Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) arbeitet seit sechs Monaten in seiner jetzigen Konstellation. Die einzelnen Referenten beziehungsweise „AStAnauten“ gehen dabei unterschiedlich an ihre Aufgaben heran.
Wir reißen uns hier den Arsch auf!“ Sichtlich aufgebracht fährt die Referentin für Gleichstellung Lisa Brokmüller Erik von Malottki an. Grund hierfür war Eriks Vorschlag auf der AStA-Sitzung am 24. Oktober, die Vollversammlung (VV) auf den 17. November zu legen. Dem Großteil der AStA-Referenten ist das jedoch zu kurzfristig, andere Projekte würden darunter leiden.
Der AStA berät in erster Linie die Studenten, hilft beim Zusammenstellen des Stundenplans oder der Wohnungssuche. Jeder Referent ist verpflichtet, eine Bürozeit zu abzuleisten und an der wöchentlichen Sitzung teilzunehmen. Der Ausschuss vertritt die Interessen der Studierendenschaft sowohl der Universität als auch den Bildungsministerien von Bund und Mecklenburg-Vorpommern gegenüber. So erarbeitete der AStA während der vorlesungsfreien Zeit einen Forderungskatalog an den neuen Bildungsminister, um dessen Arbeit von Anfang an mitzugestalten.
Reaktionen riefen die Veranstaltungen unter dem Namen „Grillen an Ruinen“ hervor (moritz Magazin 92). Bei diesem Protest standen Studenten mit Bier und Würstchen an mehreren Universitätsgebäuden, um auf deren maroden Zustand aufmerksam und öffentlich Druck zu machen. Sowohl das Geschichts- als auch das Anglistikinstitut werden zwar Sanierungsmaßnahmen erfahren, doch die politisch motivierte Veranstaltung hat dadurch einen Volksfestcharakter erhalten.
Der Referent für Hochschulpolitik Franz Küntzel erarbeitet seit zwei Monaten ein neues Konzept für die VV unter dem Motto „Demokratie erleben – aber anders als sonst“. Damit will er vermehrt unpolitische Menschen motivieren, an der VV teilzunehmen und sich zu engagieren. Wenn es nach ihm ginge, dann sollte die VV im kommenden Sommersemester „eine Clubs-U-Night unter freiem Himmel werden – nur am Tag“. Franz arbeitet seit 2009 im hochschulpolitischen Bereich des AStA. Darunter fällt auch das Referat für Politische Bildung. Dessen Inhaber, Milos Rodatos, ist weniger durch seine Referatstätigkeit denn als Erfinder des „AStAnauten“ aufgefallen, der neuen Werbekampagne des Ausschusses. „Der Astronaut entdeckt ja auch immer neue Sachen“, lautet die Erklärung für den Begriff.
Milos soll „themenorientierte Veranstaltungen“ wie Lesungen oder Diskussionen organisieren, allerdings hört es beim „public viewing“ der Landtagswahlen auf. In seinem neuesten Projekt will er alle 22 Fachschaftsräte (FSR) und deren Arbeit vorstellen. Die FSR besuchte in den letzten Monaten der Referent für Fachschaften und Gremien Felix Pawlowski. Er arbeitet an einer besseren Vernetzung und vermittelt bei gemeinsamen Projekten. Außerdem bereitet er die Gremienwahlen im Januar 2012 vor, wobei er von den anderen Referenten des hochschulpolitischen Bereichs unterstützt wird.
Dem Referenten für Finanzen, Hendrik Hauschild, ist kein Vorwurf zu machen. Pflichtbewusst erledigt er alle Arbeiten: Er verwaltet den Haushalt des AStAs und betreut Antragsteller, damit deren Finanzanträge an das Studierendenparlament (StuPa) ordnungsgemäß sind. Ebenso sind Ginka Kisova und Ekaterina Kurakova zu erwähnen, die Referentinnen für Veranstaltungen sowie für Kultur und Sport. Die im Großen und Ganzen reibungslos verlaufene Erstsemesterwoche ist Ginka zu verdanken, die zum ersten Mal die Hauptverantwortung trug. Ekaterina überschreitet die Vorgabe, „mindestens vier Veranstaltungen (ausgewogen aus den Bereichen Kultur und Sport) je Semester“ zu organisieren, deutlich. Schon mit diversen Sportturnieren in der Erstsemesterwoche erfüllte sie die Vorgabe.
