In den letzten Tagen wurden die Greifswalder wieder einmal Zeugen einer besonders hübschen Provinzposse. Ausgegangen war das ganze von der Usedomer Eisenbahngesellschaft (UEG), die ab dem 1. Mai den Eisenbahnanschluss Greifswald-Ladebow mit Güterzügen betreiben soll, sofern es Interessenten dafür gibt. Die Strecke verbindet die Hauptbahnstrecke Stralsund-Angermünde-Berlin mit dem Ladebower Hafen. Der Güterzugverkehr war vor einigen Jahren stillgelegt worden, derzeit ist die Strecke nicht befahrbar. Das liegt zum einen an einer baufälligen Brücke über den Ryck am Hafen und zum anderen an kleineren Mängeln, die bei einer Vermessung der Schienen festgestellt wurden.

ferkeltaxe-250

Wäre vielleicht nach Ladebow gependelt: "Ferkeltaxe" aus DDR-Produktion (im Bild auf Usedom)

Die Usedomer Eisenbahngesellschaft wollte trotz dieser Schwierigkeiten und auf eigene Kosten ab dem 1. Mai einen touristischen Personenzugbetrieb zwischen dem Greifswalder Hafen und Ladebow einrichten. Das verkündet sie derzeit auch noch auf ihrer Homepage. Wegen der baufälligen Brücke wären die Schienenfahrzeuge dafür mit dem Tieflader über die Straße angeliefert worden. Die Stadtverwaltung hat nun aber in der OZ verlauten lassen, dass auch andere Mängel, nämlich Probleme an den Schienen auf der Strecke, nicht behoben wurden. Das wiederum, ließ Gerald Sachs von der UEG vernehmen, sei anders abgesprochen gewesen. Die Stadt habe die Mängel bis zum 1.5. beseitigen lassen wollen.

Nun wird es also voraussichtlich nichts mit dem Pendelverkehr. Geplant war der Einsatz eines historischen Triebwagens oder ähnlichen Wagenmaterials an bestimmten Daten (Wochenenden und Feiertagen). Wie Gerald Sachs gegenüber dem webMoritz sagte, waren auch schon Werbematerialien für den Zugververkehr vorbereitet worden. Über Fahrpreise konnte er uns allerdings noch nicht sagen.

Zwischen Greifswald und Ladebow hat es nie einen Personenzugverkehr gegeben. Auf der etwa 4km Strecke würde das aus wirtschaftlichen Gründen auch wenig Sinn machen, weil die Strecke direkt in den Ladebower Hafen führt. Lediglich zum Fischerfest hatte es 1990 einen Pendelzugverkehr ähnlich dem jetzt geplanten gegeben. Damals fuhren die Züge allerdings vom Greifswalder Bahnhof aus. Das war nach Angaben von Gerald Sachs auch für den neuen Pendelverkehr geplant, sobald die Brücke über den Ryck fertig saniert gewesen wäre. Die Sanierung soll in den nächsten Monaten mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket I erfolgen.


Größere Kartenansicht Nicht besonders hübsch: Der Endpunkt der Strecke in Ladebow würde sicher nur den wenigsten Touristen gefallen.

Kommentar von Gabriel Kords:

Wie soll man mit der Ankündigung der UEG umgehen? Soll man sie verspotten? Das haben die Grünen schon zur Genüge und in ziemlich unangemessener Form getan. Soll man die Pläne stattdessen gutheißen? Etwas absurd wirkt es nämlich in der Tat, vom Greifswalder Museumshafen ins wirklich nicht besonders schöne Ladebow zu tuckern, um dann von dort schnurstracks wieder zurückzufahren. Alternativ könnten die potentiellen touristischen Fahrgäste auch nach Wieck schlendern – ein Weg allerdings, der auf den ersten Metern ziemlich hässlich ist und erst nach und nach schön wird. Trotz dieser Einwände: Der Stadt hätte der Pendelverkehr gewiss nicht geschadet, und Privatleuten vermutlich auch nicht. Insofern wäre es – sinnvoll hin oder her – eine nette Erweiterung des eher dünnen touristischen Angebots in der Hansestadt gewesen. Und mit einer Verlängerung der Fahrtstrecke bis zum Bahnhof wäre das Ganze dann in der Tat vielleicht eine nette Sache geworden.

Wirklich sinnvoll wäre hingegen die touristische Reaktivierung der anderen Bahnstrecke, die in Greifswald beginnt: Nach Lubmin könnte man durchaus auch einen touristischen Verkehr in Betracht ziehen, der die Greifswalder einerseits zum Strand von Lubmin und andererseits zum technischen Denkmal des Kernkraftwerks gebracht hätte. Morgens hin, abends zurück – bei schönem Wetter durchaus attraktiv.

Schade ist auf jeden Fall, dass alle Bahn-Pläne mal wieder an einer starren Haltung der Stadt gescheitert sind, was möglicherweise sogar daran liegt, dass Zusagen nicht eingehalten wurden, die der UEG gegeben wurden. Das zumindest behauptet deren Geschäftsführer Gerald Sachs. Wenn eine solche Haltung aber die dringend nötige touristische Aufwertung Greifswalds verhindert, obwohl der Stadt dadurch keine Kosten entständen, schießt die Stadt ein Eigentor. Insofern wäre es löblich, wenn sich für den Pendelverkehr doch noch eine Lösung finden lassen würde.

Foto: Joachim Müllerchen via wikimedia