„Wachstum. Bildung. Zusammenhalt“ – mit diesen Worten ist der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung überschrieben. Der webMoritz hat zum Thema Bildung genauer hin geschaut und verrät euch, was CDU/CSU und FDP den Studenten versprechen.
Studienfinanzierung
Ein nationales Stipendienprogramm soll den Anteil der Studenten, die ein Stipendium erhalten, von derzeit zwei Prozent auf zehn Prozent anheben. Die Förderung soll nach Begabung und einkommensunabhängig vergeben werden. Universitäten und Fachhochschulen sollen bei Unternehmen und Privaten um Stipendien werben. Diese sollen in Höhe von 300 Euro von der BAföG-Anrechnung freigestellt werden und zur Hälfte einen öffentlichen Zuschuss erhalten. Die Kosten sollen zu je 50 Prozent von Bund und Ländern übernommen werden.
Zukünftig soll das Büchergeld der Begabtenförderungswerke von 80 Euro auf 300 Euro steigen. Es bleibt vom BAföG befreit. Dieses will die neue Regierung weiterentwickeln, außerdem Aufstiegsstipendien ausbauen und Bildungskredite, die über das 30. Lebensjahr hinaus gehen sichern. Über die Studienfinanzierung und Studienmöglichkeiten soll bereits in der Schule aufgeklärt werden.
Bologna-Prozess und Qualität des Studiums
Im Koalitionsvertrag heißt es, der Bologna-Prozess solle evaluiert werden, damit ggf. notwendige Anpassungen zum Wohl der Studierenden vorgenommen werden können. Um das zu erreichen will der Bund gemeinsam mit den Länder und den Hochschulen ein „Bologna- Qualitäts- und Mobilitätspacket“ entwickeln. Um die Qualität des Studiums zu erhöhen sollen Studieninhalte weiterentwickelt werden. Außerdem sollen die Lehre sowie die Betreuung und die Studienberatung verbessert werden. Studienleistungen sollen national und international stärker anerkannt werden, womit sich auch die Mobilität der Studierenden vereinfachen soll.
Die Studienanfängerquote soll gesteigert werden und mehr Studierende sollen ein angefangenes Studium erfolgreich beenden. Um die Quote der Studienanfänger langfristig zu erhöhen, wird jedes neugeborene Kind in Deutschland ein sogenanntes Zukunfstkonto mit einem Startguthaben von 150 Euro erhalten. Einzahlungen auf das Konto sollen mit einer Prämie unterstützt werden. Außerdem soll die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) zusammen mit den Ländern zu einer leistungsstarken Servicegesellschaft umgewandelt werden.
Bildung, Wissenschaft und Forschung
Bis zum Jahre 2013 sollen die Ausgaben des Bundes für Bildung um zwölf Milliarden Euro steigen. Insgesamt sollen zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Bildung und Forschung investiert werden. Bisher belaufen sich die öffentlichen und privaten Ausgaben auf 8,8 Prozent.
Die Freiheit der Lehre und die Autonomie der Hochschulen will die neue Regierung stärken, indem sie das Hochschulrahmengesetz (HRG) aufhebt. Dies hatte sich bereits die große Koalition aus CDU/CSU und SPD vorgenommen, konnte es bis zum Ende ihrer Legislaturperiode jedoch nicht umsetzen.
Um zukünftig hochqualifizierte Experten aus Wissenschaft und Forschung in Deutschland zu halten und nach Deutschland zu locken, prüft die Regierung Möglichkeiten zur außertariflichen Vergütung und Tarifhoheit für Forschungsorganisationen.
Dem wissenschaftlichen Nachwuchs verspricht die neue Regierung, sich für mehr Durchlässigkeit in den Karrieremöglichkeiten in Wissenschaft und Wirtschaft einzusetzen.
Neben weiteren Vorhaben, Vorgaben und Grundsätzen die ein Koalitionsvertrag üblicherweise enthält, erwähnt die schwarz-gelbe Regierung explizit, dass sie die Geistes- und Sozialwissenschaften stärken wolle, da sie von großer Bedeutung für unser kulturelles Gedächtnis und die Gestaltung unserer Zukunft seien.
