Das Oberverwaltungsgericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern sprach sich am 19. März gegen den 2005 in der Gebührenordnung der Ernst-Moritz-Arndt Universität maßgeblichen Punkt aus. Ein für die Greifswalder Hochschule überraschendes Ergebnis. Bei einem Streitwert von 5.000 Euro. Trotz vollständig fehlender prozessberechtigter Vertreter bei der Verkündigung.

Mit dem Urteil zu der vor zweieinhalb Jahren eingereichten Musterklage errang der ehemaligen Studenten Simon Sieweke einen Teilerfolg. Im Sinne der Greifswalder Studierendenschaft. Der juristische Streit ist damit vorerst beendet. Zum Zankapfel wurde seinerzeit die Erhöhung der Rückmeldegebühr um 10 Euro. Studierende zahlten damit nicht mehr 40, 50 Euro, sondern 50,50 Euro für jedes neue Semester. Begründung: Es läge ein erhöhter Verwaltungsaufwand vor. Nicht allein bei der Rückmeldung, sondern auch bei der Einschreibung.

Nach Auffassung des 4. Senats weist die einst beschlossene Vorschrift an sich keinen Rechtsfehler auf. Beim Fällen des Urteils stellte sich für das Oberverwaltungsgericht die rechtliche Grundlage im  Landeshochschulgesetz (LHG) als zu unbestimmt für die Erhebung von Rückmeldegebühren heraus. Zwar dürfen Hochschulen nach Zustimmung des Ministeriums Gebühren, Beiträge und Entgelte nach Maßgabe in Satzungen erlassen. Gemäß der neueren Rechtssprechung sah das Gericht im Falle der Rückmeldegebühr keine klare rechtliche Grundlage. Dafür hätte es einer Abgrenzung und Präzisierung im LHG bedurft. Auch um die Erhebung von Studiengebühren auszuschließen. Selbst bei einer Erhöhung um 10 Euro.

Anders fiel der Richterspruch bei der erstmalig bei der Einschreibung zu zahlenden Immatrikulationsgebühr aus. Das Gericht sah sich nicht zur Überprüfung veranlasst, weil es den Kläger nicht betraf. Dessen Immatrikulation lag vor der neuen Rechtslage.

Der Senat beschloss in seiner Sitzung vom 15. September 2004 mehrheitlich die von seiner Satzungskommission zur Annahme vorgelegte Gebührenordnung. Bei dem Nachtrag der Gebührentatbestände zur beschlossenen Ordnung am 20. Oktober legte die Gruppe der Studierenden im Senat ein Veto ein. Grundlage dafür bot ein Schreiben mit der rechtlichen Begründung der Unmöglichkeit der Einführung von Rückmeldegebühren. Schriftführer: Simon Sieweke. Am 1. November beschloss zudem das Studierendenparlament die Übernahme der Kosten des Normenkontrollverfahrens gegen die Immatrikulations- und Rückmeldegebühr vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald. „Die Uni hätte sich dem entziehen können“, ist sich Simon Sieweke sicher. Der Antragsteller und spätere Kläger schätzte die Kosten auf einen Betrag von 5.000 Euro ein. Eine Prozesskostenbeihilfe gebe es für solche Fälle nicht und konnte damit nicht in Anspruch genommen werden. Die Erfolgschancen sah er damals bei mindestens 50 Prozent. Damals war nicht klar, ob der Erlass der Gebührenordnung ein Verwaltungsakt ist. Vorsorglich wurde zum schriftlichen Widerspruch gegen die erhöhte Rückmeldegebühr aufgerufen. So konnten in jedem Falle eines Sieges vor Gericht die finanziellen Rückforderungen nicht verjähren. Allerdings sei der Zeitpunkt für ein Ergebnis nicht vorhersehbar gewesen. Da die gesetzlich vorgeschriebene Berechnungsgrundlage zur Gebührenordnung fehlte, konnte dieser Tagesordnungspunkt anstatt im November erst im Dezember im Senat verhandelt werden. Trotz Neubefassung nach Veto der Studierenden. Nach Darlegung der Gründe für das Veto und einer Diskussion in der letzten Senatsitzung des Jahres 2004 beschloss das akademische Gremium mit 17 Ja-, 4 Neinstimmen und keiner Enthaltung die Annahme der Ergänzung der Gebührensatzung. Rückwirkend zum 1. Januar 2005 setzte das Bildungsministerium die Gebührenordnung in Kraft. Allerdings mussten die vom Ministerium geforderten fehlenden Berechnungen nachgereicht werden. Die rechtliche Grundlage der Ordnung erfolgte im Senat nicht. Trotz des Wunsches der Studierenden.

„Der Prozess hätte nicht sein müssen“, meinte der Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) Thomas Schattschneider rückblickend nach der Urteilsverkündung. „Vom Gericht ist es konsequent, die Gebühr als für unwirksam zu erklären“, sagt Frederic Beeskow, Präsident des Greifswalder Studierendenparlamentes. „Das war von Anfang an klar“, bestätigt Thomas Schattschneider. „Wir warten das schriftliche Urteil ab“, sagt Rektor Rainer Westermann. „Dann wird ersichtlich, was sich dahinter verbirgt.“ Zudem seien sorgfältige Prüfungen und weitere Schritte dann erst möglich. Eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision steht der Greifswalder Universität gegen die Klage frei. Angesichts der gültigen Rechtslage dürfte dafür kaum ein Erfolg beschieden sein.

Ob allerdings die Debatten um das neue Landeshochschulgesetz (LGH) die vom Oberverwaltungsgericht geforderten rechtlichen Nachbesserungen und damit mittelfristig eine juristisch abgesicherte Rückmeldegebühr mit sich bringt, wäre eine politische Frage. Ein Punkt bleibt dennoch offen: die Rückerstattung der 10 Euro. Das vor dem Oberverwaltungsgericht setzte sich nur mit der Rechtmäßigkeit der Erhebung bei diesem Normkontrollverfahren auseinander. Nicht mit dem Umgang der zu Unrecht eingezogenen Gebühren. Dies ist ein anderer Fall, der gestern nicht zur Entscheidung stand.               

Geschrieben von Uwe Roßner