Ketil Bjørnstad ?Vindings Spiel?

Der Mann, der bereits Romanbiographien über berühmte Norweger wie Munch und Grieg verfasste, kann auch in seinem aktuellen Künstlerroman „Vindings Spiel“ biographische Einflüsse nicht verneinen; in diesem Fall seine eigenen. Wie die der Hauptfigur Aksel Vinding, der Ende der sechziger Jahre mit seiner Familie in einer der besseren Wohngegenden Oslos lebt, bestand auch Bjørnstads Jugend aus dem Klavierspiel. In Paris, London und Oslo wurde er zum klassischen Musiker ausgebildet und debütierte mit sechzehn Jahren. Miles Davis’ „In a Silent Way“ bekehrte Bjørnstad und er widmete sich ganz der Jazzmusik.
In a Silent Way – so beginnt auch die Geschichte von Aksel: ein Familienausflug am Sonntag, Picknick und Baden gehen. Eigentlich idyllisch. Doch schon auf den ersten Seiten des Romans klingt eine gewisse Düsternis an – die Familie ist längst innerlich zerrissen und Aksels Mutter als einzige verbindende Kraft ertrinkt an diesem Nachmittag. Die Leidenschaft für das Klavierspiel hat Aksel von seiner Mutter geerbt und nach ihrem Tod entscheidet sich der Fünfzehnjährige, die schulische Ausbildung aufzugeben und sich ganz der Musik zu widmen. Und dann ist da noch dieses Mädchen, das er immer an der Straßenbahnhaltestelle sieht: Anja Skoog, die so geheimnisvoll auf ihn wirkt und seine Leidenschaft für die Klassiker teilt.
Ketil Bjørnstad schrieb mit Vindings Spiel nicht nur einen Roman über einen aufstrebenden jungen Künstler, sondern auch ein Buch über das mühsame Erwachsenwerden und die Qualen der ersten sexuellen Gelüste. Kurze prägnante Sätze vermitteln dem Leser das Innenleben des sensiblen Jungen. Bjørnstads Art zu schreiben gleicht dem zweiten Satz von Ravels G-Dur-Konzert, wie Aksel ihn Anja im Buch erklärt: „Scheinbar offen, klingt immer, als sei sie heiter. Aber es ist die Heiterkeit des Clowns, denn unter dem Lachen liegt die Melancholie“. Diese Melancholie und Düsternis halten bis zum Schluss des Romans vor; Bjørnstad erzählt nicht, ob Aksel auch debütieren wird oder was das Leben sonst noch für ihn bereithält. Doch es war schön, ihn auf einem kleinen Stück davon begleiten zu dürfe

Geschrieben von Jennifer Seelig