Die Etablierung des neuen Studienabschlusses

Einige Minuten vor Vorlesungsbeginn ist der Hörsaal bis auf einen Sitzplatz noch immer leer. Doch liegt es nicht etwa daran, dass es erst morgens um acht ist, auch nicht an einem möglicherweise schlechten Vorlesungsstil des Professors. Vielmehr ist für diesen Masterstudiengang nur ein Student eingeschrieben.

In Greifswald werden derzeit die Abschlüsse Master of Arts, Science und Laws mit insgesamt 20 Studiengängen angeboten. Darunter fallen auch Weiterbildungs- und Aufbaustudiengänge der Zahnmedizin oder des Health Care Management. „Insgesamt verzeichnet die Universität in diesem Wintersemester 231 Masterstudenten. Dagegen sind es 2570, die auf Bachelor immatrikuliert sind“, berichtet Bernd Ebert, Leiter des Studierendensekretariates. Nachwuchs für den Hochschulabschluss fordernden Master ist also gegeben. Dennoch bleibt der Ansturm aus. Vor vier Jahren machten im Wintersemester 73 Studenten ihren B.A.-Abschluss, davon jedoch später nur zwölf ihren Master. Dementsprechend sitzen auch Studenten wie Dominik Dahl, der seinen Master in Physik absolviert, alleine in den Vorlesungen: „Im letzten Wintersemester war auch ein Gaststudent aus Prag eingeschrieben, doch dieses Semester bin ich der Einzige.“ In dem interdisziplinären Masterstudiengang „Intercultural Linguistics. Germanische Gegenwartssprachen“ sind zurzeit nur vier Immatrikulationen zu verzeichnen, wie Prof. Dr. Christer Lindqvist, Leiter des Nordischen Instituts, bestätigt. Ebenso bei „Sprache und Kommunikation“. Dort sind im Sommersemester 35 Studenten eingeschrieben. Gründe dieser recht dürftigen Belegung der Studiengänge lassen sich schwer finden. Birte Arendt, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für deutsche Philologie, begründet die geringe Anzahl der Immatrikulation des Studiengangs Niederdeutsch auf diese Weise: „Die Nachfrage für die Seminare ist gleichbleibend. Allerdings ist sie in diesem Semester extrem gering, da viele Veranstaltungen erst nachträglich eingerichtet wurden und nicht im Vorlesungsheft erschienen. Wir haben Aushänge gemacht und im Netz darüber informiert. Wir werden sehen, wie sich die Nachfrage entwickelt.“ Doch wie gefragt ist Greifswald für ein weiterführendes Studienprogramm wirklich? Hört man sich unter den Studenten um, sind die Meinungen vielseitig. Klar ist, dass das Angebot die Nachfrage bestimmt und es oftmals nicht an den Studenten scheitert, in Greifswald zu bleiben. Die Musik- und Kommunikationswissenschaftsstudentin Christin Hofrichter sieht ihre Zukunft nicht an der Greifswalder Lehrstätte. „Ich interessiere mich eher für einen Master in anderen Städten, da ich in die Richtung Dramaturgie gehen oder zumindest mein zweites Fach Musikwissenschaft nicht komplett vernachlässigen möchte“, sagt die Bachelorstudentin im dritten Semester. Allerdings liegt der Wechsel der Universität bei einigen Studenten schlicht in dem Reiz, Neues kennen zu lernen: „Ich würde einfach gerne noch andere Unis und Städte kennenlernen“, kommentiert Xenia Silbe, die im fünften Semester Wirtschaft und Anglistik studiert.

Schwer tut sich die Universität allerdings auch mit der Umstellung auf das neue System. Für das Fach Biologie wird es erst ab dem nächsten Wintersemester ein Bachelor- und Masterangebot geben und damit ist sie die einzige Hochschule deutschlandweit, die noch auf Diplom immatrikuliert. In der Psychologie erfolgt die Umstellung erst im Winter 2010/11.

Schritt für Schritt nähert sich die Universität dem Master und es gibt Studenten, die sich dem kritischen Rest nicht anschließen wollen, wie Marcus Hoffmann, Student der Slawistik und Politikwissenschaft im fünften Semester: „Ich werde meinen Master hier auf jeden Fall in slawischer Sprachwissenschaft machen. Ich mag Greifswald und die Atmosphäre und hatte auch noch nie Schwierigkeiten mit der Uni.“

Autoren: Katja Graf, Maria Friebel