Um das Eckpunktepapier der Landesregierung entwickelt sich ein ganz eigenes Drama…

„Die Landesregierung betrachtet die Sicherung einer hohen künstlerischen Qualität des Theater- und Konzertwesens durch tragfähige personelle und finanzielle Strukturen als einen wichtigen Schwerpunkt der Kulturförderung”,

mit diesen Worten beginnt Bildungsminister Henry Tesch (CDU) seine Landtagsrede zum Thema Theater- und Orchesterfinanzierung. Da will wohl kaum jemand widersprechen und doch ist klar worauf es hinausläuft, denn die Betonung liegt am Ende doch auf dem kleinen Wort „tragfähig“.

Theater Greifswald; Quelle: Theater Vorpommern

Durch den Bevölkerungsrückgang in MV und den damit verbundenen Rückgang der Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich gerät der Landeshaushalt mehr und mehr in Bedrängnis. Nun soll an der Kultur gespart werden. Da über 50 Prozent der Kulturausgaben des Landes in die Theater fließen wird hier zuerst der Rotstift angesetzt. Das Eckpunktepapier „zur Weiterentwicklung der Theater- und Orchesterstrukturen“ sieht daher vor, den bisherigen Zuschuss von 35,8 Mio € bis zum Jahr 2020 einzufrieren. “Keine Kürzung also”, versucht man in Schwerin zu erklären, muss aber gleichzeitig eingestehen, dass aufgrund von Tarifsteigerungen bei gleichbleibender Struktur die Personalkosten bis 2020 etwa um 17 Mio Euro ansteigen werden, die die Theater dann anderweitig aufbringen müssen.

Ideen, wie man diese Gelder an anderen Stellen wieder einsparen kann, hat das Ministerium auch gleich zur Hand und schlägt weitere Zusammenlegungen vor. Unter anderem sollen Neubrandenburg, Anklam und Wolgast mittelfristig mit dem Theater Vorpommern (Stralsund, Putbus, Greifswald) fusionieren und dadurch massiv Stellen abbauen. Des Weiteren sieht der Plan für das Bundesland nur noch zwei Orchester vor (ein A-Orchester für Mecklenburg und ein B-Orchester für Vorpommern).

Doch Träger der Theater sind die Kommunen und die wehren sich mit Hand und Fuß gegen diese Ideen. Die Bürgerschaften von Stralsund und Greifswald haben den Vorschlag des Ministeriums bereits eine Abfuhr erteilt.

Theater Vorpommern mit drei Standort - jetzt soll noch weiter fusioniert werden.Grafik: Theater

Am Theater Vorpommern selbst fühlt man sich ebenfalls vor den Kopf gestoßen. Dort hatte man mit der Fusion der Theater Greifswald, Stralsund und Putbus bereits den Grundstein für eine effiziente Bespielung gelegt. Die Mitarbeiter stehen zudem unter einem Haustarifverträg und verzichteten auf Urlaubstage. Beklagt wird zudem, dass die Mittel des Landes ohnehin schon ungerecht zugunsten der Mecklenburger Spielstätten verteilt seien. Inwieweit eine weitere Zusammenlegung der Theater der kreativen und künstlerischen Entwicklung gut tut (das Ministerium erhofft sich Synergieeffekte) darf ebenfalls bezweifelt werden. An der Unterschriftenaktion gegen die Kürzungen haben sich bisher etwa 6000 Bürger beteiligt.

Dass der Landeshaushalt doch noch dauerhafte Subventionserhöhungen hergibt, scheint unwahrscheinlich. Die Einnahmen des Theaters Vorpommern selbst decken lediglich 14 Prozent der Kosten. Allein über eine bessere Auslastung wird die Kürzung also kaum auszugleichen sein. Wohl oder übel bedarf es eines neuen Konzepts für die Theater und Orchesterlandschaft in MV…

Kommentar von Carsten Schönebeck:

“[…] Was brauchen wir und was kann hier wirklich umgesetzt werden? Mag sein, dass man sich in Greifswald als alter Universitätsstadt einbildet, Kultur müsse eine besondere Rolle spielen. Doch die Geschichtsstunde über die vorpommersche Hochkultur habe ich wohl verschlafen. Greifswald ist seit Jahrhunderten ein Wissenschaftsstandort, künstlerisch eher eine Kulturscheune. Darauf deutet auch die stiefmütterliche Behandlung der Geisteswissenschaften an der Universität. Kultur, die sich auf die Ansprüche der Studenten stütz, ist eben nicht pompös, sondern klein, kreativ, ideenreich. Dennoch werde ich den Eindruck nicht los, das Theater Vorpommern wolle verkrampft eben genau das nicht sein und das scheint mir Teil des Dilemmas.

[…] Nein, was wir in Greifswald brauchen, ist eine neue Philosophie: Das Provinztheater muss sich weniger an den Ansprüchen der oberen zehn in Greifswald orientieren, es muss Provinztheater sein dürfen, dann können findige Intendanten und Künstler es auch schaffen diesem Spielort wieder Leben einzuhauchen, Besucher anzuziehen und damit auch Geld einzuspielen. Geld kann man mit Kleinkunst machen, weil sie vergleichsweise günstig ist, oder mit dem opulenten Sommermusiktheater weil das tatsächlich Besucher anzieht.

[…] Kultur bleibt weiterhin etwas für die Bessergestellten, deren Hobbies noch zu 86 Prozent staatlich zu fördern, scheint wenig gerecht. Diese Millionen sähe ich lieber in besserer Ausstattung für Schulen, Universität oder auch für soziale Projekte. Was ginge ein Aufschrei durch das Land, wenn das für Sportamt die Mitgliedsbeiträge der Greifswalder Golfspieler übernehmen würde oder die Porsche-Fahrer von der Ökosteuer befreit würden.”

Der Kommentar wurde aus Platzgründen in dieser News nur teilsweise zititert. Den ganzen Kommentar findet ihr hier.