Vom Geheimtipp zum Kulturhöhepunkt im Herbst: der PolenmARkT. Seine Anfänge sind nebulös, weiß doch kaum einer, wie, wann und wo sich die Wege kreuzten. 14 Jahre polnische Kultur in Greifswald – eine Zeitreise.
Losgelöst vom täglichen teils stressigen Alltag sucht so mancher Abwechslung und Regeneration abends in kneipenhafter Umgebung. Was nicht allzu selten zu ausgeklügelten Ideen führt. In solchem Ambiente wurde die Idee des polenmARkTes geboren, der mittlerweile aus der Greifswalder Kulturlandschaft nicht mehr wegzudenken ist. Die Entstehung ist auf das Jahr 1997 datiert. Karin Ritthaler kam ein Jahr zuvor als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Lektorin für Slawistik an die Universität Greifswald. In dieser Zeit fanden unter anderem amerikanische, kanadische und französische Länderabende statt. Doch obwohl Polen unser nächstes Nachbarland ist, fehlte zu diesem Zeitpunkt ein polnisches Äquivalent. Eine Räumlichkeit war allerdings schon vorhanden, der Slawisten-Keller. Dort fand im Jahre 1997 das erste Mal ein polnischer Länderabend statt. Der Andrang war groß, insbesondere von Seiten der Erasmus- und Sokrates-Studierenden.
An einem solchen Abend traf Karin auf Matthes Klemme. Damals Student und studentische Hilfskraft im Akademischen Auslandsamt, war er betraut mit der Organisation solcher Länderabende. Gesine Roth, Leiterin des Akademischen Auslandsamts, erinnert sich noch heute daran: „Bei ihm stieß die Idee auf fruchtbaren Boden.“ Da die Begeisterung und der Anklang enorm waren, kam schnell die Idee auf, daraus etwas Größeres zu machen. Und da es gar einen Nordischen Klang gibt, warum nicht ein Pendant wagen? Mit einer solchen Anfrage kam der damalige Student auf Karin zu. Zu einem Dreiergespann wurden sie als sie Czarek Ponczek, einen früheren Studenten und Tutor, ins Boot holten. „Man musste teilweise schon gegen Ressentiments kämpfen, mein Ziel war es aber, die Stereotype abzubauen“, so Karin über die Anfangszeit. Zudem habe das Festival dazu beigetragen, einen anderen Blick auf den unmittelbaren Nachbarn zu bekommen.
Unterstützung fanden sie beim damaligen Rektor Professor Metelmann, dem sie die Idee vorstellten. „Es hing viel von seiner Person ab, von dem Charisma, das er investiert hat. Er war ja auch derjenige, der sagte, ‚wir loben einen Preis aus‘ “, erzählt Karin. Dieses Jahr ist es der zwölfte Förderpreis für deutsch-polnische Zusammenarbeit an der Universität Greifswald, welchen die Sparkasse Vorpommern in Kooperation mit der Universität und dem polenmARkT e.V verleiht. Honoriert werden die Forschungsergebnisse junger Wissenschaftler, die entweder in deutsch-polnischer Zusammenarbeit entstanden oder einen achtbaren Beitrag für die binationale Beziehung bilden. Auch Agata Wisniewska-Schmidt war mit von der Partie, die in dem Zeitraum nach Greifswald kam, um Politologie zu studieren. „Bis zum letzten Jahr war auch sie immer mit dabei, immer aktiv. Eine sehr große Stütze von Anfang an“, so Gesine Roth. Mit jenem anfänglichen Gespann ward der Grundstein gelegt. Der polenmARkT wuchs und wuchs und aus einer abendlichen Veranstaltung wurde ein zwölftägiges Kulturfestival mit Kultfaktor.
In diesem Jahr, am 28. Oktober, erhielt der polenmARkT den „Pomerania Nostra“-Preis, mit dem alle zwei Jahre Persönlichkeiten ausgezeichnet werden, die sich für West- und Vorpommern auf dem Gebiet Kunst, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft besonders verdient gemacht haben und mit ihrer Aktivität den deutsch-polnischen Dialog fördern. Die Preisvergabe des binationalen Preises findet im Wechsel in Polen und Deutschland statt.
