von Carsten Schönebeck | 20.09.2009
Am 27. September wählt die Republik einen neuen Bundestag. Der webMoritz interviewte die Direktkandidaten aus dem Wahlkreis 16 (Greifswald – Demmin – Ostvorpommern) per E-Mail. Heute: Susanne Wiest.
webMoritz: Wie sind Sie zur Politik gekommen?
Susanne Wiest: Im Februar 2009 unterschrieben innerhalb weniger Wochen über 50’000 Bürgerinnen und Bürger meine spontan gestellte Petition an den Bundestag zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Das war eine grosse Überraschung und ist gleichzeitig eine Einladung vieler Bürger an unsere Abgeordneten, sich an der Diskussion über ein bedingungsloses Grundeinkommen zu beteiligen.
Im April bekam ich die Nachricht des Petitionsausschusses, eine Anhörung und Diskussion der Petiton sei ungewiss und frühstens in der nächsten Wahlperiode möglich. Da mir die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens gefällt, und ich sie für einen guten Zukunftsweg halte, habe ich mich entschlossen unsere demokratischen Möglichkeiten zu nutzten, und als Direktkandidatin des Wahlkreises Greifswald, Demmin, Ostvorpommern, für unseren Bundestag zu kandidieren
webMoritz: Im Bundestag gibt es direkt gewählte Kandidaten und Kandidaten, die über Listen einziehen. Macht das abgesehen von gewissen Repräsentationpflichten im Wahlkreis irgendwelche Unterschiede?
Susanne Wiest: Ich finde Parteilisten undemokratisch, weil wir Bürger keinen Einfluss darauf haben wie die Listen zusammengestellt werden. Bei der Wahl von Direktkandidaten, dafür ist die Erststimme, können wir Bürger entscheiden wem wir zutrauen, Politik in unserem Sinne zu gestalten.
webMoritz: Wo sehen Sie Möglichkeiten, sich besonders für Ihren Wahlkreis einzusetzen?
Susanne Wiest: Ich möchte dass in unserem Wahlkreis das bedingungslose Grundeinkommen eingeführt wird. Wir könnten Modellregion für Grundeinkommen werden. Bei allen Fragen, die ich im Bundestag zu entscheiden habe, werde ich die Bürger des Wahlkreises auffordern darüber abzustimmen. Das Ergebnis trage ich dann in den Bundestag.
Ich bin entschieden für direkte Demokratie und betrachte mich als Abgesandte der Bürgerschaft in meinem Wahlkreis.
webMoritz: Wie sieht Ihr Wahlkampf aus?
Susanne Wiest: Ich lade jeden Sonntag um 16.00 Uhr zu einem offenen „Sonntagstreffen“ ein. Das Treffen findet bei mir zu Hause statt. Dort besprechen wir bei Kaffee und Kuchen, die Wahlbewerbung. Wir machen was uns möglich ist. In den nächsten Tagen werden wir Postkarten verteilen und fahren durch die Dörfer und zeigen dort einen Film zum Thema Grundeinkommen.
Am 05. September war das Krönungsmobil in Greifswald zu Gast. Tagsüber waren wir auf dem Marktplatz und abends im Museumshafen…
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von Carsten Schönebeck | 18.09.2009
Am 27. September wählt die Republik einen neuen Bundestag. Der webMoritz interviewte die Direktkandidaten aus dem Wahlkreis 16 (Greifswald – Demmin – Ostvorpommern) per E-Mail. Heute: Anne Klatt (Bündnis 90/Die Grünen).
webMoritz: Wie bist du zur Politik gekommen?
Anne Klatt: Als ich beim BUND in Halle/Saale mein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolvierte, hatten die Grünen gleich nebenan ihr Büro. Und ich hatte mit dem Geschäftsführer so hervorragende Flurdiskussionen über Politik,
dass es ihn nicht viel Überzeugungskraft gekostet hat, mich mal auf ein Vorstandstreffen zu locken.
webMoritz: Im Bundestag gibt es direkt gewählte Kandidaten und Kandidaten, die über Listen einziehen. Macht das abgesehen von gewissen Repräsentationspflichten im Wahlkreis irgendwelche Unterschiede?
