Bei dem Namen Forellenfriedhof schauen nicht nur Damen des Studentenwerkes skeptisch und fragen sich, was sich hinter diesem lustig, düsteren Namenmix verbirgt. Auch wir wollten mehr über diesen neuen Studentenclub erfahren und haben den Mitgliedern Sophia, Vincent und Fred auf die Gräten gefühlt.

Seid ihr die Mitbegründer des Forellenfriedhofs oder seid ihr als Quereinsteiger mit hinein gerutscht?

Sophia: Hierbei ist die Frage, was man als Gründung so richtig bezeichnen würde. Es ist so nach und nach entstanden.
Fred: Also ich bin seit Januar 2012 mit dabei.
Vincent: Wir haben im Prinzip zwei Gründungstermine. Aber ich war von Anfang an dabei. Es hat Ende 2009 angefangen. Damals hatten wir das Ganze aber noch nicht im Sinne nach gegründet, dass das jetzt ein Studentenclub werden sollte. Es war eher eine lose Vereinigung oder Künstlerkollektiv, wenn man so möchte. Wir haben damals verschiedene Projekte innerhalb des Freundeskreises angefangen. Vor einem Jahr kristallisierte sich dann immer mehr heraus, dass wir auch mehr in die Richtung Budenzauber, also Tanzveranstaltungen machen wollen. Unsere erste Veranstaltung in diesem Zusammenhang war „Forellenfriedhof Überlaut“. Danach sind auch immer mehr und mehr Leute dazu gekommen, wie beispielsweise Sophia und Fred.

Vincent, Sophia und Fred

Vincent, Sophia und Fred (v.l.)

Woher kommt eigentlich der Name Forellenfriedhof?

V.: Das ist eigentlich aus einem Gedicht von Kurt Schwitters, aus der Zeit des Dadaismus entnommen. Wir hatten das ursprünglich mal als Titel eines vorweihnachtlichen Picknicks gewählt und irgendwie hatte das uns allen so gut gefallen, dass wir es dann einfach übernommen haben. Es ist auch immer wieder ein Name, über den die Leute stolpern und den sich keiner so recht merken kann. Wir wurden auch gern schon Frikadellenfriedhof genannt oder mit Feine Sahne Fischfilet verwechselt. (lautes Gelächter)
F.: Ich habe auch mal eine wunderschöne Anekdote dazu erlebt. Wir waren einmal zum Posteraufhängen in der Mensa und eine Dame vom Studentenwerk war von dem Namen, den sie vorher anscheinend noch nie gesehen hatte, ein bisschen irritiert und fragte nur: “Was ist das denn?” Daraufhin habe ich sie scherzhaft gefragt, ob sie glaube, wir seien eine Euthanasie-Gegenbewegung zu Aktion Tier. Aber wir haben ihr das dann erklärt. Der Name ist auf jeden Fall aufmerksamkeitsfördernd und vielseitig deutungsfähig.

Wie sehen eure Veranstaltungen aus? Was für Musik wird dabei größtenteils gespielt? Welches Publikum soll damit angesprochen werden?

F.: Wir haben vier eigenständige Partyformate, die nicht alle ganz identisch sind. Relativ neu dazu gekommen ist die Metalparty „Pastor of Muppets, welche sich natürlich an dieses Klientel richtet. Die Überlaut Party richtet sich primär an die schwarze Szene.
V.: Ja genau. Wie gesagt die erste Partyreihe war „Forellenfriedhof Überlaut“, von welcher es nun auch schon die meisten Veranstaltungen gab. Wir bemühen uns auch, nicht die Standart-Gothikpartys mit den üblichen Grufti-Partyschlagern zu machen, sondern uns wirklich gute Musik rauszusuchen und auch zu variieren, damit man nicht ständig dieselben Gassenhauer raushaut.
F.: Zu den Partyformaten sind jetzt auch noch “Psychodelic” und “Fräulein Wunder” dazu gekommen. “Fräulein Wunder” geht in die Richtung Rock’n’Roll, Rockabilly, Surfrock.
V.: “Holterdiepolter” ist jetzt erst mal das nächste, was am 3. November ansteht und in die Richtung Stoner Rock, Progressiv Rock und Psychodelic geht. Hierzu haben wir zwei Bands aus Berlin eingeladen – Arvid Noir und Turbine Stollprona.

In welchen Räumen finden eure Veranstaltungen statt?

S.: Hauptsächlich sind wir im Klex, wo wir mit dem Verein ProTon zusammen arbeiten.
F.: Aber wir waren auch schon im Geokeller. Der erste “Pastor of Muppets“ war dort.
Und auch andere von uns haben dort schon mal aufgelegt.
V.: Wir waren aber auch schon in Vierow am Industriehafen und haben dort eine Strandparty gemacht. Wir sind eigentlich variabel und nisten uns überall ein, wenn man uns lässt. Mein nächster Traum ist es, eine Oldschool 80er Jahre nicht Mainstream Geschichte zu starten. Es gibt so viele schöne schillernde Raritäten aus der Zeit, die leider keiner kennt.

