OpenMic bringt Café Koeppen an seine Grenzen

Schon 20 Minuten vor Beginn werden zusätzliche Stühle ins Treibhaus, die Lesebühne des Café Koeppen, getragen. Unüblich für eine Stadt, in der das akademische Viertel groß geschrieben wird. Bald werden dem Café Koeppen sogar die Tassen ausgehen. Auf Chai-Tee muss künftig verzichtet werden.

Mikrofoncheck: Dominik Wachsmann liest dankbar die SMS seines Co-Moderatoren vor. Startschuss-Standup-Comedy mal so richtig lebensnah: „Komme später, fang an, wenn du dich gut fühlst.” Allerdings haben sich die Massen nicht nur wegen Dominik in den Raum gequetscht. Er ist lediglich angenehmes Beiwerk der Veranstaltung, er ist Moderator.

Der Pulk von Menschen ist versammelt. Sie können im Kontext der Veranstaltung Mikrofon, welches auf der Bühne steht, sehen. Dieses darf jeder nutzen. Ein „Open Mic” also. Eine Liste geht durch die Reihen, denn die potenziellen Mikrofonbenutzer sollen sich qualifizieren. Die Zeit, die zur Verfügung steht, wird unter den Teilnehmern aufgeteilt. Und schon ist sie da: Die Chance, endlich mal sein angewandtes künstlerisches Potenzial in die Öffentlichkeit zu katapultieren. Zum Mitmachen ist jeder aus allen Sparten des kulturellen Sektors eingeladen. Jeder im Publikum ist dazu aufgerufen, eine kleine Showeinlage zu bieten. Ganz egal, ob es sich dabei um lange oder kurzweilige Anekdoten, musikalische oder kabarettistische Einlagen oder einfach nur um Weltverbesserergedichte handelt. Das Wichtigste dabei ist die Poesie. Nebenbei: Die Texte und Showeinlagen sollten vom Vortragenden selbst stammen. Als Dankeschön winkt ein Freigetränk.

Das Projekt „Open Mic” ist eine Nachfolgeveranstaltung des Poetryslams, der bisher von einem ehemaligen Germanistikstudenten veranstaltet wurde. Seit geraumer Zeit nimmt der Fachschaftsrat Germanistik das Projekt unter seine Fittiche. Eine kleine Änderung gibt es allerdings doch: Der Wettbewerbscharakter und folglich auch die Stimmsteine bleiben vor der Tür. Somit ist der Druck entschärft, die Vortragenden brauchen keine Angst vor Buhrufen zu haben. Es herrscht lediglich eine gespannte Atmosphäre, die den Austausch unter den „Kleinkünstlern” fördert.

Bisher fanden vier Veranstaltungen statt, die sich reger Teilnahme erfreuten. „Immer wieder gibt es Debütanten, aber auch Stammklientel, von drei Leuten, die regelmäßig mitmachen”, erzählt Moderator Dominik Wachsmann. Das nächste „Open Mic” ist für Ende November angesetzt.

Zu sehen gibt es Ernsthaftes, Satirisches, oft auch ganz Persönliches, was ins Mikrofon gesprochen, gehaucht und gesungen wird. Interessant zu sehen, zu was Greifswald fähig ist. Immer wieder wandelbar, denn jeder Abend hat seinen eigenen Charakter. Diesem gibt jeder Darsteller und Zuschauer sein Gesicht.

Autor: Sara Vogel