Die Greifswalder CDU sieht sich nicht zum ersten Mal mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert. Der Greifswalder Norbert Kühl, derzeit Kreistags-Kandidat für die „Freien Wähler“ in Ostvorpommern, hat gegenüber der Ostsee-Zeitung behauptet, die CDU betreibe Mauschelei mit Spendengeldern.
Er habe 2001 zur Unterstützung des Wahlkampfs von Arthur König an die CDU spenden wollen, sagte Kühl der OZ. Die CDU habe als Vorgehensweise vorgeschlagen, er solle die an ihn gestellte Rechnung einer Grafikerin bezahlen, worauf sich Kühl auch einließ. Er behauptet, für die Rechnung sei nie eine Gegenleistung erfolgt. Zudem sei die Grafikerin später Mitarbeiterin von Bürgerschaftspräsident und MdL Egbert Liskow geworden. Die genauen Vorwürfe Kühls kann man bei der Ostsee-Zeitung, die als erste über die Vorgänge berichtete und inzwischen auch bei einigen anderen Medien nachlesen.
Die CDU brauchte ziemlich lang für eine Reaktion. Die erste, die der webMoritz direkt erhielt, war eine kurze Stellungnahme von Franz-Robert Liskow, Bürgerschaftskandidat der CDU und Egbert Liskows Sohn, die er auf der gestrigen Podiumsdiskussion anlässlich der Kommunalwahlen abgab. Dabei sagte er, dass zurzeit rechtliche Schritte gegen die Ostsee-Zeitung geprüft würden, weil die Darstellung falsch und verläumderisch sei.
Nur ein Wahlkampfmannöver der Freien Wähler?
Das offizielle Statement der CDU, das uns nicht direkt zugegangen ist, ist da noch deutlich ausführlicher. Die CDU teilte gestern Abend – schon nach Redaktionsschluss bei den Tageszeitungen – in einem langen Schreiben an die Presse mit, dass die Darstellung von Kühl falsch sei. Egbert Liskow (Kreisvorsitzender) stellt hingegen richtig:
„Richtig ist dagegen, dass Herr Kühl im Jahr 2001 eine Spende an die Greifswalder CDU geleistet hat, die ordnungsgemäß im Rechenschaftsbericht der CDU erfasst wurde. Frau Rexin (die Grafikerin, Anm. d. Red) ist damals – ohne selbst Mitglied der CDU gewesen zu sein – allein aufgrund ihrer fachlichen Kompetenzen durch den damaligen Kreisvorstand mit der Gestaltung und der Umsetzung von Webemaßnahmen beauftragt worden. Es ist nicht bekannt, dass Frau Rexin zu irgendeinem Zeitpunkt Rechnungen gegenüber Dritten gelegt hätte, die sich auf Wahlkampfausgaben der CDU Greifswald bezogen haben.“
Liskow führt außerdem aus, es habe überdies eine Zahlung von Kühl an die Grafikerin gegeben, die aber in keinem Bezug zur CDU gestanden habe. Er nennt Kühls Anschuldigungen daher einen „politischen Schachzug mit Blick auf die kommende Bürgerschaftswahl“. Außerdem bemängelt er, dass die Ostsee-Zeitung keine Rücksprache mit der Grafikerin gehalten habe und außerdem die unbewiesene Behauptung Kühls „als feststehende Tatsache“ dargestellt habe. Liskow weist abschließend darauf hin, die Grafikerin sei seit Anfang 2006 bei ihm im Wahlkreisbüro in Teilzeit beschäftigt und erst seit Dezember 2006 Mitglied der CDU.
Die Grafikerin, Katrin Rexin, hat gegenüber der Presse ebenfalls eine längere Erklärung abgegeben, deren Kern die folgende Aussage ist:
„Die Behauptungen des Herrn Kühn sind unrichtig und frei erfunden. Die von der Ostseezeitung behaupteten Zusammenhänge bestehen nicht und wurden insbesondere in zeitlicher Hinsicht falsch dargestellt.“
Die übrigen Ausführungen aus der Erklärung stammen von der altbekannten Kanzlei Hardtke, Svensson und Partner, die Katrin Rexin offenbar mit Ihrer Vertretung beauftragt hat.
Interessant ist an der Erklärung von Katrin Rexin zweierlei: Erstens ist der Name Kühls offensichtlich falsch geschrieben (im weiteren Schreiben aber nicht) und zweitens bleibt unklar, wie man Zusammenhänge, die nicht bestehen, in zeitlicher Hinsicht falsch darstellen kann.
Rechtsanwalt Hardtke stellt am Schluss der Erklärung im Namen von Rexin klar:
„Wir werden für unsere Mandantin sowohl Herrn Kühl, als auch die Ostseezeitung unter Androhung rechtlicher Konsequenzen zu einer Richtigstellung der unwahren Behauptungen und Darstellung von angeblichen Zusammenhängen sowie einer persönlichen Entschuldigung auffordern.“
Als Dritter im Bunde gab auch Oberbürgermeister Arthur König (CDU) eine Erklärung heraus. Er tut kund, nichts von den Vorgängen zu wissen. Außerdem teilt er mit:
„Ergänzend zu den Darstellungen in der Ostseezeitung weise ich darauf hin, dass die Behauptung, ich sei „einem Verfahren wegen Steuerhinterziehung“ nur deshalb entgangen, weil ich die Sachspende von Herrn Schelsky nachgemeldet hätte, unrichtig ist. Richtig ist vielmehr und wurde von mir auch seinerzeit mitgeteilt, dass diese Sachspende nicht steuerpflichtig gewesen ist, eine Strafbarkeit also zu keinem Zeitpunkt im Raum gestanden hat.
Unrichtig ist auch die Behauptung, dass die „Straffreiheit endet“, wenn neue „Zahlungen auftauchen“.