Update – 5. November, 19:20
Am Mittwoch erreichte uns eine Pressemitteilung des Greifswalder Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) zu den hochschulpolitischen Zielen des Koalitionsvertrags. Darin begrüßt der RCDS ausdrücklich, dass viele der eigenen Ziele Einzug in den Vertrag zwischen den Unionsparteien und der FDP gefunden haben. „Ich bedanke mich bei unserem Bundesvorstand für seine kontinuierliche Arbeit, die zu diesen Erfolgen geführt hat. Der RCDS hat mit seinen bundesweit über 10.000 Mitgliedern einmal mehr seine Durchsetzungsfähigkeit gezeigt“, erklärt Ivo Sieder, Vorsitzende der Greifswalder Ortsgruppe.
Zusätzlich zur Umsetzung dieser Vorhaben müssten jetzt auch auf Landesebene die Weichen für die Bildungsrepublik gestellt werden. „Im Gleichklang mit dem Bund sollte auch Mecklenburg-Vorpommern seine Bildungsausgaben insgesamt erhöhen und nicht Gelder von den Universitäten zu den Fachhochschulen umschichten. In die Evaluierung des Bologna-Prozesses sollten sich das Land und seine Hochschulen konstruktiv einbringen und die Freiräume durch den Wegfall des Hochschulrahmengesetzes nutzen.“, so Ivo Sieder.
Bilder:
Grafik – albiedo via Flickr
Foto Ivo Sieder – webMoritz-Archiv
Zum Thema Schwarz-Gelb gibt mehr Geld für Bildung aus empfehle ich mal folgenden Link:
http://bit.ly/UtVqg
Die versprochenen Mehrausgaben werden wohl eher ein Rechenspielchen werden als das da tatsächlich bei irgendeiner Uni mehr Geld ankommen wird.
Das eigentliche Problem der deutschen Bildungspolitik ist doch der Bildungsföderalismus, der Deutschland zu einem bildungspolitischen Flickenteppich macht.
Die Zuständigkeit für Schul- und Hochschulpolitik muss (wie es z.B. in der DDR war) auf Bundesebene angesiedelt und verantwortet werden, damit Schulabschlüsse vergleichbar sind und sich Bund und Länder nicht permanent gegenseitig bremsen. Die Zukunft unseres gesamten Landes hängt so sehr von der Bildung ab, dass dies eine nationale Aufgabe werden sollte.
Bloß nicht! Sonst haetten wir bundesweit Studiengebühren!
Zum Glück regiert die SPD, so wenig ich sie auch mag, noch in ein paar Länder und verhindert das.
Naja, in Niedersachsen war es die SPD, die Studiengebühren einführte. 🙁
Gegen Studiengebühren helfen nur eine starke studentische und gewerkschaftliche Protestbewegung sowie eine starke Linkspartei im Parlament.
Also: Unterstützt den Bildungsstreik und solidarisiert euch mit den StudentInnen, die sich im Streik befinden. Derzeit gibt es z.B. an einigen deutschen Hochschulen Solidaritätsaktionen mit den österreichischen Studierenden, welche seit kurzem fast alle österreichischen Hochschulen besetzt halten. Wie schon Bertolt Brecht im Solidaritätslied schrieb: "Wer im Stich läßt seinesgleichen, läßt ja nur sich selbst im Stich."
das ist falsch. in niedersachsen wurde 2005 beschlossen, dass studiengebühren eingeführt werden sollen (seit dem ws 2006 gibt es studiengebühren) und seit 2003 ist die cdu an der macht.
richtig wäre, dass studiengebühren für langzeitstudenten schon früher eingeführt worden sind ( ab dem 5. Semester über der Regelstudienzeit).
Der wenig ruhmreiche Titel, Studiengebühren in Niedersachsen eingeführt zu haben, gebührt leider der SPD. Die Langzeitstudiengebühren der SPD (Oppermann) haben den Weg für die allgemeinen Studiengebühren erst geebnet. Vorangegangen war den Langzeitstudiengebühren übrigens die Einführung von Studiengebühren für ältere Menschen (Studieren im Alter), also die Salami wurde schon früher von der SPD angeschnitten.
Erwähnt werden sollte auch noch, daß 2003 eine Einführung von allgemeinen Studiengebühren auch noch gar nicht so problemlos möglich gewesen wäre. Erst am 26. 01.2005 hatte das Bundesverfassungsgericht das bundesweite Verbot von Studiengebühren für verfassungswidrig erklärt und damit der Einführung und dem Run von Studiengebühren in den Ländern die Tür geöffnet.
