Seit dem 2. Mai erklingen neue Töne in Greifswald: Die Töne des Nordischen Klangs. Und auch das traditionelle Tresenlesen im Café Koeppen stand am vergangenen Montag im Zeichen des Festivals.
So lasen Marta Dittrich, Grian Duesberg und Sabine Kotzur, Schauspieler am Theater Vorpomern, amüsante Anekdoten des norwegischen Schriftstellers Knut Hamsun.
Einer der etwa 50 neugierigen Gäste war Lehramtsstudent Michael Wellner: „Die Lesung ist dieses Jahr die erste Veranstaltung, die ich im Rahmen des Nordischen Klangs besuche.“ Gespannt lauschte er den vier Erzählungen. Sie handelten von einer ganz gewöhnlichen Fliege mittlerer Größe, einem Frauensieg und einer seltsamen Spazierfahrt mit einem schwarzäugigen Mann. Dabei stehen sie nicht in der bekannten melancholischen Tradition Hamsuns, sondern sind durchaus humorvoll und grotesk. Besonders die Geschichte der gewöhnlichen Fliege brachte das Publikum zum Lachen. Zuvor warteten die Gäste gespannt auf diese Erzählung, die mehrmals – inszeniert – abgebrochen wurde. „Gut gefiel mir die Art und Weise, wie die Schauspieler gelesen haben“, sagte Michael beeindruckt.
Die Schauplätze der Geschichten befanden sich fast ausschließlich in Skandinavien. Hamsun, eigentlich Knud Petersen, wurde 1859 in Norwegen geboren. In seinen Erzählungen verwendet er eine bildhafte Sprache, die teilweise abstrus anmutet und mit plötzlichen Wendungen überrascht. Der Vergleich mit Kafka ist da schnell gezogen. Hamsun ist jedoch ein umstrittener Zeitgenosse: Seine Bewunderung für Deutschland im1.Weltkrieg und ein Treffen mit Hitler werden nach wie vor diskutiert. Als Literat ist er dennoch anerkannt, 1920 erhielt er für „Segen der Erde“ den Literaturnobelpreis.
Insgesamt zeigten die ausgewählten Erzählungen der Jahre 1903 bis 1905 die Bandbreite des literarischen Schaffens Hamsuns, welcher einen Lektürehinweis zum Verständnis seiner Texte hinterließ: „Man muss nicht bloß die offensichtliche, sondern auch die geheime Macht des Wortes kennen und erkennen.“ Michael Wellner war mit der Lesung zufrieden und wird wahrscheinlich noch weitere Veranstaltungen des Nordischen Klangs besuchen.
Foto: Christine Fratzke