Richtig ist vielmehr, dass die Straftlosigkeit der damaligen Sachspende des Herrn Schelsky keinerlei Zusammenhänge mit den Behauptungen des Herrn Kühl hätte, selbst wenn diese zutreffend wären.“
Die Affäre dürfte die Greifswalder Öffentlichkeit kurz vor den Kommunalwahlen noch für eine Weile beschäftigen. Die SPD hat jedenfalls inzwischen lautstark gefordert, die CDU müsse die Vorgänge aufklären. Dieses „Interesse einer lückenlosen Aufklärung“ ist laut Egbert Liskow auch bei der CDU vorhanden.
Fotos: Frederike Kühnel
Hat sich eigentlich schon mal jemand bei der Staatsanwaltschaft Stralsund erkundigt, ob dort ein Verfahren eröffnet wurde? Zumindest Herr Kühl hat ja offenbar die Verbuchung einer fingierten Rechnung gestanden.
Wie soll das denn gehen? Kann doch nicht einfach jeder da anrufen und sagen: "Hallo, ich bin Herr XYZ vom WebMoritz, haben Sie eigentlich schon Ermittlungen gegen die Greifswalder CDU aufgenommen" Als ob die einem da was sagen würden.
Mal schauen, was die Steuerfahndung so alles ans Licht bringt. 😉
Vielleicht wurde das mutmaßliche Schwarzgeld auch gar nicht für den direkten CDU-Wahlkampf genutzt:
http://www.cdu-greifswald.de/aktuelles/news-detai… 🙂
Interessant übrigens, daß die besagte Presseerklärung bisher nicht auf der Homepage der CDU Greifswald zu finden ist.
Hmm – die Sache ist alles in allem schon sehr merkwürdig. Ich finde die Argumente der CDU nicht restlos unhaltbar. Die Aussagen der Ostsee-Zeitung scheinen sich offenbar nur auf eine einzige Quelle zu beschränken und die wiederum ist aktiv im Wahlkampf mit der CDU…
Vielleicht wollte sich die Greifswalder OZ aus dem Vorurteil befreien immer nur für die CDU zu sein? Und bei diesem Versuch hat sie sich dann heillos verrannt? Wobei man nicht zu früh urteilen sollte – vielleicht kommt ja noch was von der OZ?
Schade auf jeden Fall, dass die OZ diesen Stil nicht drauf hatte als es wirklich Skandale aufzudecken gab, Stichwort "WVG", "Schelsky" oder "Stadion-Zaun" etc.
(Eigentlich als Antwort auf Sebastians Post geschrieben, aber die Antwortfunktion streikt.)
Tja, ich bin mir auch nicht im mindesten sicher, ob die CDU hier wirklich die Böse ist oder ob diese Rolle doch eher Herr Kühl innehat.
So ist ja auch der Artikel zu verstehen – hoffe ich jedenfalls 😉
Die einzige in der ganzen Geschichte, die offenbar mal wieder gestümpert hat, scheint mir derzeit die OZ zu sein…
@ ret marut
Wir haben die Pressemeldung auch nicht bekommen, aber ein aufmerksamer Kollege war so nett, uns eine Kopie zuzuspielen…
Sorry fürs Rumspammen, aaaaaaaaaaaber:
Wenn ich das richtig sehe, geht die OZ in ihrer heutigen Ausgabe mit keinem Wort auf die Stellungnahmen Liskows, Königs und Rexins ein. Irre.
Stimmt – das ist wohl ein 100-prozentiger Turnaround der OZ…
Ich habe übrigens von einigen Leuten gehört (die ich hier nicht nennen will, ich aber für glaubwürdig halte), dass sie die Storry des Herrn Kühl für sehr glaubwürdig halten. Es sei das "System des Herrn Liskow" und des Herrn Bauer so Spenden für die CDU zu aktivieren.
Der Vorteil: Spendengelder erscheinen so nicht in den Kassenbüchern der CDU. "Man sieht nichts, man riecht nichts…" Korruption ist so nicht nachweisbar…
Trotzdem bekommen die geheimen Geldgeber der CDU bei der nächsten Vergabe von Aufträgen oder bei der Kaufgenehmigung für Immobilien natürlich ein gewisses "Entgegenkommen"… z.B. in der Verwaltung oder in der Bürgerschaft…
Es wäre nicht das erste mal, dass das so passiert. Adam hat z.B. von Schesky auch sämtliche Wahlkämpfe direkt finanzieren lassen, ohne das das Geld von Schelsky je auf Adams Konto aufgetaucht wäre… Und auch König hatte ja schon mal von Schelsky Geld bekommen… Mehr Infos zu dem Thema::
http://www.webmoritz.de/2008/08/26/schelsky-geld-…
Sie haben also etwas von für Sie glaubwürdigen Leuten gehört, die etwas für glaubwürdig halten …
Und das geben Sie nun an Leser weiter, für die Sie als glaubwürdig gelten. Na wenn das kein Beleg ist für Gläubige.
Gruß Jason
Es tut mir ja Leid für Sie Jason aber Herr Jabbusch hat absolut Recht mit dem was er schreibt. Es liegt 100% ig KEINE Strafanzeige gegen Herrn Kühl vor! Auch ich habe einige Quellen, die die Aussagen des Herrn Jabbusch bestätigen. Es gibt so einige Leute (selbst in den Reihen der CDU) die das Geschehene begrüssen, weil Sie selbst wissen, was hinter den Kulissen läuft. So sieht es leider aus und es lässt sich auch nicht schön reden. Also träumen Sie weiter oder machen Sie die Augen endlich auf!
Mfg
Es ist schon erstaunlich, was Sie alles in meinen Zeilen entdecken.
Gruß Jason