Mehr zur Geschichte der Studiengebühreneinführung in Niedersachsen findet mensch z.B. beim Basisdemokratischen Bündnis (Basisgruppen und linke Fachschaften) der Uni Göttingen: http://www.bb-goettingen.de/977
eine starke Linkspartei im Parlament sorgt vor allem dafür, dass die Geschäfte leer, die Arbeitsplätze unterbezahlt und unproduktiv, die Freiheitsrechte des Bürgers eingeschränkt, und die "Panzer für den Frieden" wieder aus der Mottenkiste der Geschichte geholt werden und wir am Ende alle arm sind. Erspar uns bitte deine linksradikale Propaganda — wir leben im 21. Jahrhundert und die Probleme von heute lassen sich nicht mit Marx und Engels lösen!
Im Gegensatz zur neuen Bundesregierung hat sich die Linkspartei seit Jahren für einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn eingesetzt, um die von Dir benannten unterbezahlten Arbeitsplätze und Lohndumping zu bekämpfen.
"Panzer für den Frieden" ist ja wohl eher eine euphemistische Bezeichnung für das Besatzungsregime der Bundeswehr in Afghanistan.
Ohne eine starke Linke, die zumindest ein Stück weit die Grünen und die SPD sowie die CDU zu sozialerer Politik vorantreiben kann, sähe es wirklich düster aus für die Belange der sozial schlechter Gestellten dieser Gesellschaft.
kein einziger Arbeiter oder Bauer hatte etwas davon, dass der Arzt und der Ingenieur nun genau so arm waren wie er und die Planwirtschaft war unproduktiv, die Arbeiter und Bauern im Arbeiter- und Bauernstaat waren unterdrückt und unterbezahlt
Jaja, die armen unterdrückten Bauern und Arbeiter in der DDR …
Ist Dir schon mal aufgefallen, daß dieser Artikel von der schwarz-gelben Regierungskoalition im Bund handelt?
vielleicht hätten wir dann bundesweite Studiengebühren, vielleicht aber auch nicht — das weiss keiner, und viele Leute finden Studiengebühren GUT
auf jeden Fall wäre ein nationales Schul- und Hochschulsystem, das durch den Bund gesteuert und finanziert wird eine Chance zu mehr Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse und -arten und vor allem würden gute Unis in armen Ländern und in reichen Ländern gleich viel Geld bekommen statt wie bisher immer am unterschiedlich ausgestatteten Landestropf zu hängen. Davon würde Greifswald als in vielen Bereichen exzellente Universität profitieren.
Die Entscheidung Studiengebühren ja oder nein kann ja weiterhin Ländersache bleiben. Aber einheitliche Regelungen bezüglich des Studiums und ein einheitliches Zentralabitur wäre ein wirklicher Fortschritt in unserem Bildungssystem.
Der schöne Slogan "Wir brauchen mehr Wettbewerb im Bildungssystem" ist sozial nicht vertretbar. Denn durch diesen propagierten und von der Bundesregierung geförderten Wettbewerb sind reiche Bundesländer wie Baden-Württemberg und Bayern aufgrund größeren Ländereinnahmen bereits gegenüber ärmeren und wirtschaftlich schwächeren Ländern wie MV, SH und Brandenburg deutlich bevorteilt.
Demzufolge sind die Voraussetzungen für "Wettbewerb" im Bildungssystem schon mal gar nicht gerecht verteilt, woraus auch resultiert, dass ein gerechter Wettbewerb im Sinne des Liberalismus gar nicht praktiziert wird.
Um einen gewünschten gerechten Wettbewerb durchführen zu können, muss deshalb der Staat den Ländern Zuschüsse (und zwar den Verhältnissen entsprechend gerecht verteilt) geben, die dann wiederum selbst entscheiden können sollen, wo das Geld in der Bildung angelegt wird.
das sehe ich genauso. ich finde aber nicht, dass der Bund Zuschüsse an die Länder verteilen sollte, sondern dass er die Steuerung und Finanzierung der Mammutaufgabe Bildung (mit Ausnahme vorschulischer Betreuung) selbst übernimmt
wenn dann alle am richtigen Platz auf der Startlinie stehen und alle die richtigen Rennklamotten anhaben — dann beginnt der faire Wettbewerb um den ersten Platz
Ivo Sieder hat gezeigt, dass der lokale RCDS weiter hinterherhechelt. Ivo Sieder hat gezeigt, dass er sich darüber freut, dass christliche Politik die Geschicke der nächsten Jahre bestimmt. Wer kein Christ ist, muss mindestens die Politik der christlich-konservativen Regierung in Frage stellen.