Bei ihrer diesjährigen Mitgliederversammlung in Bonn hat die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) jüngst zum wiederholten Mal die Chance verpasst, an der schlechten Lage bei der Studienplatzvergabe etwas zu ändern. Stattdessen geben die Rektoren der ZVS die Schuld.

Seit die ZVS 2006 als bundesweite Studienplatz-Vergabestelle auf lediglich sechs Fächer (Biologie, Medizin, Pharmazie, Psychologie, Tiermedizin, Zahnmedizin)  zurückgestutzt wurde, vergeben die Hochschulen die Plätze in allen anderen Fächern selbst. Die Zulassung für viele dieser Studiengänge ist seitdem chaotisch.

hrk_logoEin Studienbewerber muss sich derzeit faktisch an allen in Frage kommenden Hochschulen einzeln bewerben.  Erhält er dann mehrere Zusagen, muss er die meisten seiner Bewerbungen wieder zurückziehen. Nicht nur für die Bewerber ist das unkomfortabel: Die Hochschulen können im Vorhinein nicht absehen, wie viele tatsächliche Studenten hinter den Bewerbungen stecken. Häufig sind durch die vielen Absagen zu Semesterbeginn bei Weitem nicht alle Plätze besetzt.

Verschärft wird die Situation durch die in den letzten Jahren sprunghaft gestiegenen Studienplatz-Anwärter – 385.000 waren es insgesamt im Jahr 2008, so viele wie noch nie zuvor.

Der Beschluss, den die Konferenz, an deren Mitglieds-Hochschulen 98% aller deutschen Studenten immatrikuliert sind, zu diesem Thema gefasst hat, ist kaum mehr als heiße Luft.  Man wolle „alles daran setzen, im kommenden Wintersemester Bewerbungs- und Zulassungsverfahren durchzuführen, die auch ohne ein bundesweites Serviceverfahren für die Bewerber weniger aufwändig sind und zu einer schnellen Besetzung der Studienplätze führen”, heißt es vonseiten der HRK.

Mit fünf Punkten will man dem Chaos dieses Jahr vorbeugen. Diese sehen unter anderem vor, die zu vergebenden Plätze von Anfang an zu überbuchen, die Bewerbungsfristen früher enden zu lassen, um mehr Zeit zum Vergeben der Plätze zu haben und für alle Plätze, die nicht vergeben wurden, eine Studienplatzbörse im Internet einzurichten.

HRK: Wir sind unschuldig

Die Vorsitzende der HRK, Prof. Margret Wintermantel, erklärte gegenüber Pressevertretern: „Dass es so weit gekommen ist, liegt weder an der HRK und an den Hochschulen noch an der Kultusministerkonferenz, sondern an der ZVS, die das von ihr selbst vorgelegte Übergangsverfahren nicht fristgerecht umsetzen konnte.” Diese Erklärung ist insofern halbherzig, da sich das Scheitern des Übergangsverfahren bereits im Voraus abgezeichnet hatte, weil die Universitäten nicht bereit waren, ihre neu errungenen Kompetenzen direkt wieder abzugeben.

Um das Chaos in absehbarer Zeit in den Griff zu bekommen, ist ein „dialogorientiertes Serviceverfahren” avisiert, das nach Angaben der HRK weiterhin „Ziel bleibt” und das „möglichst zum Wintersemester 2010/11″ eingeführt werden soll. Was genau sich hinter dem sperrigen Wort verbirgt, weiß die HRK augenscheinlich selbst nicht genauer; das Wörtchen „möglichst” lässt zudem darauf rückschließen, dass bereits jetzt Zweifel daran bestehen, ob das Verfahren binnen der nächsten anderthalb Jahre tatsächlich eingeführt werden kann.

Die ZVS weist die Anschuldigungen Wintermantels zurück. Man habe schließlich wie gefordert ein Verfahren entwickelt, sagt ein ZVS-Sprecher in der taz. Das habe den Hochschulen aber nicht gepasst: “Die HRK kann nicht jede Woche neue Ideen haben, welches Verfahren sie sich wünscht.”

Unis und Studenten wollten das jetzige Verfahren

Die Universitäten, die maßgeblich durch die Hochschulrektorenkonferenz vertreten werden, hatten sich in den vergangenen Jahren ausdrücklich dafür ausgesprochen, ihre Studenten selbst auswählen zu dürfen. Dabei waren Warnungen, die den jetzigen Zustand voraussagten, überhört worden. Die Politik war mit der Behauptung geködert worden, dieses Verfahren erhöhe den Wettbewerb zwischen den einzelnen Universitäten.

Darüber hinaus war das vorherige ZVS-Verfahren auch von den Studenten kritisiert worden, weil faktisch nur die Spitzen-Bewerber Aussicht darauf hatten, Einfluss auf den Studienort zu nehmen. Außerdem hatten die Studenten kritisiert, dass die ZVS lediglich den Abi-Schnitt und die Wartezeit berücksichtigte. Das sollte bei den hochschulinternen Auswahlverfahren geändert werden, ist bisher aber nur an wenigen Hochschulen und insgesamt sehr zögerlich umgesetzt worden.

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Hörsaal in 20 Jahren?

Und außerdem: Mehr Geld aus Konjunkturpaket

Ein anderer Beschluss der HRK liest sich hingegen etwas positiver: Mit deutlichen Worten fordert die Konferenz einen größeren Anteil an den Geldern aus dem zweiten Konjunkturpaket. Von den für die Sanierung von Bildungsstätten vorgesehenen Geldern in Höhe von 8,5Milliarden Euro sollen lediglich 2 Milliarden an die Länder fließen. Tatsächlich brauche man aber deutlich mehr, insgesamt belaufe sich der Sanierungsstau auf 25 Milliarden Euro. Daher will man aus dem Paket mindestens 2,9 Milliarden erhalten.

Bilder: HRK, “Ole Begemann” via Flickr