Der Faire Handel (englisch: Fair Trade) boomt derzeit wie noch nie. Seine globalen Verkäufe haben schon 1,1 Milliarden Euro überstiegen und wachsen somit jährlich um 50 Prozent. Trotz dieser enormen Entwicklung beträgt sein Anteil am gesamten Welthandel gerade mal 0,001 Prozent.
Entstehung
Es begann damit, dass in den 60er Jahren in Europa eine Fairhandelsbewegung entstand, die sich gegen die freie Marktwirtschaft auflehnte, um für die Produzenten aus Entwicklungsländern gerechte Löhne durchzusetzen und ihnen einen besseren Zugang zu den Märkten zu verschaffen.
Diese Bewegung bildete das Gegenstück zum traditionellen Wirtschaftssystem, welches als ungleich und ungerecht gilt und zudem die Umwelt stark belastet. Seit dem wird beim Fairen Handel hauptsächlich mit Nahrungsmitteln und Handwerksarbeiten gehandelt, wobei Kaffee der mit Abstand größte Exportschlager ist, da er Jahr für Jahr tonnenweise global verschickt wird.
Für die Herstellung der Güter sind Kleinproduzenten aus Afrika, Lateinamerika und Asien zuständig, die mit ihren Familienangehörigen rund 7,5 Millionen Mitglieder zählen. Für sie wurden Mindestpreise festgelegt, dass heißt Preise, die über dem Weltmarktniveau liegen. Dadurch ermöglicht man den Produzenten bessere Lebensbedingungen und sorgt für deren Wohlergehen, indem auch Menschenrechte und Umwelt respektiert werden.
Und so funktioniert´ s in Greifswald
Zu finden sind die Fairhandelsprodukte hauptsächlich in den Weltläden. Sie sind in Deutschland rund 800 mal vertreten und gehen seit Beginn der 70er Jahre ihrer Aufgabe ehrenvoll nach. Auch bei uns, in Greifswald, befindet sich in der Langen Straße 49 ein Weltladen, der mit Hilfe von fünfzehn ehrenamtlichen Mitarbeitern betrieben wird. Auch die Studentin Benigna Trodler hilft freiwillig mit und verrät moritz ihre Beweggründe: „Ich bin ein Idealist und möchte später auch einmal sehr gerne in dieser Branche arbeiten. Erste Erfahrungen konnte ich bereits in Indien sammeln, wo ich bei der Produktion und beim Vertrieb fairer Produkte helfen konnte.“ Außerdem fügt sie hinzu: „Wenn man den Menschen helfen möchte, kann man auch direkt in das bedürftige Land gehen. Ansonsten sind die Käufer der Produkte die eigentlichen Helfer“.
Jana Bächle, 21 Jahre, Kommunikationswissenschaften und Wirtschaft, 3. Semester
„Die Produkte des Fairen Handels sind zwar teurer, aber für einen guten Zweck bezahle ich gerne mehr. Es ist eine gute Alternative zum konventionellen Handel, da so eine Chancengleichheit für die Produzenten aus Entwicklungsländern entsteht.“
Margret Seidenschnur sitzt im Vorstand des Vereins Weltblick e.V. und koordiniert sämtliche Aufgaben im Laden. Seit 1994 engagiert sich die gebürtige Dresdnerin für den Fairen Handel. Sie und die Ladengruppe haben sich für das neue Jahr wichtige Vorsätze vorgenommen: „Wir möchten an der Intensivierung der Aktivitäten im Bildungsbereich arbeiten, damit Kindern und Jugendlichen der Faire Handel näher gebracht wird. Zusätzlich sollen neue Möglichkeiten im Auslandsprojektbereich geschaffen werden, dass heißt unsere Beziehung mit der Gemeinde in El Salvador: Wir möchten überlegen, wie wir es schaffen, nicht nur Geld zu überweisen, sondern eine echte lebendige Partnerschaft aufzubauen und zu erhalten. Dazu wird jemand aus der Gruppe wieder mal nach El Salvador reisen. Und natürlich steht im Vordergrund die weitere finanzielle Stabilisierung unseres Geschäfts, da wir langfristig eine hauptamtliche Stelle haben möchten.“ Der Weltladen ist einer von acht in Mecklenburg-Vorpommern und gehört zu einer landesweiten Vernetzung von Fair- Handels- Gruppen, nämlich zum Eine-Welt-Landesnetzwerk.
Für die nächste Zeit plant der Verein Kultur- und Initiativenhaus Greifswald e.V. den Erwerb des Hauses in der Stralsunder Straße 10. Auch an diesem Projekt ist Margret Seidenschnur beteiligt und schildert erste Ideen: „Wir haben ein Konzept, welches die denkmalgerechte Sanierung des Hauses vorsieht, es soll genutzt werden für gewerblichen Bereich (unter anderem Werkstätten, Herberge, Fair Trade- und Bio- Café), es soll Räume geben für Initiativen, es soll Bildungs- und Kulturarbeit stattfinden und es soll mit einem Wohnbereich verknüpft werden.“
Kritikpunkte des Fairen Handels
Fair Trade – eine Alternative zum herkömmlichen Handel macht sich immer populärer. Aber was verbirgt sich noch dahinter? Läuft es wirklich so gerecht wie es scheint oder ist es nur ein Geschäft mit dem schlechten Gewissen der Industrieländer?
