Hideyo HaradaKonzerte dienen Musikern nicht allein als Auftritt im Rampenlicht. Sie sind ein Gradmesser, ein spielend vorgetragener Beweis vor aller Augen und Ohren. Ganz dem zuvor ausgewählten Programm verpflichtet. Bis zum letzten Ton.

Dem nicht genug. Die Ehre, vor dem Gang ins Studio das Material einer kommenden CD lauschen zu dürfen, hatten die Greifswalder Konzertbesucher am vergangenen Samstagabend beim Klavierabend der japanischen Pianistin Hideyo Haradas im St. Spiritus. Auch wenn kaum jemand davon etwas wusste. Denn in solchen Fällen ist der Künstler dem Publikum für die erbrachte Aufmerksamkeit zu großem Dank verpflichtet. Denn während der Einspielung des Materials bleibt wenig Zeit für Experimente.

Relativ kurzfristig erfolgte daher die Anfrage beim Greifswalder Kulturzentrum. Quasi durch Zufall. Denn ein Ausstellungsbesucher kam auf Brigitte Schöpf mit dem Anliegen zu. Mit Peter Tschaikowskys (1840 – 1893) zwölf Charakterstücken des Klavierzyklus „Die Jahreszeiten“ op. 37, Frédéric Chopins (1810 – 1849) kontrastreicher Ballade Nr. 1 in g-Moll op. 23 und den Sergej Rachmaninovs (1873 – 1943) packenden Corelli-Variationen op. 42 bot Hideyo Harada im dunkelgrünen und mit langen weißen Schleifen verzierten Kleid ein reizvolles romantisches Programm dar. Ein seltener Glücksfall allemal.

Bar jeder selbstdarstellerischen Attitüde hielt die Preisträgerin mehrer angesehener internationaler Wettbewerbe den bis ins Pianissimo hinein voller Achtung ausgestalteten Ton in der anmutigen kreisenden Bewegung ihrer Hände. In freudiger Gelöstheit dankte sie ob jung, ob alt, den bis auf dem letzten Platz verkauften Saal mit gleich drei Zugaben am schwarzen Flügel. Natürlich mit Chopin in der Mitte und zwei Mal dem norwegischen Jubilar Edvard Grieg verpflichtet. Gibt es dann für einen Auftretenden nichts Bewegenderes als den hingerissenen Seufzer der Lauschenden beim Verhallen des letzten Tons?