Wollt ihr eigentlich eigene Räume wie die anderen Studentenclubs oder wollt ihr es erst einmal so belassen, wie es ist?

F.: Da wir sowieso noch keinen Bedarf an einem Fundus oder Lager haben, kommen wir eigentlich ziemlich gut damit zu Rande. Unsere Treffen finden meistens privat, bei einem von uns zu Hause statt und das ware eigentlich immer eine schöne Angelegenheit.
S.: Es verhindert auch, dass starre Strukturen entstehen, da wir immer woanders sind und uns nicht auf einen Ort festfahren.
V.: Bisher reicht uns an Infrastruktur ein fetter Bollerwagen, mit dem wir die ganzen Dekoartikel, die wir für die Partys haben, durch ganz Greifswald ziehen. Wir sind in unserem jetzigen nomadischen Dasein eigentlich ganz zufrieden.

Wie sieht das Feedback eures Publikums aus?

V.: Sie finden es, denke ich, gut, da wir Nischen bedienen, für die es sonst so wirklich keine Partys gibt. Ja, gut es gibt zwar auch schon Metalpartys in Greifswald, aber auch dort gibt es Unterschiede.
F.: Ich glaube die Leute haben auch unsere Partys lieben gelernt aufgrund der Gestaltung und den dazu zählenden Gimmicks, die man bei uns erhält. Wir bieten auf jeder Party ein spezielles Getränk oder eine Süßspeise an, wie beispielsweise selbstgemachter Chai Tee bis hin zu exorbitant braunen Brownies. Wir hatten auch schon mal eine Milchbar. Oder auch eine Corpsepaint-Schminkecke. Der Partycharakter ist bei uns schon sehr ausgeprägt.
V.: Ja, gut der Partycharakter steht schon irgendwo im Vordergrund, aber wir wollen auch nicht einfach nur steil feiern.
S.: Wir haben eben auch noch den Anspruch, nicht nur Party zu machen, sondern auch ein wenig darüber hinaus. Wir hatten zum Beispiel Film- und Hörspielabende, oder Rollenspielabende. In fernerer Zukunft planen wir auch Lesungen. Es ist uns wichtig, das man das alles auch ein wenig verbindet. Ich glaube das unterscheidet uns auch ein Stück weit von anderen Partys und den etablierten Studentenclubs.

Wie steht ihr selbst zu der Musik, die zu euren Veranstaltungen gespielt werden? Gerade Gothik und Metal sind ja doch recht klischeeüberlastet. Aber ihr geht da ja eher locker ran.

F.: Wir wollen mit solchen Aktionen wie der Corpsepaint-Schminkecke dieses klischeebeladene Denken einfach aufbrechen und auflockern. Gerade in der Metalszene sollte man mit ein wenig mehr Selbstironie herangehen. Besonders diese Schminkecke wurde dermaßen geil angenommen (alle lachen), dass meine ganzen Vorbedenken unbegründet waren. Wir richten uns generell an ein Publikum mit einer etwas offeneren Haltung und das funktioniert auch so. Humor sollte immer ganz oben angesetzt werden. Dadurch läuft die gesamte Sache auch etwas lockerer und die Leute, die man sonst nicht so erreicht hätte, kommen zu den Veranstaltungen.
V.: Ja, dass ist auch bei der “Forellenfriedhof Überlaut”-Party, welche ja doch eher in diesen Gruftibereich geht. Da ist es eigentlich nie so, dass die Tanzfläche überwiegend schwarz ist. Es kommen die unterschiedlichsten Leute hin die sich dahin verirrt haben, die vielleicht auch gar nichts mit der Musik zu tun haben und dennoch ihren Spaß haben.
F.: An sich kommen wir alle aus den unterschiedlichsten Szenen. Die Mischung macht das Ganze auch einfach sehr interessant.

Was sind zum Ende eure Worte an die Welt?

S.: Kommt zu unseren Veranstaltungen!
F.: Also was gesagt werden muss ist, dass wir ohne die große Hilfe vom ProTon e.V. uns nicht so etablieren hätten können. Sie sind sehr freundliche Förderer, die von unserer Vorgehensweise einfach angetan sind.
V.: Dazu sind wir auch immer wieder offen für neue Gesichter. Falls jemand bei uns mit machen will oder ein völlig neues Nischenformat bedienen möchte, dann kann er sich gerne bei uns melden. Man schreibt uns einfach eine Email an forellenfriedhof[at]gmx.de.

Mehr zum Club gibt es auf forellenfriedhof.de. Die nächste Party heißt “Holterdiepolter” und findet am 3. November im Klex statt.

Foto: Ulrike Günther; Logos: Forellenfriedhof; Gedicht: “Welt voll Irrsinn” von Kurt Schwitters, um 1919, aus: Das literarische Werk Band I via Wittgensteiner Livejournal