Einen kleinen Schritt weitergekommen ist man am Mittwochabend bei einer Podiumsdiskussion zur Zukunft der Stralsunder Straße 10. Bausenator Jörg Hochheim (CDU) will Gespräche mit dem Eigentümer, dem Petruswerk, führen und die Initiativen setzen sich noch einmal zusammen, um ein Konzept zu präsentieren. „Es wird ein langer steiniger Weg“, fasste Moderator Thorsten Erdmann (NDR) zusammen. Und allen im Raum war klar: Wenn das Petruswerk nicht mitzieht, wird es zu keiner einvernehmlichen Lösung kommen. Ob das Petruswerk Interesse an einer Lösung hat, ist unklar, da es mit Abwesenheit glänzte.

Bei der Stralsunder Straße 10, auch Straze genannt, handelt es sich um einen klassizistischen Bau, der von 1846 bis 1849 gebaut wurde, heute leersteht und immer weiter verfällt. Im 19. Jahrhundert wurde das Gebäude in der nördlichen Steinbecker Vorstadt als Konzerthaus genutzt. Nach der Übernahme durch die Universität Greifswald 1922 war es Sitz verschiedener Institute oder Kulturinitiativen (zum Beispiel GrIStuF oder MoritzTV) und wurde auch als Sporthalle genutzt. 2007 verkaufte die Uni das Gebäude an das petruswerk Katholische Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft mbH. Der Unisenat habe dem Verkauf nur zugestimmt, weil das Petruswerk als seriöser Investor bezeichnet wurde, der das Gebäude im Sinne des Denkmalschutzes erhalten wolle, äußerte der studentische Senator Erik von Malottki. Dieses Versprechen sei gebrochen worden, wie ein Abrissantrag zeige, die allerdings von der Stadt abgelehnt wurden. Aktuell lässt das Petruswerk die Stralsunder Straße 10 verfallen.

Emotional verwurzelt: 1.500 Unterschriften für Erhalt der Stralsunder Straße 10

Thomas Schmidt präsentierte eine Stiftung, die sich an der Finanzierung beteiligen könnte.

Im November 2008 legte eine Initiative ein Konzept zur Nutzung der Stralsunder Straße 10 vor. Dieses sah vier verschiedene Bereiche vor. Ein Wohnbereich, unter anderem für Studenten, sollte verbunden mit einem öffentlichen Bereich, der für Veranstaltungen genutzt werden könnte. Unterm Dach sollte ein gewerblicher Bereich Platz finden, wie auch verschiedene kulturelle Initiativen und Vereine. Viele Greifswalder stehen hinter diesem Konzept, es wurden 1.500 Unterschriften für den Erhalt gesammelt. Für den Erhalt sprach sich im Übrigen auch die Greifswalder Bürgerschaft aus.

In der Podiumsdiskussion machte Thomas Schmidt (Verein Kultur- und Initiativenhaus) deutlich, dass das Petruswerk das Gebäude nicht unbedingt behalten wolle und erinnerte an das von Initiativen vorgelegte Konzept vom November 2008. „Das Finanzierungskonzept ist noch nicht rund“, widersprach Hochheim und forderte von Schmidt ein solches, welches von einer Bank, die Kredite für die Finanzierung gibt, mitgetragen werde. Auch Dr. Michael Bednorz, Direktor des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege, hält Schmidts Finanzierungskonzept für „noch nicht ausgereift“. Passend dazu machte Schmidt den neuen Vorschlag, dass sich die Stiftung Nord-Süd-Brücken, dessen Vorstandsmitglied er seit Kurzem ist, an dem Projekt beteiligen könne. Vorbehaltlich der Zustimmung durch die Stiftung, die unter anderem in denkmalgeschützten Gebäuden in Ostdeutschland beteilige, könne die Stiftung das Grundstück übernehmen.

