Drei Themen bestimmten die politische Agenda der vergangenen Woche:

  • Scott McClellan, ehemaliger Pressesprecher des Präsidenten, veröffentlichte ein Buch mit deftigen Vorwürfen gegen seine ehemaligen Kollegen
  • Das „rules and by laws committee“ der Demokraten hat entschieden, wie mit den Delegierten aus Florida und Michigan zu verfahren ist
  • Die Demokraten hatten ihre Vorwahlen in Puerto Rico

Zunächst einmal gibt es ein neues Buch auf dem Markt, dass sich kritisch mit der Bush-Präsidentschaft im allgemeinen und dem Irak-Krieg im besonderen auseinandersetzt. Es trägt den Titel: „What Happened: Inside the Bush White House and Washington’s Culture of Deception“. So weit, so unspektakulär. Seit es in den USA wieder möglich ist, sich öffentlich kritisch mit der Regierungspolitik auseinanderzusetzen, ohne als unpatriotisch gebrandmarkt zu werden, gibt es solche Bücher zuhauf. Auch die Anschuldigungen, die erhoben werden, sind nicht neu: Irreführung der Öffentlichkeit, sinistre Machtpolitik durch Cheney und Rumsfeld usw.

Bemerkenswert ist der Autor: Scott McClellan war Pressesprecher des Präsidenten von Juli 2003 bis April 2006, davor war er Stellvertreter von Ari Fleischer, Bushs erstem Pressesprecher. 2006 musste er im Zuge der Valerie-Plame-Affäre (angeblich absichtliche Enttarnung einer CIA-Agentin, deren mann sich gegen den Irak-Krieg ausgesprochen hatte) zurücktreten. Seit Dick Clarke hat sich kein hoher Regierungsvertreter mehr soweit aus dem Fenster gelehnt.

Und im Gegensatz zu Clarke, der im Außenministerium tätig war, arbeitete McClellan im unmittelbaren Umfeld des Präsidenten. Und so muss sich McClellan den Vorwurf gefallen lassen, warum er erst jetzt, da es politisch opportun ist, die Regierung anzugreifen, seine Kritik äußert und dies nicht bereits im Amt getan hat. Und so verwundert es nicht, wenn der erzkonservative Bill O’Reilly vom nicht minder reaktionären TV-Sender FOX sich in gewohnt deutlicher Weise über McClellan auslässt:

Um die andere Seite zu zeigen: Ein vierteiliges Interview mit McClellan beim liberalen Keith Olberman von NBC.

Soweit zum Sprecher. Der Spruch der Woche kommt vom „rules and by laws committee“, gewissermaßen dem Satzungsausschuss des Bundesvorstandes der Demokratischen Partei. Dieser hatte über die Vergabe der Delegierten der Bundesstaaten Florida und Michigan zu entscheiden. Beide Staaten hatten durch Vorziehen ihrer Vorwahlen gegen die Regeln der Partei(en) verstoßen und waren dafür von den Demokraten mit Verlust sämtlicher Delegierten bestraft worden (bei den Republikanern: 50%).

Außerdem hatten sich alle KandidatInnen verpflichtet, in den beiden Staaten keinen Wahlkampf zu führen. In Florida ließen sich die meisten Kandidaten sogar vom Wahlzettel streichen. Hillary Clinton tat dies nicht und siegte in beiden Vorwahlen deutlich, weshalb sie hinterher mit zunehmender Vehemenz dafür eintrat, die Wahlen doch zu zählen. Da sowohl Florida als auch Michigan wichtige „swing states“ sind und man es sich mit den Wählern dort nicht verderben wollte. Daher hat man sich nun auf folgenden Kompromiss verständigt:

  1. Alle Delegierten aus Florida und Michigan nehmen am Parteitag teil
  2. Die Verteilung erfolgt in Florida entsprechend dem Wahlergebnis, in Michigan (wo Obama nicht angetreten war) wurde ein hypothetisches Wahlergebnis zugrunde gelegt
  3. Die Delegierten der beiden Staaten dürfen jeweils eine halbe Stimme abgeben (wie z.B. die Vertreter der Auslandsdemokraten)

Unter dem Strich hat Clinton damit 24 Delegiertenstimmen auf Obama gut machen können. Das ist viel zu wenig und auch deutlich weniger, als Clinton sich erhofft hatte. Vor allem die Verwendung eines hypothetischen Wahlergebnisses in Michigan bringt die Clinton-Befürworter auf. Der Bevollmächtigte ihrer Kampagne hat bereits angekündigt, diese Sache auf dem Parteitag in Denver erneut anzugehen. Der hat nämlich das letzte Wort.

Die Sitzung selbst, die im Internet live übertragen wurde, war phasenweise übrigens recht turbulent. Man darf sich das als eine Art Kreuzung aus UN-Sicherheitsrat und grüner Fraktionssitzung der 80er Jahre vorstellen. Einige besonders aufgebrachte Sympathisanten mussten sogar von der Sitzung entfernt werden und machtem dann vor der Tür ihrem Ärger Luft:

Und schließlich sprachen noch die WählerInnen von Puerto Rico. Die dürfen zwar im November gar nicht mitwählen, an der Auswahl der KandidatInnen werden sie aber von beiden Parteien beteiligt. Hillary Clinton setzte sich hier erwartungsgemäß deutlich (68 zu 32 Prozent) durch. Somit steht es nach dem Ende dieser turbulenten Woche 2.070 zu 1.914 für Obama.

Die Zahl der für die absolute Mehrheit notwendigen Delegierten hat sich auf 2.118. Fehlen für Obama also 48 Stimmen. 18 davon wird er sich in etwa bei den ausbleibenden Vorwahlen in Montana und South Dakota holen, der Rest wird von Superdelegierten kommen, so dass es Ende dieser Woche amtlich sein dürfte.

*Update* 8 Juni:

Inzwischen ist Clinton so weit. Sie hat nun doch eingeräumt verloren zu haben. Mehr dazu in fast allen großen Medien : )