum Sport gehört auch die regelmäßige Teilnahme an Wettkämpfen, wie sie in diesem Fall zur Freien Debattierliga zusammengefasst sind.

Die Debattierclubs von 27 Universitäten traten im Laufe dieser Saison bei neun Cups gegeneinander an, um dort Punkte zu sammeln. Ein System, welches Viele mit der Bundesliga vergleichen. Es ist auch möglich, dass gemischte Teams antreten (die Punkte werden aufgeteilt) oder ein Club mehrfach vertreten ist (und die Chancen vergrößert). Geredet wird im British Parliamentary Style, bei dem immer vier Zweierteams aufeinander treffen. Ihre eigene Position wird zugelost und ist entweder im Regierungs- oder Oppositionslager angesiedelt. Die zu debattierende These erfahren sie erst 15 Minuten vor Beginn, für die Beratung sind elektronische Hilfsmittel unzulässig. In der Debatte darf zunächst der “Premierminister” seine Position darstellen, danach kontert der “Oppositionsführer”, der “stellvertretende Premier” kommt zum Zug und so weiter bis acht Reden gehalten wurden. Dabei gilt es, rhetorisch und argumentativ die unabhängige Jury zu überzeugen, die am Schluss das Gewinnerteam bestimmt.

    Im Hörsaal saßen sich Regierung (li.) und Opposition gegenüber. Vorne steht der jeweilige Redner, auf der anderen Seite hat die Jury ihren Platz.

Im Hörsaal saßen sich Regierung (li.) und Opposition gegenüber. Vorne steht der jeweilige Redner, auf der anderen Seite hat die Jury ihren Platz.

Schwangerschaft im hohen Alter sinnvoll?

“Dieses Haus begrüßt den medizinischen Fortschritt, der Frauen auch nach den Wechseljahren eine Schwangerschaft gestattet” war die These im Finale. Von Seiten der Befürworter gab es dazu vor allem das Argument der freien Karriereplanung zu hören, die nicht immer mit einer frühen Elternschaft vereinbar sei. Humankapital ginge dabei verloren, wenn sich junge Talente zu früh aus dem Arbeitsmarkt verabschieden, außerdem könnten Ältere ihren Kindern ohnehin eine bessere Erziehung, Förderung und Bildung ermöglichen.

Die Gegner sahen im Alter in zu hohes Risiko der Demenz, woraus eine Gefahr für das Kindeswohl resultiere. Ein vernünftiges Limit sei zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr erreicht, alles andere grenze an Selbstüberschätzung der Eltern. Besonders die beiden Mainzer, als einziges rein männliches Team im Finale, pochten auf eine Veränderung der Gesellschaft, die herbeizuführen sei. “Es ist doch eindeutig. Die Regierung fordert, dass sich die Frauen an die Gesellschaft anpassen müssen, wir denken aber, dass sich die Gesellschaft der Frau anpassen muss” leitete Christian Strunck seine Abschlussrede ein. Auch wenn die Jury keine ausschlaggebenden Gründe für ihre Entscheidung nannte, konnte sie wohl damit überzeugt werden.

Mit dem Boddencup ist die Saison der Freien Debattierliga beendet. Mitte August beginnt die nächste und wird wieder ein Jahr dauern. Eine feste Zahl an teilnehmenden Teams und auszurichtenden Cubs gibt es nicht. Wer Interesse hat, kann beim Debattierclub in Greifswald vorbeischauen.

Fotos: Simon Voigt