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Er ist der „International Swede of the Year 2012“, laut Time gehört er zu den 100 einflussreichsten Personen der Welt und mehrere Preise küren ihn zum besten Redner Schwedens. Regierung und UN ließen sich von dem renommierten Wissenschaftler beraten, er kommt aus Uppsala, hat hier studiert und heute spricht er in der Aula: Professor Hans Rosling.

Kluge Köpfe sind hier in Uppsala keine Seltenheit. Diesen Vortrag aber hatte die Uni so stark beworben, dass man eigentlich hingehen musste. Er wird zudem auf Englisch gehalten, man legt Wert auf Internationalität. Der Andrang überwältigt mich aber doch: Die stolze Aula ist mit ihren 1.800 Plätzen restlos gefüllt. Rosling ist hier ein „Celebrity“, Eventstimmung liegt in der Luft.

Das Thema ist: „Trade or Aid? An attempt to provide a fact-based view of today’s Africa“. Eingeladen hat die lokale „Afrikagrupperna“. Rosling hatte selbst einige Zeit in Mosambik als Arzt gearbeitet und geforscht. Doch nicht nur als Wissenschaftler für „Public Health“ hat er sich einen Namen gemacht, sondern auch mit einer von ihm entwickelten Software: Gapminder. In den Hörsälen der Welt ist sie sein Trumpf und ebenso seine Mission: Aus trockenen Datensätze werden animierte Trendanalysen. Jeder soll sich damit ein faktenbasiertes Bild der Welt machen können.

Hans Rosling in Aktion.

Hans Rosling in Aktion.

Los geht es mit netten Bildern eines jungen Rosling in Afrika. Auch der erste dramaturgische Höhepunkt lässt nicht lang auf sich warten: Die Darstellung der Kindersterblichkeitsrate von 1960 bis 2010 kommentiert er wie ein aufgebrachter Sportreporter. 50 Jahre in 50 Sekunden, zum Luftholen bleibt da keine Zeit. Die Länder als bunten Blasen legen beachtliche Wege im Diagramm zurück – es gibt Szenenapplaus. Aufeinander gestapelte Toilettenpapierrollen erklären nun, weshalb die Gesamtanzahl der Kinder bei wachsender Weltbevölkerung gleich bleibt, so versteht das jeder!

Wenig später schlängelt sich dann eine hellblaue UN-Linie zum Entwicklungsstand von Staaten so um die Länderblasen, dass sie die „Aid-Line“ der OECD völlig konterkariert. Was kurios aussieht, stellt bisherige Aufteilungen von Schwellen- und Entwicklungsländern ziemlich in Frage. Schon zerplatzen Länderblasen, um die Pluralität innerhalb afrikanischer Staaten zu zeigen. Rosling verbirgt bei alledem natürlich nicht, wie begeistert er von Gapminder ist.

Der Vortrag endet mit einem Scherz über Georg Bush, bei dem auch Norwegen nicht unbescholten davonkommt, da gibt es viel Applaus. Nun hat Pamela Mbabazi aus Uganda das Wort: Es gilt die Thesen Hans Roslings zu kritisieren. Ein undankbarer Job, der Unterhaltungswert sinkt. Für Diskussion bleibt aber kaum Zeit, lieber beeindruckt Rosling die Professorin für Development Studies mit einer animierten Prognose zur Entwicklung ihres Heimatlandes.

Die Erkenntnis des Abends: Statistik kann doch Spaß machen! Und es hat seine Vorzüge, an einer international renommierten Universität zu studieren. Zum Vergleich: In Greifswald ist das Audimax voll, wenn Gregor Gysi kommt. Roslings Schlussappell möchte ich euch deshalb nicht vorenthalten und mit der Software lässt sich tatsächlich vorzüglich herumspielen: „We have to reform our way of thinking of the world – Gapminder can help you!“

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Fotos/ Grafik: Anton Walsch

knäcke1Diese Kolumne ist Teil der Reihe “Biss ins knäckebröd”. Weil jeder ein bisschen Schweden abbekommen sollte, schreibt Anton seit dem 28. Januar jeden Montag über sein Auslandssemester an der Universität Uppsala. Hier kommst du zu den bisher erschienen Kolumnen.