Anne Klatt: Habe ich bei meinem Praktikum bei Reinhard Loske, als er noch nicht Bremer Umweltsenator war, sondern „einfacher“ Bundestagsabgeordneter war, nicht feststellen können.
webMoritz: Wo siehst du Möglichkeiten, sich besonders für deinen Wahlkreis einzusetzen?
Anne Klatt: Ein dichteres und günstigeres Netz von Bussen und Bahnen für diese Region liegt mir sehr am Herzen. „Mehr Mobilität bei weniger Verkehr“ lautet die Devise.
Mecklenburg-Vorpommern eignet sich auch ganz wunderbar für die Entfaltung eines Tourismus, der auf Naturerlebnis basiert, eignen. Das sind viele Arbeitsplätze, die kaum vom Weltmarkt abhängen, die nicht Gefahr laufen, ins Ausland verlagert zu werden und die die Region nicht zu einem Industriegebiet degradieren.
Ich möchte dafür kämpfen, dass ein 20 bis 25 Stunden-Woche der Normalzustand wird, damit mehr Menschen eine Stelle abbekommen und weniger ihre kostbare Lebenszeit überwiegend im Büro verbringen.
Wir setzen uns auch für einen Mindestlohn von 7,50/h ein, der gerade hier nötig ist, um der Lohnabwärtsentwicklung in einigen Branchen ein Stopp entgegenzusetzen.
Die Bio-Landwirtschaft, die jetzt schon einen vorbildlichen Anteil in M-V einnimmt, soll sich ruhig langsam aber sicher noch breiter machen. Dazu würde ich gerne den entsprechenden Rahmen schaffen.
Letztlich haben wir durch unsere lange Küste einen sehr guten Standort für Off-Shore Windanlagen. Ich würde gerne dazu beitragen, dass dieses Potenzial genutzt wird.
webMoritz: Wie sieht dein Wahlkampf aus?
Anne Klatt: Erstklassig natürlich 😉 Wir haben einige kreative Aktionen geplant: 3 x 24 Stunden Sitzungen in Anklam, Demmin und Greifswald, mit Renate Künast haben wir eine Kuh-Aktion geplant, die Grüne Jugend wird den Bürgern ihren persönlichen Anteil Atommüll in die Hand drücken. Ein Sofa-Gespräch im Hafen mit Claudia Roth gab es ja schon. Dann sind wir dabei eine Zeitung mit unseren Ideen und Konzepten zu erstellen, ein regionales Plakat zum Kohlekraftwerk wird bald die Gegend schmücken, wir bloggen, es gibt die www.grüne-Anne.de und wir sind dabei ein Filmchen zur geplanten Ferkelzuchtanlage in Alt Tellin, Kohlekraftwerk und Atomenergie mit eigenen animierten Zeichnungen zu produzieren. Und natürlich die klassischen Mittel: Pressearbeit, Stände, Podiumsdiskussionen.
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von Carsten Schönebeck | 16.09.2009
Am 27. September wählt die Republik einen neuen Bundestag. Der webMoritz interviewte die Direktkandidaten aus dem Wahlkreis 16 (Greifswald – Demmin – Ostvorpommern) per E-Mail. Heute: Christian Bartelt (FDP).
webMoritz: Wie sind Sie zur Politik gekommen?
Christian Bartelt: Ich war schon immer politisch interessiert und mein ursprüngliches Interesse galt und gilt auch immer noch der Kommunalpolitik. Da ich hier vor Ort schon immer lebe und auch weiterhin wohnen und arbeiten werde, wollte ich nicht nur zusehen (und/oder meckern) sondern aktiv die Zukunft der Region und damit verknüpft zwangsläufig auch meine eigene mitgestalten!
webMoritz: Im Bundestag gibt es direkt gewählte Kandidaten und Kandidaten, die über Listen einziehen. Macht das abgesehen von gewissen Repräsentationspflichten im Wahlkreis irgendwelche Unterschiede?
