In die polnische Stadt Bytom entführt der (Wahl-)Greifswalder Fotograf Olaf Matthes die Besucher der Ausstellung „Verbundpflaster“. Die oberschlesische Großstadt war einst geprägt von Stahlindustrie, sowie Kohlebergbau und hat seit der Wende mit den Folgen des Niederganges dieser Industriezweige zu kämpfen. Das nahezu komplette Verschwinden der Montanindustrie hat bis heute viele Arbeitslose zurückgelassen und Orte, die nun keine Funktion mehr haben. Dazu gehören gewaltige Fabrikruinen, zurückgebaute Lagerhallen, und vor allem weite, teilweise überschwemmte, Brachflächen. Und trotzdem ist die perspektivlose Industrieregion von neuen und ausgebesserten Wegen durchzogen. Mit Geldern der Europäischen Union wurde dieses sogenannte Verbundpflaster verlegt, ohne überhaupt zu wissen, welche Funktion die neuen Wege und Flächen, an denen sie vorbeiführen, einmal haben werden. Gleichzeitig haben sich inzwischen abseits der befestigten Wege informelle Strukturen von Pfaden gebildet, welche von den Bewohnern selbst gewählt wurden.
Gelassene Trostlosigkeit
Die schwarz-weißen Panoramafotos zeigen eine menschenleere Landschaft, in der einmal viel passierte, die aber nun von der Natur zurückerobert wird. Ganze Fabriken sind verschwunden oder zusammengefallen, Schrotthändler haben das Letzte aus ihnen heraus geholt und alles ist immer noch mit einem unendlichen Netz an Rohren verbunden. Alles scheint abgebrochen und liegen gelassen. Mittendrin stehen noch die Wohnblöcke der früheren Fabrikarbeiter, welche in dieser Umgebung besonders trostlos aussehen. Und trotzdem strahlen diese Fotos aus einer chaotischen, ungeordneten Region Ruhe und Gelassenheit aus.
Mit seiner selbst gebauten Panoramakamera versuchte Olaf Matthes, diese Ästhetik im Verfall der Region einzufangen, wie Heiko Krause, befreundet mit Olaf Matthes sowie Künstlerischer Assistent am Lehrstuhl für Bildende Kunst, visuelle Medien im Caspar-David-Friedrich-Institut mitteilte. Dabei geht es besonders um den Kontrast, den das neu verlegte Pflaster zwischen den maroden Strukturen bietet. Aus Sicht des Fotografen steht es sinnbildlich für die Suche der Region nach einer neuen Identität. Es könnte für einen Wandel und Neubeginn der Region stehen. Als wären es die Wege in eine Zukunft, die aber möglicherweise überhaupt nicht stattfinden wird.
Die Ausstellung ist noch bis zum 3. Dezember von Dienstag bis Freitag in der Medienwerkstatt im Erdgeschoss der Bahnhofstraße 50 zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Fotos: Olaf Matthes (Aufmacher), Simon Voigt(Austellung)