Doch wie kam der Name überhaupt zustande? Karin erinnert sich an jenen Abend: „Wir saßen zu dritt, tranken Bier und überlegten, wie wir das Kind nennen sollten. Und auf die Frage, was denn die meisten in Greifswald wohl mit Polen verbindet, fingen wir an zu lachen und es kam der polenmARkT. Dass das ART groß geschrieben wird, war meine Idee.“ Unwillkürlich kommt einem beim Hören des Namens die Assoziation eines wühligen, von lautem Stimmengewirr erfüllten Marktes voller zwielichtiger Waren. So riefen beim ersten Mal wahrlich Damen im Rathaus an und fragten, wann denn nun genau die Polen auf den Marktplatz kämen, erinnert sich die Dozentin der Slawistik.
Marek Fiałek ist Sprachlektor für Polnisch an der Universität und Vorstandsmitglied des polenmARkTes. Der gebürtige Pole kam 1995 nach Deutschland und ist seit zwei Jahren in unserer Hansestadt wohnhaft. „Bevor ich allerdings nach Greifswald kam, war ich schon im Planungskreis des polenmARkTes angedacht. Ich bin da so ein wenig rein gerutscht, anfangs war es auch etwas problematisch, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt.“ Es werden Konzertabende im Theater veranstaltet, namenhafte Persönlichkeiten aus Polen eingeladen, aber auch unbekannte Künstler und Bands bekommen die Möglichkeit in Greifswald auf dem polenmARkT ihr Können unter Beweis zu stellen.
Wie bei jedem Festival geht es zeitweise in der Organisation turbulent zu. Vor allem ist es immer wieder eine große Arbeit, Fördergelder zu beantragen. Zuverlässig wird der polenmARkT von der Botschaft der Republik Polen in Deutschland sowie dem Polnischen Institut Berlin unterstützt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die diesjährige Eröffnungsrede vom Präsidenten des Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek, gehalten.
Das Land und die Stadt Greifswald brüsten sich zwar gern mit dem Aushängeschild polenmARkT, doch hält sich die finanzielle Beteiligung in Grenzen. Gar der Oberbürgermeister war in seiner Amtszeit auf keiner der Veranstaltungen offiziell präsent. „Allerdings wurden uns damals Türen geöffnet zur Nutzung von Räumlichkeiten“, merkt Karin an. Als Krönung gilt dieses Jahr das Konzert des polnischen Jazz-Künstlers Leszek Możdżer, ein in Polen legendärer Pianist. Des Weiteren wird zum ersten Mal mit der Kufina, dem Team der Greifswalder Kurzfilmnacht, zusammengearbeitet. Damit wird vor allem jungen Filmemachern eine Plattform geboten, ihre kleinen Vorführungen dem Publikum vorzustellen.
Neben Kultur und Kunst kommt die Wissenschaft aber nicht zu kurz. Beim Vortrag „Anti-Faust der polnischen Romantiker“ wird die Wirkung von Goethes Person und seinen Werken auf die polnische Literatur dargestellt. Rund 25 Veranstaltungen an zwölf Tagen warten in diesem Jahr auf interessierte Besucher – vor 14 Jahren begann alles mit vier Veranstaltungen an drei Tagen. Zum Programm gehörten damals zwei Konzerte, einmal traditionelle Folklore und einmal eine Rock-Band, dazu noch zwei wissenschaftliche Vorträge. Im darauf folgenden Jahr gab es schon eine polnische Kulturwoche und ab 1999 hieß es dann ganz offiziell polenmARkT. Problematisch war hierbei allerdings, dass er zu Beginn als Universitätsveranstaltung stattfand. Dementsprechend dominierte der wissenschaftliche Hintergrund, was die Entfaltungsmöglichkeiten erheblich einschränkte. Hier kam die Idee auf, einen Verein zu gründen. Finanzielle Engpässe sollten so gelöst so werden, denn als Verein konnten sie fortan Fördergelder beantragen und das kulturelle Programm breiter ausgestalten.
Im nächsten Jahr feiert der polenmARkT sein 15-jähriges Jubiläum. „Er befindet sich auch gerade in Bewegung, wir wollen uns ein wenig rückbesinnen und vor allem mehr junge Künstler unterstützen“, konstatiert Marek. Der polenmARkT ist für ihn eine „Herzensangelegenheit“, er hofft, dass viele Greifswalder dem Charme des polenmARkTes erliegen werden und die polnische Kultur ein Stück weit mehr in sich aufnehmen.
Ein Bericht von Maria Strache.