Christian Bartelt: In der Konsequenz dessen, was jeder gewählte Abgeordnete nach seiner Wahl für die Bürgerinnen und Bürger leisten soll, macht es keinen Unterschied! Ich sehe aber für Direktkandidaten keine Repräsentationspflichten in ihrem Wahlkreis sondern eher die Chance etwas Lokalpatriotismus mit nach Berlin zu tragen!
webMoritz: Wo sehen Sie Möglichkeiten, sich besonders für Ihren Wahlkreis einzusetzen?
Christian Bartelt: Über konkrete und regionalspezifische Anträge meiner Partei im deutschen Bundestag aber v.a. auch durch meine schon derzeitige Arbeit als Kreistagsabgeordneter im Landkreis OVP!
webMoritz: Wie sieht ihr Wahlkampf aus?
Christian Bartelt: Recht stressig! Als werktätiger Familienvater bleibt mir v.a. meine Freizeit um Fragen wie diese zu beantworten, Wahlkampfständen beizuwohnen oder an Podiumsdiskussionen teilzunehmen. Da ich nicht wie viele andere Kandidaten zu den Berufspolitikern gehöre, werde ich in den nächsten Wochen also auch nicht auf allen „Hochzeiten“ tanzen und zum Händeschütteln und Schultern klopfen antreten!
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von Gabriel Kords | 13.09.2009
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag und ehemalige Verbraucherschutzministerin Renate Künast wird am morgigen Montag nach Greifswald kommen. Zusammen mit dem Bundestagsabgeordneten Dr. Harald Terpe und der Wahlkreis-Direktkandidatin Anne Klatt wird sie im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung in der Innenstadt rote Karten verteilen.
Renate Künast war bis 2005 Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (2006)
Der Hintergrund der Aktion ist Protest gegen „Milch zum Dumpingpreis“, gegen den die roten Karten verteilt werden soll. Die Veranstaltung, deren Ort lediglich mit „in der Innenstadt“ angegeben wurde, findet zwischen 16:30 und 18 Uhr statt. Die drei prominenten Grünen werden neben weiteren Parteimitgliedern noch von Kuh-Attrapen unterstützt, heißt es in ihrer Pressemitteilung.
Derzeit betreiben die Grünen in Greifswald den ereignisreichsten Wahlkampf für die Bundestagswahl. Neben der in den letzten Wochen stetig gestiegenen Anzahl neuer Beiträge in ihrem Blog hatte die Direktkanidatin Anne Klatt am Wochenende eine „24-Stunden-Sitzung“ im Stadtteil Schönwalde abgehalten. Da webMoritz.de bei der Wahlkampfveranstaltung nicht zugegen war, können wir für Berichte und Fotos nur auf die Berichterstattung der Wahlkämpfer verweisen.
Bilder: user „Eilmeldung“ via Wikimedia
von Carsten Schönebeck | 13.09.2009
Am vergangenen Donnerstag fand im Hörssal 5 des Auditorium Maximum eine Podiumsdiskussion zum Thema Grundeinkommen statt. In einer etwas improvisiert wirkenden Runde diskutierten Susanne Wiest (Bundestagsdirektkandidatin Grundeinkommen), Peter Ritter (Landesvorsitzender und Direktkandidat von „Die Linke“), Marcus Unbenannt (stellv. Kreisvorsitzender SPD Greifswald), Anne Klatt (Direktkandidatin Bündnis 90/Die Grünen), Tristan Varbelow (Kreisvorsitzender Piratenpartei) und Sebastian Jabbusch (Piratenpartei und Moderation).
Im Vorfeld hatte es um die Veranstaltung einige Unruhe gegeben, denn die Organisatoren waren tatkräftig von AStA-Referent Sven Zeitler (Politische Bildung) unterstützt worden, der Allgemeine Studierendenausschuss auch zunächst als Veranstalter genannt worden.