Beide gehören dem Sozialen Bereich an, den Timo Schönfeldt, Referent für Soziales, Wohnen und Studienfinanzierung, leitet. Seine Tätigkeit ist in der Öffentlichkeit nicht wirklich wahrzunehmen, da er viele Beratungsgespräche bei Problemen der Studenten führt. Allerdings arbeitet er nach einem Beschluss des StuPas seit geraumer Zeit daran „einen auf Stundenbasis beruhenden Tarif für das Freizeitbad zu erwirken“. Auch Lisa Brokmöller arbeitet im Bereich Soziales. Sie tritt völlig in den Hintergrund bis auf Gespräche mit Interessenvertretungen und Vereinen. Bei der Organisation von Veranstaltungen ist vorrangig die „Gender-Trouble-AG“ und der „QueerKompass“ zu nennen.
Im Leitbild vom 30. Juli 2011 verpflichteten sich die Referenten, „Fortschritte der AStA-Arbeit […] auf der Homepage und über die Newsletter in angemessenen Abständen“ zu veröffentlichen. Seit Anfang Juli hat der AStA eine Referentin für Öffentlichkeitsarbeit: Anne Hameister. Sie soll die sozialen Netzwerke und die Homepage pflegen. Sie erstellt Flyer zu aktuellen Veranstaltungen wie der 24-Stunden-Vorlesung – offenbar aber ohne sie vor dem Druck noch einmal auf ihre Aktualität zu überprüfen. Eine verstärkte Pressearbeit, zum Beispiel durch die Versendung von Pressemitteilungen oder den lang angedachten Newsletter, sind Fehlanzeige.
Anne soll auch den Vorsitz unterstützen. Dieser wird kommissarisch von der Referentin für Studium und Lehre, Anne Lorentzen, übernommen, da der AStA seit einem halben Jahr ohne gewählten Vorsitz ist. Ebenfalls vakant ist das Referat für Ökologie, da Stefanie Pfeiffer ihr Mandat im StuPa wahrnimmt. Auch das Referat für Studierendenaustausch und ausländische Studierende ist seit dem 10. Oktober unbesetzt. Dessen Referentin Valeria Kupreeva musste wegen ihrer Bachelorarbeit aufhören. Eine Nachfolgerin wurde schnell gefunden: Schon am 25. Oktober wurde Christin Weitzmann gewählt.
Festzustellen ist, dass die Referenten in Motivation und Engagement sehr unterschiedlich ihrer Arbeit nachgehen. Viele Möglichkeiten werden von den „AStAnauten“ aber noch nicht ausgeschöpft und die Vorgaben in den Ausschreibungstexten nicht vollständig erfüllt.
Ein Bericht von Katrin Haubold und Johannes Köpcke mit einer Grafik von Daniel Focke.
Der Griff nach den Sternen
Ein Kommentar von Johannes Köpcke
Bodenständig wirkt die Werbekampagne des AStA mit seinen „AStAnauten“ nicht. Sie greifen nach den Sternen und verlieren dabei den Blick auf die Erde. Die Arbeit leidet darunter ersichtlich. Die Forderung, den serviceorientierten AStA in einen politischen umzuwandeln, steht noch immer im Raum. Es ist kein Wandel zu bemerken. Liegt das allein daran, dass die Referenten fehlen? Oder etwa doch an der mangelnden Motivation?
„Viele Projekte würden leiden“ heißt es immer wieder. Aber welche Projekte es im Besonderen sind, wird nie gesagt. Auch konkrete Daten, wann Projekte fertig gestellt werden, nennen die Referenten selten. Von einigen Referenten gibt es solche Projekte erst gar nicht. Stattdessen stellen sie sich gegen die Organisation der Vollversammlung am 17. November und verschanzen sich hinter ihren angeblichen Projekten. Damit verpassen sie die Möglichkeit, ein eindeutiges, politisches Zeichen zu setzen. Somit bleibt es bei einem Beratungsausschuss, mehr aber auch nicht.
Gerade der Referent für Politische Bildung nutzt sein Referat nicht, um dem Ziel eines politischeren AStA ein Stück näher zu kommen. Informationsveranstaltungen, Podiumsdiskussionen und viele weitere Möglichkeiten bieten sich ihm und werden doch kaum genutzt. Zurzeit organisiert er eine Diskussion über den Arabischen Frühling. Das wäre schon vor einigen Monaten angebracht gewesen. Auch von anderen Referenten gibt es keine themenbezogenen Veranstaltungen. Allein die Großereignisse, die jedes Jahr stattfinden, stehen im Veranstaltungskalender. Die Pressereferentin stellt sich nicht bei den Medien vor, die Gleichstellungsreferentin springt nur auf Projekte der anderen Vereine auf und schreibt es sich auf die eigene Fahne. So kann fast jeder Referent aufgezählt werden. Ein trauriges Ergebnis.
Wo bleiben neue Ideen? Ab wann ist der Griff in die Sterne berechtigt? Wo bleibt der berechtigte Griff nach den Sternen? Wann ist der Vergleich mit dem Astronauten wirklich angebracht?