Katja Enderlein, Personalchefin der Medigreif-Gruppe, erzählt über ihr Erfolgsrezept, schlechte Bewerbungen und warum man keine Vorlesung verpassen sollte.
moritz Frau Enderlein, in einem Erfahrungsbericht in diesem moritzerzählt eine ehemalige Studentin über das tiefe Loch, in das sie nach dem Studium gefallen ist. Sie sind mit jungen Jahren bereits in der Führungsetage angelangt. Was haben Sie anders gemacht?
Katja Enderlein Ich habe als eine der ersten Studentinnen nach der Wende Rechtswissenschaften hier in Greifswald studiert, doch habe ich schon während des Studiums aktiv gearbeitet, beispielsweise am Lehrstuhl für Strafrecht und Strafrechtsgeschichte. Für mich hieß studieren nie, sich zurückzulehnen, sondern vielmehr Anstrengung und harte Arbeit.
moritz Wie sah diese Anstrengung konkret aus?
Enderlein Ich habe aktiv Praxis eingefordert und mir nicht nur bei meiner Praktikumsstelle den Stempel abgeholt. So halten wir es auch in unserem Unternehmen. Hier wird nicht nur kopiert, wir erwarten auch etwas von den Praktikanten. Einige kommen damit nicht klar, aber die die bleiben, haben eine reelle Chance, einmal richtig eingestellt zu werden. Praxis und Theorie liegen nun einmal weit auseinander, das kann zu Startschwierigkeiten führen. Aber bei uns geht es nicht nach „Schema F“, bei uns müssen Entscheidungen getroffen werden.
moritz Ihr Unternehmen ist der zweitgrößte Arbeitgeber in Greifswald und Umgebung. Welche Berufsgruppen werden bei Medigreif eingestellt?
Enderlein Das ist völlig unterschiedlich. Je nachdem, welche Position zu besetzen ist, in welche Richtung wir ein Geschäftsfeld entwickeln, brauchen wir verschiedene Leute. Das reicht vom nicht Ausgebildeten bis zum Hochschulabsolventen. Naturgemäß suchen wir natürlich in erster Linie Fachkräfte aus dem medizinischen Bereich. Aber auch Absolventen mit kaufmännischer Ausbildung werden für Controlling, Finanz-, Personal- und andere Krankenhausmanagementaufgaben benötigt.
moritz Arbeiten bei Ihnen viele Greifswalder Absolventen?
Enderlein Ja, wir stellen gern Greifswalder Absolventen ein, weil wir ihre fundierte Ausbildung schätzen gelernt haben. Nicht zuletzt bin ich selbst ein „Kind“ der Greifswalder Universität und weiß, auf welch’ hohem Niveau hier ausgebildet wird. Ein ausschlaggebender Punkt ist die räumliche Nähe zum Unternehmen. Es ist natürlich von Vorteil, wenn jemand schon mal im Rahmen eines Studiums ein begleitendes Praktikum absolviert und als Hilfskraft oder ähnlichem bei uns praktische Luft geschnuppert hat.
moritz Woran erkennen Sie, dass ein Bewerber der Richtige ist?
Enderlein Das ist eine Kunst für sich und hat viel mit Lebenserfahrung und Menschenkenntnis zu tun. Vieles erkennt man schon an der Bewerbungsmappe. Es gibt ansprechende und banale Bewerbungen ohne jede Strategie. Man erkennt schnell, ob sich jemand wirklich mit dem Unternehmen beschäftigt hat. Ist das nicht der Fall, werden die Bewerbungen schnell zur Seite gelegt.
moritz Wie wichtig sind gute Noten?
Enderlein Zensuren sind ein zweischneidiges Schwert. Nicht jede gute Zensur zeugt auch von Qualität. Theorie und Praxis sind sehr verschieden. Jemandem, der zum Beispiel frühzeitig Verantwortung übernommen hat, verzeihe ich schon mal eine Drei. Mir sind Erfahrung und zwischenmenschliche Kompetenzen dann doch wichtiger, als ausschließlich gute Noten und sonst keine Ahnung vom wirklichen Leben zu haben.
moritz Kann ein Bewerbungsgespräch einen schlechten Eindruck von der Mappe wieder wett machen?
Enderlein Eher selten. Eine Bewerbungsmappe lässt auf den Menschen schließen, der sie gemacht hat. Auf eine verquere Bewerbung folgt in der Regel auch ein verqueres Gespräch. Und auf lapidare E-Mail-Anfragen nach dem Motto „Haste mal `nen Job“ reagiere ich daher gar nicht erst.
moritz Was geht bei Bewerbungsmappen gar nicht?
Enderlein Wenn Lebensläufe lückenhaft sind oder unerklärliche Fragen aufkommen. Eine schlechte Gliederung ist auch immer ein schlechtes Zeichen oder wenn für eine aufgeführte Lebensetappe, ein Praktikum oder der gleichen kein Beleg zu finden ist.
moritz Und beim Gespräch?
Enderlein Wenn einfachste Umgangsformen nicht gewahrt werden, beispielsweise wenn mir der Bewerber ins Wort fällt. Souveränität ist gut, aber man sollte nicht selbstverliebt sein.
moritz Wenn sich ein Bachelor-Absolvent bei Ihnen bewirbt, sagen Sie ihm dann, dass er erstmal einen Master machen soll?
Enderlein Ich würde mir wünschen, man würde mit den jungen Menschen gemeinsam diesen Weg bestreiten, so wie ich das mit meinem Zweitstudium gemacht habe. Daher ist es auch unser Ziel, die Leute bei Ihrem Master zu begleiten, während Sie im Unternehmen erste Erfahrungen sammeln. Aber da sind wir noch ganz am Anfang.
moritz Warum fällt der Übergang vom Studium in den Beruf so schwer?
Enderlein Weil die Arbeitswelt anders funktioniert als das Studium. Dort herrschen ein anderer Rhythmus und andere Strukturen. Außerdem gibt es hier Zwänge, denen man sich nicht entziehen kann, wenn man erfolgreich sein will. Der Leistungsdruck wird dann real spürbar, Wissen wird aktiv abgefragt und dass in einer gewissen Zeit.
moritz Haben Sie in Ihrer Studienzeit auch ab und zu mal gefeiert?
Enderlein Aber natürlich und was für Feten bei uns gestiegen sind. Aber ich habe nie nach einer Fete die Vorlesung geschwänzt. Auch wenn es noch so schwer fiel, wer feiern kann, muss auch arbeiten können. Das war immer mein Motto.
moritz Ist eine solche Disziplin notwendig, um im Beruf erfolgreich zu sein?
Enderlein Davon bin ich felsenfest überzeugt!
Das Gespräch führte Alexander Müller