Schlingst du noch oder isst du schon?

BWL-Student Martin steht vor seinem Kühlschrank und grübelt über das Mittagessen. Er war gerade vier Stunden lang in der Universität. Ein warmes Essen war da nicht möglich.

„Schnell etwas essen!“, denkt der Betriebswirtschaftler. Mit geringem Aufwand bereitet der Ökonom ein Gericht, was satt macht. Eine Vier-Käse-Pizza, wie die letzten Tage auch schon.

Morgenstund hat nichts im Mund

„Studenten weisen im Allgemeinen ein eher ungünstiges Essverhalten auf“, sagt Carmen Schwieger, Ernährungsberaterin der AOK Greifswald. Das beginnt schon mit dem Frühstück. Am Morgen isst Martin nicht: „Ich habe wenig Zeit und keinen Appetit.“ Auch Sophia Seemann ist morgens in Eile. „Es reicht für einen Kaffee und eine Zigarette vor der Uni“, sagt die Skandinavistikstudentin. Dabei ist die erste Mahlzeit des Tages wichtig. Denn im Schlaf wird Energie verbraucht. Um am nächsten Tag wieder leistungsfähig zu sein, ist ein Frühstück essentiell. Schwieger weiß, dass Kohlenhydrate und Ballaststoffe, wie Brot und Müsli gut geeignet sind. „Diese sättigen lange und halten den Blutzucker konstant.“ Die Expertin rät: „Wer morgens nichts essen kann, sollte zumindest Flüssiges mit Nährstoffen zu sich nehmen.“ Am Besten eignen sich dazu Milch oder Säfte. Auch gegen Kaffee sei grundsätzlich nichts einzuwenden.

Du bist, was du isst

Vielen Studenten ergeht es wie dem 22-jährigen Martin. Ungünstig gelegene Lehrveranstaltungen, die sehr früh, sehr spät oder direkt aufeinander folgen, erschweren eine regelmäßige Nahrungsaufnahme. Wenn er es schafft, isst er Bratwurst vom Senfladen in der Langen Straße. Seine Kommilitonen sind derweil auf dem Weg zum nächsten Bäcker, haben einen Döner in der Hand oder laufen schnell in die Mensa. „Das Studentenwerk Greifswald verpflegt pro Tag etwa 3000 Menschen“, sagt Evelin Sieg, Ansprechpartnerin für studentisches Verpflegen. Davon sind über 90 Prozent Studenten. Sieg ist sich sicher, dass das Essen einen Beitrag zur gesunden Ernährung leistet. Sie begründet: „Die Studenten können sich ja ihr Essen selbst zusammenstellen.“ Die Stundenten sind insgesamt eher zufrieden mit dem Speiseangebot. „Kritikpunkte gibt es überall. Denn kochen kann jeder, also kann da auch jeder mitreden“, erklärt Sieg. Allerdings muss die Abteilung der Mensa den finanziellen Rahmen, die technischen und personellen Möglichkeiten bei der Planung berücksichtigen. Auch über eine Verlängerung der Essensausgabe bis 14.30 Uhr wurde schon nachgedacht. Doch die Leiterin der Mensa betont: „Die Personaldecke ist sehr dünn und wir wissen nicht, ob es Bedarf gibt, die Öffnungszeit zu verlängern.“

Die „süße“ Prüfungszeit

„Das studentische Essverhalten ist oft durch Stress und Zeitmangel geprägt“, stellt Ernährungsberaterin Schwieger fest. Besonders stressig ist die Prüfungszeit. Das kann sich entweder in Appetitlosigkeit oder Verlangen nach Süßem und Ungesunden äußern. Denn durch Stress wird mehr Insulin freigesetzt, daraufhin sinkt der Blutzuckerspiegel. Das führt dazu, dass wir Süßigkeiten essen. Kurzzeitig ist der Körper leistungsfähiger. Allerdings wird dann wieder Insulin freigesetzt, der Blutzucker sinkt rapide. Ein Teufelskreis. Ein schwankender Blutzuckerspiegel ist oft verantwortlich für mangelnde Konzentration und Schwindel. Während der Prüfungszeit werden Süßigkeiten auch gerne als Belohnung für das anstrengende Lernen vertilgt. „So habe ich mehr Zeit zum Lernen“, meint Susanne Kleinen, Studentin der Politikwissenschaft. Sie isst während der Prüfungszeit hauptsächlich Fastfood und oft Schokolade. Dauerhaft müssen Alternativen gefunden werden, zum Beispiel ein besserer Umgang mit Stress. Während der Vorlesungszeit ernährt sich die Studentin gesünder. „ Ich koche gerne mit meiner Mitbewohnerin. Dann gibt es oft Gemüse und manchmal Fleisch.“

Geschrieben von Christine Fratzke