Friderike Jensen, 25 Jahre, Politikwissenschaft und Öffentliches Recht, 3. Semester
„Ich kaufe faire Produkte eher selten, da die meisten Läden schwer zu finden sind. Die Preise der Waren finde ich auf jeden Fall gerechtfertigt, obwohl die Produzenten noch zu wenig verdienen. Ich hoffe nur, dass das Geld am Ende auch bei den Bauern und Handwerkern ankommt, aber das lässt sich kaum überprüfen.“
Die hohen Preise der Güter werden aufgrund der sozialen und ökologischen Produktionskosten gerechtfertigt. Dennoch wird für den Käufer bei den meisten Produkten nicht offensichtlich, wie genau sich der faire Preis zusammensetzt und wie viel der Bauer oder Handwerker am Ende wirklich verdient. Bei konventionell gehandelten Kaffee erhalten die Arbeiter rund 5,1 Prozent des Verkaufspreises. Die faire Handelsorganisation GEPA dagegen gibt ihren Produzenten für Kaffee einen weit aus höheren Anteil von etwa 16 Prozent. Dazu kommen noch hohe Abgaben durch Steuern und Zölle, sowie durch diverse Zwischenhändler.
Klar, dass diese Faktoren den Gesamtpreis fairer Produkte deutlich anheben. Ob die Preise im Endeffekt gerechtfertigt oder überteuert sind, muss jeder für sich klären. Aber Fakt ist, dass ein fairer Preis nicht objektiv festgelegt werden kann, weil jeder eine andere Vorstellung von gerechten Löhnen besitzt. Ungeachtet dessen kann man mit dem Kauf der Güter die Arbeits- und Lebensbedingungen der dort lebenden Menschen verbessern, da die organisierten Kleinproduzenten den Mehrpreis oft für Gemeinschaftsprojekte oder Investitionen für die Organisation verwenden.
In mitten verschiedener Kritikpunkte besteht auch das Problem der Kinderarbeit. Trotz der (Mit-) Arbeit der Kinder versichert der Faire Handel ihre Rechte zu sichern und sie somit vor Ausbeutung zu bewahren. Hier sollen ihre Tätigkeiten einen positiven Einfluss auf ihre Entwicklung nehmen, indem sie Verantwortung kennen lernen und sich spezielle Fähigkeiten aneignen. Es ist doch aber so, dass Kinder aufgrund von Armut arbeiten müssen und für mehr Lohn auch ausgedehnte Arbeitszeiten akzeptieren, wodurch ihnen wiederum die Zeit für Bildung fehlt. Und das unter gerechten Arbeitsbedingungen überhaupt Kinder beschäftigt werden müssen, ist ziemlich paradox.
Margret Seidenschnur sieht die Schwächen des Fairen Handels an noch anderen Stellen. Ihrer Meinung nach ist „der Marktanteil fairer Produkte zu gering, weil vorhandenes Produktionspotenzial nicht optimal genutzt wird. Die Produzenten könnten weit mehr fair gehandelte Waren anbieten als derzeit abgesetzt werden, aber dafür ist die Nachfrage noch zu gering.
Tom Brandenburg, 22 Jahre, ehemaliger Greifswalder, studiert jetzt Informationstechnik in Stuttgart
„Ich war letztes Jahr für drei Monate in Indien, doch da bekommt man vom Fairen Handel nur wenig mit. Die Menschen, die ich auf den Plantagen habe arbeiten sehen, taten dies unter fürchterlichen Bedingungen. Inwieweit die Arbeiter mit dem Fairen Handel zu hatten, kann ich leider nicht sagen.“
Ein weiteres Problem ist zudem, dass viele Anbieter den „ethischen“ Markt für sich entdeckt haben, denn Verbraucher achten beim Einkauf zunehmend auf soziale und ökologische Kriterien. Da gibt es auch viele Trittbrettfahrer, und der Begriff „Fair“ ist im Gegensatz zu „Bio“ nicht geschützt.“
Unterm Strich lässt sich festhalten, dass der Faire Handel als alternatives Wirtschaftsmodell funktioniert. Was man jedoch nicht weiß, ist, ob er nicht nur eine vorübergehende Modeerscheinung darstellt oder ob die Waren dauerhaft feste Bestandteile unserer Küchenschränke werden.
Wer trotz einiger Kritiken dennoch vom Fairen Handel überzeugt ist, erkennt dessen Produkte zu 100 Prozent am Gütesiegel.
Autor: Josephin Hartmann Fotos: Privat, Transfair.org, Tom Brandenburg
Das Hauptproblem des Fair Trade ist eigentlich die Suggestion, mensch würde eine Alternative zur Markwirtschaft bzw. zum Kapitalismus unterstützen, was natürlich Unsinn ist, da die kapitalistische Verwertungslogik bei Fair Trade nicht aufgehoben wird. So lange das Wertgesetz gilt, so lange die Tauschlogik nicht überwunden wird, bleiben wir in den inhumanen Grenzen des kapitalistischen Prozesses gefangen und sämtliche Aktivitäten in dieser Richtung führen nur zu einer Stabilisierung des Systems und verzögern den Übergang in eine neue menschwürdige Gesellschaft, in der sich die Produktion selbstbestimmt nach den Bedürfnissen der Menschen und nicht den Gesetzen des Marktes richtet.