Filmplakat zu In TimeEin Artikel von Jasmin Sarah Hahn und Erik Lohmann

Zeit ist Geld. Jeder kennt dieses Sprichwort. Aber was wäre, wenn dies die Realität wäre? Wenn wir unsere Miete, unseren Kaffee und unsere Kleidung mit Zeit bezahlen würden? Eine interessante Vorstellung, aber irgendwie auch beängstigend. Denn was passiert, wenn wir pleite sind? Normalerweise müssen wir Privatinsolvenz anmelden, aber wenn sprichwörtlich unsere Zeit abläuft?!

Eine solche Welt hat Regisseur Andrew Niccol in „In Time“ entworfen. Der Webmoritz hat hingeschaut, um euch sagen zu können, ob ihr eure Zeit nicht doch besser investieren könnt.

Bonnie & Clyde 2.0

Der Zuschauer wacht zusammen mit Will Salas, gespielt von Justin Timberlake, auf. Das Alltagsleben von Will zeigt klar die Schattenseiten des Systems. Zusammen mit seiner Mutter lebt er im Ghetto und muss sich seine Lebenszeit jeden Tag neu verdienen, selten hat er mehr als 24h auf seiner Lebensuhr. Eigentlich besteht sein Leben fast nur aus Arbeit, um den nächsten Tag zu erleben.

Eines Abends kommt ein reicher Fremder ins Ghetto und verprasst seine Zeit. Will rettet ihn vor einer Bande Zeitdiebe und das Verhängnis nimmt seinen Lauf. Als der Fremde am Morgen stirbt, nachdem er seine Zeit an Will übertragen hat, wird dieser von den Time Keepern, der Zeitpolizei, und den Dieben vom Vorabend gejagt.

So tritt Will die Flucht nach vorne an und beginnt, die Viertel der Reichen durcheinander zu bringen. Dabei leistet ihm, zuerst unfreiwillig, Sylvia Weis (Amanda Seyfried), die Tochter eines der reichsten Männer der Stadt, Gesellschaft. Als Will und Sylvia den Versuch unternehmen, das System zu zerstören, indem sie eine Million Jahre unter den Bewohnern des Ghettos verteilen, kommt es zum finalen Showdown mit dem Timekeeper Raymond Leon (Cillian Murphy).

Der zweite Leonardo diCaprio?

Irgendwie stand Justin Timberlake schauspielerisch lange Zeit auf gleicher Stufe mit Leonardo diCaprio. Beide waren sie etwas blasse Milchgesichter, die sich bemühen mussten, ihre Rollen zu füllen. Aber spätestens seit Inception ist klar, dass diCaprio zu einem wirklich guten Schauspieler avanciert ist. Auch Justin Timberlake ist der Diskussion überdrüssig, ob er sich als Schauspieler eignet. Er ist authentisch und überzeugt schlicht weg.

Auch Amanda Seyfried und Cillian Murphy spielen ihre Rollen routiniert und gut, für mehr lässt ihnen das Drehbuch auch leider keinen Platz. Die größte Leistung aller Darsteller bringt dennoch Seyfried, da sie alle fußläufigen Verfolgungsjagden auf High Heels absolviert.

Darüber hinaus versteht Niccol das Regisseurhandwerk und setzt die Story in guten Bildern und schnellen Schnitten um. Besonders gerne scheint er mit Kontrasten und Gegenlicht zu arbeiten, eine Komposition, die dem Film ein gewisses Etwas fürs Auge gibt.

Interessanter Hintergrund mit ungenutztem Potential

Klar, die Grundstruktur der Story von „In Time“ gab es schon öfter, allen voran in „Bonnie & Clyde“. Aber der Hintergrund, den Andrew Niccol als Regisseur und Drehbuchautor in Personalunion für die Geschichte zeichnet, ist originell und erschreckend, geradezu dystopisch. Der Gedanke, dass der Reichtum und damit das quasi ewige Leben Weniger auf dem unerfüllten Leben und Tod Vieler basiert, ist schockierend. Tatsächlich ist unser heutiges System auch so aufgebaut, nur sind die Konsequenzen einer Insolvenz nicht ganz so letal.

Leider ist das Drehbuch etwas vorhersehbar und lässt noch Raum für tiefergehende Ausführungen der Dystopie. Sowohl die Angst der Reichen vor dem Unfalltod, dem Einzigen, was ihnen gefährlich werden könnte, als auch die Kontrolle der unteren sozialen Schichten durch Anpassung der Lebenshaltungskosten kommen etwas zu kurz. Hier hätten zwanzig Minuten mehr dem Film nicht geschadet.

Dennoch, wer sich nicht an übermäßig vielen Witzen über Zeit stört, auf Robin Hood steht und ein bisschen Action im Gewand der Gesellschaftskritik nicht abgeneigt ist, sollte sich „In Time“ auf jeden Fall zu Gemüte führen.

Titelbild: Filmplakat zu „In Time“ (alle Rechte bei 20th Century Fox)