Im Rahmen unserer Serie “Greifswalder rund um den Globus” erscheinen in loser Abfolge Berichte von Kommilitonen über Erfahrungen im Ausland. Dieses Mal berichtet die Greifswalder Studentin Jenny Dittberner über die bisherigen Eindrücke ihres Auslandssemesters im polnischen Zielona Góra.

Nachdem ich drei Jahre lang an der Greifswalder Universität Germanistik und Slawistik studiert, mich also drei Jahre lang eher theoretisch mit dem Polnischen „herumgeschlagen“ hatte, wollte ich nun endlich auch einmal in die „Praxis“, also: für ein Auslandssemester nach Polen. Die EMAU hat viele Partnerschaften mit polnischen Unis (Stettin, Poznań, Warschau, …), doch ich wollte gerne in eine kleine Stadt, wo mich keine Straßenbahn überfährt und wo ich auch zu Fuß wieder nach Hause finde… Da kam eigentlich nur ein Ort in Frage: Zielona Góra, mit 117.00 Einwohnern die zweitkleinste Universitätsstadt Polens.

Leider hat Greifswald keinen ERASMUS-Vertrag mit meiner Wunschstadt, und als ich in der Germanistik vorsichtig anfragte, ob man nicht so einen Vertrag  abschließen könne, wurde ich zunächst nur darauf verwiesen, dass es doch schon genug polnische Partnerschaften gebe und dass ich doch in eine dieser Städte gehen solle… Aber mit ein bisschen Beharrlichkeit kam ich schließlich doch an mein Ziel, sodass ich also dieses Wintersemester als ERASMUS-Studentin an der Uniwersytet Zielonogórski (kurz: UZ) studieren darf.

Das historische Rathaus Zielona Góras

Mittlerweile bin ich schon über einen Monat hier und muss sagen: Ich bereue meine Wahl kein bisschen. Stadt und Uni sind genau so, wie ich es mir erhofft hatte: Klein und übersichtlich, mit viel Natur ringsum. Mein hiesiger Campus liegt genau am Stadtrand: Nach Vorlesungsende kann ich entweder in die historische Innenstadt schlendern, das dauert zu Fuß etwa zwanzig, dreißig Minuten, oder ich gehe in die andere Richtung und komme nach kaum fünf Minuten in den ruhigen Nadelwald, der die gesamte Stadt weitläufig umschließt (nomen est omen: Zielona Góra heißt übersetzt „grüner Berg“ – der Spottname für die Stadt lautet jedoch zielona dziura, also „grünes Loch/grünes Kaff“).

Kioske und Copy-Shops im Audimax

Der Campus selbst besteht aus zwei Studentenwohnheimen und zwei Lehrgebäuden, in denen die sog. „humanistischen“ Fächer untergebracht sind, also Geschichte, Polonistik, Fremdsprachen etc. Beide Gebäude sind recht moderne Neubauten, und in beiden gibt es allerhand Dinge, die ich aus Greifswald nicht kannte. Im Erdgeschoss arbeitet jeweils ein Pförtner, der die Schlüssel für die Räume an die Dozenten ausgibt, außerdem gibt es dort, wie im Theater, eine Garderobe (szatnia), an der man seinen Mantel etc. abgegeben kann, sowie diverse Kioske, wo man einen Imbiss oder eine Zeitung kaufen kann – das alles macht auf mich einen sehr nüchternen Eindruck, es fehlt hier völlig jene altehrwürdige Aura, die ich z. B. vom Greifswalder Audimax her kenne, stattdessen erinnert alles eher an eine Art von betriebsamer Bahnhofsvorhalle.

Noch befremdlicher finde ich jedoch die zahlreichen „Copy-Shops“ (ksero), die in der ganzen Uni verteilt sind. Sie bestehen meist nur aus einem Tisch mit Computer drauf, einem Stuhl, ein, zwei Kopierern und ein, zwei Mitarbeitern. Wenn man an der hiesigen Uni  etwas kopieren will, gibt man sein Buch oder Arbeitsblatt an einen solchen Copy-Shop-Mitarbeiter, sagt ihm, was man gerne wie oft haben möchte, und der Mitarbeiter legt das ganze dann auf seinen Kopierer (der sehr verdächtig nach genau so einem Gerät aussieht, wie wir es in Greifswald allerorts selber bedienen dürfen…), kopiert das Gewünschte und bekommt dafür am Ende 17 Groszy pro Blatt – ein denkbar komplizierter Prozess für so einen banalen Vorgang: Und gerade für ausländische Studenten wie mich wird das Kopieren auf diese Art zu einer ziemlichen Herausforderung, wenn ich zum Beispiel gerade mal vergessen habe, was „Bitte kopieren Sie das beidseitig.“ eigentlich auf polnisch heißt…

Fotos: Artikelbild – Jenny Dittberner; Rathaus – user “tb808” via wiki-commons