Vergangene Woche zeigte die ARD einen Film über Scientology. „Bis nichts mehr bleibt“ soll einen Einblick in die Strukturen der Organisation und die damit einhergehenden Probleme bieten. Im Anschluss diskutierten Kritiker und Sympathisanten von Scientology bei „Hart aber fair“ mit Frank Plasberg.

In Berlin warnten zeitweise Plakate vor den Methoden der Sekte.

Frank (Felix Klare) kämpft vor Gericht für das Sorgerecht seiner Tochter Sarah, nachdem er Scientology den Rücken gekehrt hat. Sowohl er, als auch seine Frau Gina (Silke Bodenbender) waren jahrelang Mitglied in der Organisation, bis Frank misstrauisch wird und sich gegen die Gruppierung entscheidet. Damit gerät er in eine heftige Auseinandersetzung mit seiner Frau, die seinen Entschluss nicht teilt. Von der Situation der Gerichtsverhandlung aus wird die Geschichte eines Aussteigers beschrieben.

Es war das erste mal, dass in Deutschland in Form eines Spielfilms über Scientology aufgeklärt werden soll. Der Zuschauer bekommt im Film einen hervorragenden Einblick in die Strukturen von Scientology. Angefangen bei den Einstiegstests bis hin zum „Alltag“ als vollständiges Mitglied der Organisation.

Besonders beeindruckend ist die Schilderung der Problematik, die mit einem Einstieg bei Scientology einhergeht: Schulden, Abbruch des Kontakts zu Familie und Freunden, Einschränkung der Willensfreiheit.

Scientology verspricht durch bestimmte Kurse mehr Glück, mehr Leistungsfähigkeit, mehr Stärke. Und tatsächlich stellt sich bei Frank und Gina zunächst ein Gefühl der Zufriedenheit ein. Sie sehen sich verändert, stärker. Doch bald wird klar, Glück findet man bei Scientology nur, solange man zahlt und nichts hinterfragt. Frank gibt sein gesamtes Geld für Kurse bei Scientology aus, für die er auch sein Architekturstudium aufgibt. Als er pleite ist, muss er bei Scientology arbeiten um seine Schulden abzubauen. Ein Gehalt wird ihm nie ausgezahlt.

Als er Zweifel an der Organisation zeigt, wird er unter besondere Behandlung gebracht. Immer wieder muss er so genannte „Wissensberichte“ schreiben, in denen er dazu gezwungen wird sogar seine eigene Frau anzuschuldigen.

Was jedoch im Film zu kurz kommt ist die Nachvollziehbarkeit. Der Einstieg von Frank und Gina wird mit persönlichen Schwierigkeiten begründet: Streit in der Ehe, ein schwieriges Verhältnis zwischen Gina und ihren Eltern sowie Franks Misserfolg im Studium. Doch reicht das aus, Scientologys Methoden zum Opfer zu fallen? Ist man den Persönlichkeitstests von Scientology tatsächlich derart ausgeliefert? Diese Fragen kommen im Film leider zu kurz.

Ein wenig Aufklärung bietet die Diskussionsrunde „Hart aber fair“ im Anschluss des Films. „Der Film nimmt einzelne Teile von Scientology heraus und stellt diese falsch dar“, wirft der Scientology-Pressesprecher Jürg Stettler dem Film vor. Er bestreitet, dass Übungen, wie sie im Film dargestellt werden, tatsächlich so stattfinden: „Ich habe noch nie gesehen, dass Kinder so trainiert werden.“ Inzwischen hat Scientology einen eigenen Film gedreht, der ihre Seite darstellen soll und im Internet zu sehen ist.

Das ehemalige Scientology-Mitglied Wilfried Handl widerspricht Stettlers Vorwürfen: „In den Übungen geht es darum Macht zu erlernen und Macht auszuüben! Das sind Standardübungen für Scientology-Mitarbeiter.“

Der ehemalige bayrische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU), ebenfalls Gast in der Sendung, spricht die rechtliche Problematik von Scientology an: „Die Menschen haben das Recht auf ein selbst bestimmtes Leben. Doch bei Scientology führen sie ein von Scientology bestimmtes Leben!“

Es ist gut, mit einem Spielfilm die Menschen über die Strukturen von Scientology aufzuklären. Denn dadurch bleibt Scientology nicht die unbekannte Organisation, hinter deren Türen man nicht blicken kann. Und das Wissen über Hintergründe ist die Grundvoraussetzung für eine offene Diskussion über Scientology.

Bilder:

  • Foto Startseite: striatic via flickr
  • Logo Scientology: wikimedia commons
  • Litfaßsäule Berlin: Andreas Praefcke via wikimedia

Hinweis: Am 6. April wurde um 11:35h die Bildunterschrift des ersten Bildes (Litfaßsäule) korrigiert. Zuvor war der Eindruck entstanden, das abgebildete Plakat hänge immer noch am abgebildeten Ort.