Enteignungsklage ist langwierig und unsicher

Bednorz nahm das Petruswerk leicht in Schutz: „Ich habe den Eindruck, dass das Petruswerk das Gebäude in ihr Geschäftsmodell einbinden wollte“, aber die Kostenrechnungen führten zu einem negativen Ergebnis. Nun sage das Petruswerk, dass das Gebäude nicht mehr zu ihnen passe. Er ging auch auf Klageverfahren ein. Es sei möglich, das Petruswerk zu einer Sanierung zu zwingen, wenn es wirtschaftlich zumutbar sei. Ist es dazu nicht in der Lage, könne auch eine Übertragung wirtschaftlich zumutbar sein. Dafür sei aber ein alternatives Nutzungskonzept in einem gerichtlichen Enteignungsverfahren von Bedeutung. Gegen den Rechtsweg sprach sich Michael Bräuer (Deutsche Stiftung Denkmalschutz) aus, weil dadurch die Rückübertragung kompliziert und langwierig werde: „Das Objekt hält nicht ewig durch.“

Bausenator Jörg Hochheim (Mitte) hatte nicht die einfachste Rolle auf dem Podium. Unterstützung erhielt er von Michael Bednorz (links), gefordert wurde er hingegen von Erik von Malottki (rechts)

„Ein Enteignungsverfahren ist aktuell nicht angedacht“, ergänzte Hochheim, weil für dieses Mittel auch nur bedingt ein Erfolg absehbar sei. Trotzdem richteten sich die Blicke auf Hochheim, dass die Stadt Greifswald endlich etwas unternehmen solle. „Warum hofiert man so einen Investor (wie das Petruswerk) bei anderen Invesitionsvorhaben?“, fragte Erik von Malottki. Das Petruswerk ist noch mit anderen Geschäften in Greifswald aktiv, beispielsweise beim Alten Speicher. „Die Stadt muss jetzt die Initiative für einen runden Tisch ergreifen, um das Haus zu erhalten und mit Leben zu füllen“, forderte Erik von Malottki einen Eigentümerwechsel. Der Preis müsse sich am Wert des Gebäudes bemessen, den er auf etwa 300.000 Euro bezifferte. Erst solle man sich mit dem Petruswerk über die Stralsunder Straße 10 einigen, bevor man über andere Projekte rede.

Unterschiedliche Preisvorstellungen

Hochheim schränkte ein, dass es unterschiedliche Preisvorstellungen zwischen Petruswerk und Stadt über einen möglichen Kaufpreis gebe. Er könne auch nicht sagen, ob die Stadt das Gebäude ohne Beschluss der Bürgerschaft kaufen könne, in der es dafür wahrscheinlich eine Mehrheit gebe, wenn die Stadt nur als Zwischenerwerber auftrete, wie die Bürgerschaftsabgeordnete Marion Heinrich (Linke) formulierte. Jedoch schränkte Stadtkämmerer Dietger Wille ein: „Die Stralsunder Straße 10 ist nicht das einzige Objekt, dass wir nicht finanzieren können.“

Als Ergebnisse fasste Moderator Thorsten Erdmann abschließend zusammen, dass die Stralsunder Straße 10 tief in der Greifswalder Bevölkerung verwurzelt sei und es einen Bedarf für das Gebäude gebe. Weiterhin wird die Stadt mit Hochheims Fingerspitzengefühl in die Verhandlungen mit dem Petruswerk gehen. Außerdem werden sich die Initiativen noch einmal treffen, um das Finanzierungskonzept zu überarbeiten. Wille könne dabei unterstützen. Ob es wirklich dazu kommt, hängt von der Verhandlungsbereitschaft des Petruswerkes ab. Wie wichtig das Gebäude für das Petruswerk ist, haben sie schon mal gezeigt, nämlich durch ihre Abwesenheit.

Teilnehmer der Podiumsdiskussion.

Fotos: Archiv (Artikelbild), Simon Voigt