Zlatan Ibrahimovic ist für die Schweden ein Halbgott, seine Tore wüssten mancher gern von der Schwedischen Kirche als Wunder anerkannt – diese allerdings sieht sich dem Luthertum verpflichten. Endgültig zum Schwedengott würde Zlatan wohl aber werden, wenn er den Eurovision Song Contest für sein Land gewinnt, einen passenden Song mit über einer halben Million Klicks bei Youtube gibt es immerhin schon. Titel: „My name is Zlatan“.
Im Gegensatz zu Fußball ist der europäische Sängerwettstreit, der am vergangenen Samstag in Malmö ausgetragen wurde, ein Ereignis, dem man sich in Schweden kaum entziehen kann: im Supermarkt, auf Parties und aus offenen Fenstern hört man den milchbubihaften Robin Stjernberg mit seinen schwedischen Kandidatensong. Der landesinterne Vorentscheid „Melodivestivalen“ ist der quotenstärkste Straßenfeger im Fernsehen, spätestens seit dem Erfolg von ABBA 1974 ist der ESC eine nationale Angelegenheit. Erst kürzlich wurden die Pop-Gruppe dafür mit einen eigenen ABBA-Museum in Stockholm geehrt. Entsprechend ist die Zahl der großen und kleinen ESC-Abende, zu denen man so eingeladen wird. Nur dank einer Hochzeit hatte ich einen guten Grund, diesem Spektakel fernzubleiben ohne nachher als Spielverderber dazustehen.
Die meisten Titel, die in Malmö um die Gunst der Zuschauer buhlten, halte ich persönlich, soweit ich sie denn gehört habe, für bald vergessenes Pop-Gedöns. Und dass Cascada als deutscher Beitrag auf einen Kellerplatz verwiesen wurde, bestätigt immerhin meinen Musikgeschmack. Da läuft man fast schon Gefahr, sich dieses hibbelige Schulkind namens Lena zurückzuwünschen. Als Maskottchen der deutschen Jury war sie ja dann irgendwie doch wieder mit dabei.
Zlatant Ibrahimovic hat sich unterdessen in Schweden auf anderem Wege unsterblich gemacht: das Verb „zlatanera“, das wohl mit „stark dominieren“ übersetzt werden kann, hat es in den schwedischen Duden geschafft. Und sind wir mal ehrlich: den Zlatan-Song will man auch nicht anhören müssen. Auf der erwähnten Hochzeit hat übrigens ein fetzige Beatles-Coverband gespielt. Vor der Bühne tanzend überkam mich da für einen Augenblick Mitleid mit all jenen, die zum selben Zeitpunkt vor ihren Fernsehern saßen und Punkte gezählt haben.
Foto/Grafik: Anton Walsch; Robin Stjernberg: Pechblaende, via Wiki-Commons CC BY-SA 3.0
Diese Kolumne ist Teil der Reihe “Biss ins knäckebröd”. Weil jeder ein bisschen Schweden abbekommen sollte, schreibt Anton seit dem 28. Januar jeden Montag über sein Auslandssemester an der Universität Uppsala. Hier kommst du zu den bisher erschienen Kolumnen.