Unser kulturnächtlicher Stapellauf ließ die geneigten Besucherinnen und Besucher mit der Zunge schnalzen und trieb ihnen gleichermaßen den Schweiß auf die Stirn. Die 10. Greifswalder Kulturnacht lockte am vergangenen Freitag unzählige Menschen in die Gassen der Innenstadt und viele Gäste in die Räumlichkeiten unseres neuen Funkhauses in der Friedrich-Loeffler-Straße. Aber nicht nur in unserer kleinen Hansestadt konnten sich die Hörerinnen und Hörer über das fast siebenstündige Programm freuen. Auch in Malchin und Neubrandenburg wurde die von radio 98eins produzierte Live-Sendung nahezu komplett auf den Frequenzen des NB-Radiotreffs übernommen.

Eine Veranstaltung also, die offensichtlich angekommen ist und dessen Auftakt um 18.30 Uhr die Schriftstellerin Angelika Janz mit einer Lesung aus ihrem breiten Portfolio bestritt. Seit nunmehr 34 Jahren veröffentlicht die studierte Germanistin wortgewaltige Prosa. Ihr jüngstes Werk erschien just am 14. September im Freiraum Verlag.
Zum Auftritt des Trios „Jazz for three“ füllt sich das Auditorium im Konferenzsaal des Senders mit Jung und Alt, mit Eltern und Geschwistern, denn die drei jungen Musiker sind Schüler der Montessori Schule. Die anfängliche Aufregung der Jungen verfliegt schnell, sodass sie ein routiniertes Set spielen und auch im anschließenden Interview eine gute Figur abgeben.

Etwas introvertierter ist demgegenüber Caroline Haerter, die am Klavier ihre gefühlvollen Balladen intoniert, während denen das Publikum andächtig schweigt. Es ist eine Weltpremiere des Konzertprogramms der zierlichen Künstlerin.

Dann wird geschnalzt: und zwar während Jörg Nasslers Gitarrensolo. Dabei soll das begeisterte Publikum nämlich nicht mitklatschen, sondern mit der Zunge dem Rhythmus folgen. Der Gitarrenvirtuose ist Teil des Trios Liaisong XL (Foto), gemeinsam mit Sängerin Dunja Averdung und Schlagzeuger Christoph Keck. „Überlebenslieder“ sind es, die die drei Künstler darbieten. Dazwischen präsentiert Averdung mal ein Gedicht, mal eine spitzfindige Anekdote. Der Auftritt gerät zur Demonstration der Profimusiker. Ein gierendes, nach mehr verlangendem Publikum bleibt zurück, als um 22.30 Uhr einer der vielen Höhepunkte der Kulturnacht sein Ende findet. Das „Wohnzimmer“ platzt zu diesem Zeitpunkt aus allen Nähten, sodass sich einige „Zaungäste“ mit einem Flurplatz begnügen müssen, um einen Blick auf die Bühne zu erhaschen.

Der nächste Künstler lässt sich dann etwas mehr Zeit, als es darum geht, sein Konzert zu beginnen, was ihm das Publikum jedoch nicht übelnimmt: Niels Gariboff klampft seine melancholischen Lieder und macht anschließend für WonLight Platz. Zwei greifswalder Studentinnen, die eine am am Klavier, machen sich Fremdkompositionen so einfühlsam zu eigen, dass es gar nicht den Eindruck erweckt, als hätten sie die Songs nicht selbst verfasst.

Auch Black ‘n’ White sind ein Duo, auch sie covern. Aber die beiden sind keine Freunde, sondern Vater und Tochter. Eine Kombination die gut funktioniert: der Vater spielt Gitarre und der Nachwuchs singt ganz wunderbar – dann auch Liedgut aus der eigenen Feder.
An „Aufjeden derbe“ ist es schließlich, den Sack zuzumachen. Die Uhr zeigt bereits 20 Minuten nach Mitternacht, als die HipHop-Formation die eigens mitgebrachte Fan-Schar auffordert, sich von den Bierbänken zu erheben und mitzufeiern. Gesagt getan. Die vier Protagonisten machen mächtig Druck, präsentieren ihre neue EP und heizen mächtig ein. Die Temperaturen – ohnehin vorher schon hoch – steigen nochmals beträchtlich. Als das Kondenswasser die Fenster herunterläuft ist klar, die Premiere ist geglückt.
Über sechs Stunden Live-Musik auf höchstem Niveau.

Ein Dank an die sympathischen Künstler und das tolle Publikum.

Foto: Florian Steffen