Drohanrufe und Einschüchterungen – und das nur, weil Studenten und Mitarbeiter sich für eine bessere Kommunikation in ihrem Institut einsetzen. Was unglaublich klingt, findet gerade am Historischen Institut der Universität Greifswald statt.
Denn dort setzen sich Studenten und Mitarbeiter für den Aufbau eines Institutsrats ein. Und das scheint nicht überall auf Gegenliebe zu stoßen. Eine externe Evaluationskommission, die das Historische Institut und die Studienbedingungen im November 2011 bewertete, empfahl den Historikern einen Institutsrat zu gründen. Die Kommissionsmitglieder bemängelten die Kommunikation innerhalb des Instituts und waren überrascht, dass das Greifswalder Geschichtsinstitut keinen Institutsrat habe. An anderen deutschen Universitäten ist so etwas seit Jahrzehnten gang und gäbe. Das bestätigt auch Doktor Hedwig Richter, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Allgemeinen Geschichte der Neuesten Zeit. Sie kam im Oktober 2011 von Bielefeld nach Greifswald und war erstaunt, dass es am Institut keinen Rat gab. Gemeinsam mit dem damaligen Fachschaftsrat (FSR) und anderen Mitarbeitern setze sie sich für die Gründung eines Institutsrats ein.
Bis dato gab es nur ein Professorium, in dem die Professoren und ein Vertreter des Mittelbaus tagten. Zu Beginn stimmten die Professoren dem Vorhaben zu, sodass am 21. Dezember 2011 ein Institutsrat gegründet wurde; er bestand aus allen Professoren, drei Vertretern des Mittelbaus, zwei aus der Fachschaft sowie den Vertretern der Arbeitsbereiche ohne Lehrstuhl. Dabei lag die Entscheidungsgewalt bei den Professoren, alle anderen Mitglieder hatten eine beratende Funktion – wie es in der Grundordnung der Universität vorgesehen ist: „Über Grundsatzfragen, die das Institut oder die von ihm zu erfüllenden Aufgaben betreffen, entscheiden alle dem Institut zugeordneten Hochschullehrer/innen. Die akademischen Mitarbeiter/innen sowie die Vertretung der Studierenden sind beratend zu beteiligen, die weiteren Mitarbeiter/innen können so beteiligt werden“ heißt es im Paragraphen 26 Abschnitt 5.
Experiment Institutsrat vorerst gescheitert
Senat, Fakultätsrat und FSR – das sind die zurzeit bestehenden Gremien der Universität. Die Historiker wollen an das dreirädrige Gefährt nun noch ein viertes Rad, den Institutsrat, anbauen. Allerdings war diese Konstruktion nicht stabil. Denn im März war Schluss: Auf Initiative von Professor Michael North, vom Lehrstuhl für Allgemeine Geschichte der Neuzeit, wurden die Mitarbeiter und Studenten wieder aus dem Gremium ausgeschlossen. Er war der Ansicht, dass der Rat nicht rechtens sei. Daraufhin fragten Richter und der FSR beim Justitiariat der Universität nach und die Antwort war dieselbe: Der Rat sei nicht rechtens, da er nicht auf Grundlage der Fakultätsordnung gebildet wurde; in Folge wurde er aufgelöst.
Allerdings stießen der FSR und Richter eher zufällig auf eine große Ungereimtheit: Es gibt überhaupt keine Fakultätsordnung an der Philosophischen Fakultät. Auf Nachfrage bei den anderen Fakultäten stellte sich heraus, dass weder die Mathematisch-Naturwissenschaftliche noch die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät eine Ordnung haben. Die Theologische Fakultät hatte 2004 einen Entwurf in das Justitiariat gegeben, und bis heute keine Antwort darauf bekommen. Der Rektor Professor Rainer Westermann meint dazu: „Das Fehlen von Fakultätsordnungen hat bisher nicht zu Problemen geführt.“ Seiner Ansicht nach reichen die Vorschriften des Landeshochschulgesetzes und der Grundordnung der Universität eigentlich aus, um die Arbeit in den Instituten und Fakultäten zu regeln.
Uni soll im 21. Jahrhundert ankommen
Fabian Schmidt von FSR Geschichte fragt sich nun, warum das Fehlen einer Fakultätsordnung vorher nie aufgefallen ist. Er ist froh darüber, dass die externe Kommission, die das Historische Institut evaluierte, den Prozess ins Rollen gebracht hatte. „Auch unsere Uni hat das Potential, im 21. Jahrhundert anzukommen“, sagt er und beklagt gleichzeitig. „Die Universität will demokratisch sein, doch dann werden die Studierenden und der Mittelbau bei wichtigen Entscheidungen im Institut außen vor gelassen.“ Im Institutsrat hatten die FSR-Mitglieder die Möglichkeit, sich bei Entscheidungen bezüglich Studien- und Prüfungsordnungen einzubringen, so wie es vor kurzem geschah (moritz 98).
Nun beschäftigt sich auch die Arbeitsgemeinschaft (AG) Satzung des Studierendenparlaments mit dem Problem. Christoph Böhm, AG-Vorsitzender, arbeitet mit den anderen Mitgliedern an einer möglichen Fakultätsordnung. „Wir sind nicht auf Konfrontation aus, sondern wollen mit den Fakultäts- und der Universitätsleitung kooperieren“, sagt er. Durch das Fehlen der Ordnung stehe beispielsweise nirgendwo, welcher Fakultät die einzelnen Studiengänge zugeordnet sind. Auch sind die Aufgaben der Fakultät oder der Fakultätsleitung nicht festgeschrieben. „Die Ordnung soll den Studenten und Mitarbeitern einfach mehr Rechtssicherheit geben“, sagt Christoph.
Natürlich soll die fehlende Beratungsfunktion der Studierenden und des Mittelbaus eingearbeitet werden, man arbeite auch auf eine Mitbestimmung hin. Wie weit diese jedoch gehen wird, ist noch unklar. „Die Fakultätsordnungen müssen mit den Vorschriften von Landeshochschulgesetz und Grundordnung verträglich sein. Das gilt auch zum Beispiel für Art und Ausmaß der Mitbestimmung auf Fakultäts- und Institutsebene“, erklärt auch Rektor Westermann. Das Justitiariat erarbeitet ebenso eine mögliche Fakultätsordnung. Auf der Grundlage der entwickelten Ordnungen soll dann in den Fakultätsräten entschieden werden, wie die endgültige Fassung aussehen wird. „Der Mittelbau erledigt einen Großteil der Arbeit, es ist töricht, ihn nicht zu beachten“, sagt Richter. Außerdem ist sie überzeugt: „Wir wollen, dass es besser läuft, und es würde besser laufen.“
Dass es funktionieren kann, zeigen beispielsweise das Institut für Politik- und Kommunikationswissenschaft (IPK) sowie das Institut für Biochemie. Bei letzterem nimmt der FSR-Vorsitzende an den Dienstbesprechungen teil. Im IPK findet jedes Semester eine Sitzung statt, zu der auch der FSR und die Mitarbeiter des Instituts eingeladen werden.
Es wird also noch ein Weilchen dauern, bis sich erkennen lässt, mit welchem Gefährt die Universität weiterfahren wird: In einem schnittigen Sportwagen, wo zwar Fahrer und Beifahrer ein tolles Fahrgefühl haben, doch weitere Mitfahrer auf der Rückbank gequetscht sitzen müssen. Oder in einem komfortablen Kombi für die gesamte Familie.
Ein Bericht von Katrin Haubold