Das Landeshochschulgesetz wird geändert – unsere Interessen sind zu verteidigen.
Das Landeshochschulgesetz Mecklenburg-Vorpommerns (LHG) ist noch jung, erst seit acht Jahren ist es auf der Welt. Doch schon sieben mal haben es seine wechselnden Eltern umerzogen. Oft wollten es seine Eltern patriarchalischer und weniger freiheitlich erziehen. Da es sich nicht selbst gegen diese Erziehungsversuche wehren konnte, mussten dies andere übernehmen, oftmals die Studierenden. Jetzt ist wieder euer Widerstandsgeist gefragt, denn die achte Änderung des LHGs steht an und wieder wollen viele Änderungswünsche unserer Regierung absolut nicht gefallen. Jetzt seid ihr und vor allem der AStA gefragt, unsere demokratischen und studienbezogenen Rechte offensiv zu verteidigen.
Wenn sich die Regierung in Schwerin durchsetzt, werden wir zum Jahresende einen geschwächten Senat und damit auch geschwächte Studierendenvertreter, eine auf das Wohlwollen des Rektors angewiesene Studierendenschaft und kein Recht auf einen Freiversuch mehr haben.
Der Freiversuch ist noch eine Pflicht der Hochschulen, nach dem aktuellen Vorschlag wäre es den Hochschulen freigestellt, ob sie einen Freiversuch in ihren Prüfungsordnungen anbieten wollen. Unser Rektor hat auf einer der letzten Vollversammlungen der Studierendenschaft schon anklingen lassen, dass er kein besonderer Freund des Freiversuches ist. Direkt auf die Studiengänge würde sich auch die geplante Rahmenprüfungsordnung für die gesamte Hochschule auswirken. Zum Bürokratieabbau würden mit dieser alle Studiengänge in wesentlichen Punkten wie Praktika vereinheitlicht. Die Rücksichtnahme auf die individuellen Erfordernisse jedes Studiengangs würden so erschwert.
Im Zuge dieser Reform soll auch die Rechtsformänderung des Universitätsklinikums umgesetzt werden. Dieses soll wieder direkt in die Universität eingegliedert werden, alle Klinikumsmitarbeiter wären somit auch bei Senats- und Fakultätsratswahlen stimmberechtigt und würden im Senat einen Großteil der Wähler stellen. Kritiker sind hingegen der Meinung, dass eher die Medizinische Fakultät aus der Uni herausgelöst wird, aber gleichzeitig im Senat weiterhin Einfluss auf die restliche Uni hat. Über diese Thematik wurde ausführlich auf dem webMoritz und im moritz (Ausgabe 79) berichtet.
Aber es gibt auch positive Änderungsvorschläge, die man begrüßen und verteidigen sollte. So sollen zum Beispiel während der Vollversammlung keine Lehrveranstaltungen mehr stattfinden. Außerdem wird ein Kernziel von Bologna, der vereinfachte Hochschulwechsel, stärker in den Mittelpunkt gerückt. Ebenfalls ist die Hochschule künftig angehalten, mehr auf die Studierbarkeit zu achten. Neben dem Abitur werden andere Bildungsabschlüsse wie der Meistertitel stärker als bisher beim Hochschulzugang berücksichtigt.
Ergebnisse von Evaluationen wie zum Beispiel Studierendenbefragungen sollen in Zukunft veröffentlicht werden müssen und Einfluss auf die Mittelverteilung haben. So wäre ein starker Anreiz für gute Lehre gegeben. Dafür könnte man auch die geplanten Professuren mit Schwerpunkt auf der Lehre halten. Diese Stellen sind für angehende Professoren aber unattraktiv, sie werden höchstens als Abstellgleis für erfolglose Bewerber oder als Zwischenstation auf dem Weg zu einer richtigen Professur dienen. Eine zweite neue Professorenform soll den Schwerpunkt für nicht näher definierte Zeiträume auf der Forschung haben. Die Symbiose von Lehre und Forschung, die bisher dafür sorgte, dass Studierende an den Erfahrungen erfolgreicher Forscher teilhaben können, wird so empfindlich gestört.
Der Rektor soll in mehreren Punkten gestärkt werden. Kein Mitglied der Hochschulleitung soll ohne seine Zustimmung gewählt werden können. Er wäre gegenüber den anderen Mitgliedern der Hochschulleitung auch stärker weisungsbefugt als bisher und könnte Entscheidungen dieser übergehen. Rechtlich gesehen träge er die Verantwortung für die gesamte Hochschule. Die Stärkung des Rektors bedeutet zum Einen eine klarere Linie in der Hochschulführung, aber auch weniger Demokratie. Eine Stärkung der Demokratie wird dagegen durch die Erweiterung der Befugnisse der Fakultätsräte vorgeschlagen. So sollen diese zukünftig den Haushalt der Fakultät stärker mitbestimmen und Dekane abwählen können.
Die Studierendenschaft wird in dem Gesetzesvorschlag dem Rektor stärker untergeordnet, so kann dieser in Zukunft alle Beschlüsse des Studierendenparlaments aufheben. Der Haushaltsplan der Studierendenschaft konnte bisher nur in sehr engen Grenzen vom Rektor abgelehnt werden, in der neuen Fassung würden diese Grenzen stark ausgeweitet. Positiv wäre die Konkretisierung der Aufgaben der Studierendenschaft wie das Betreiben studentischer Medien und die Integration ausländischer Studierenden. Diese Aufgaben werden bereits wahrgenommen, durch diese Änderung wird eine höhere Rechtssicherheit erzielt.
Der Gesetzesentwurf in seiner jetzigen Form bietet für die Studierendenschaft sowohl Vor- als auch Nachteile. Damit in der endgültigen Version die Vor- und nicht die Nachteile überwiegen, seid ihr gefragt. Nach dem Bildungsstreik haben Politiker betont, dass sie auf Meinungen und Interessen der Studierenden Rücksicht nehmen wollen. Für die praktische Umsetzung dieses Versprechens ist es nötig, unsere Meinung jetzt auf breiter Front auf die Straßen und in die Ministerien zu tragen.
Ein Bericht von Florian Bonn und Patrice Wangen