Kurz vor dem Verteilen entsprechender Flyer verkündete die AStA-Vorsitzende Solvejg Jenssen dann, dass der AStA nicht Mitveranstalter sei, Sven lediglich als Privatperson mit organisiere. Eine politische Diskussionsrunde, noch dazu eher einseitig besetzt, kurz vor den Bundestagswahlen sah sie als offizielle Veranstaltung der Studierendenvertretung ungeeignet. Die Flyer wurden wieder eingestampft, der durch den AStA organisierte Raum (der anders wohl kaum zu bekommen gewesen wäre) allerdings dennoch genutzt.
Zur allgemeinen Information wurde direkt vor der eigentlichen Diskussionsrunde der Film „Grundeinkommen“ von Daniel Häni (Unternehmer, „Kulturraumschaffender“) und Enno Schmidt (Institut für neue Medien) gezeigt.
Der Beitrag sollte die gut 25 Anwesenden in das Thema einführen und eine Diskussionsgrundlage schaffen. Der gut anderthalbstündige Film wurde jedoch im Nachhinein von Kritikern des Grundeinkommens als „pure Propaganda“ bezeichnet.
v.l.n.r.: Peter Ritter, Marcus Unbenannt, Sebastian Jabbusch, Tristan Varbelow, Anne Klatt
Nach einer kurzen Pause begann das eigentliche Gespräch, das sehr bewusst unter starker Einbeziehung des Publikums stattfand. Mangels eines Moderators wurde Sebastian Jabbusch wenige Minuten vorher zur Übernahme dieses Parts gedrängt, das tat der Diskussion nicht immer gut. Insgesamt wirkte die Gesprächsrunde unvorbereitet und fahrig. Die Zusammensetzung des Podiums führte zudem zu einer gewissen Einseitigkeit. FDP- und CDU-Vertreter waren der Debatte von vornherein fern geblieben.
Peter Ritter (Die Linke) zog einen Vergleich zum Grundsicherungskonzept der Linken, dass ein erster Schritt in Richtung Grundeinkommen sein könne, eine abschließende Meinung zu dem Konzept habe er sich jedoch nicht gebildet. Nach dem er vorsichtig einige Kritikpunkte geäußert hatte, zog er sich bald weit aus der Diskussion zurück, wohlmerkend, dass er als langjähriger Landtagsabgeordneter und Landesvorsitzender die jugendlich-idealistische Runde ein wenig zu sprengen drohte.
So blieb Marcus Unbenannt (SPD) der einzige auf dem Podium, der die Idee stark kritisierte – sehr zum Missfallen vieler Anwesender. Er wurde mit seinen Anmerkungen oftmals abgewürgt. Als er eine stark vereinfachte Modelrechnung zur Finanzierung aufstellen wollte, störten Publikum, Diskutanten und der Moderator (sic!) seine Ausführungen durch Zwischenrufe und brachten den unbequemen Kritiker damit (zumindest kurzfristig) zum Schweigen.
Eher unauffällig in der Diskussion blieben Anne Klatt und Tristan Varbelow, die verschiedene Vorzüge des Konzepts erläuterten, eine eindeutige Positionierung aber vermieden. So tauschte man im Laufe des Abends vor allem Pro-Argumente aus. Die Angriffs- und damit Knackpunkte wurden dagegen schnell abgetan. Über die Finanzierung beispielsweise müsse man sich unterhalten, wenn grundsätzlich geklärt sei, ob man ein bedingungsloses Grundeinkommen wolle, so Susanne Wiest. Das auf einer Konsumsteuer basierende Konzept ihrer populär gewordenen Online-Petition, führte sie selber ad absurdum, in dem sie erklärte, kein wirkliches Modell für das Grundeinkommen zu haben, sondern lediglich die Idee anstoßen zu wollen. Auch gesamtwirtschaftliche Auswirkungen des Modells wurden nicht näher diskutiert. Nach knapp zwei Stunden beendete der Moderator eine oftmals einseitig und fahrig organisiert wirkende Veranstaltung.
Bildquellen
Foto – Carsten Schönebeck
Bild Startseite – southtyrolean via flickr