Konzepte für Europa und Kontrahenten in Greifswald

Europa trifft sich in Brüssel. Klingt logisch, denn dort befindet sich das Europaparlament. Im November verschlug es auch zwei Greifswalder Studenten an diesen Ort. Monika Peiz von der Greifswalder Campus Europae-AG und Bernd Justin Jütte, Students Representative lernten das Parlament von innen kennen. Denn das studentische Ausstauschprogramm Campus Europae lud zur „Conference on Student Mobility in Europe“ ein.

„Wir wollten das Europaparlament auf unser Programm aufmerksam machen“, berichtet Peiz, die auch Referentin für Studierendenaustausch und Internationalisierung beim Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) ist.

Sozialer und gerechter gestalten

Die Konferenz sollte aber mehr als reine Öffentlichkeitsarbeit versprechen. „Der soziale Aspekt, insbesondere die Stipendienförderung, wurde auf der Konferenz intensiv behandelt“, sagt Jütte.
Knackpunkt war die Frage, wie effektiv die bisherige Vergabe der Mobilitätsstipendien ist. „Momentan verläuft das Verfahren zur Stipendienvergabe folgendermaßen ab: Jeder Student erhält den gleichen Fördersatz. Unabhängig davon, ob er aus Rumänien oder aus Deutschland kommt, aus gut situierten oder ärmlichen Verhältnissen stammt“, erklärt der Campus-Europae-Vertreter. Konsens der Konferenzteilnehmer war, dass die gegenwärtige Stipendienvergabe  verbesserungswürdig ist. Besonders im Hinblick darauf, dass der Großteil europaweit mobiler Studenten sich einen Auslandsaufenthalt ohnehin leisten kann, sprich, aus finanziell guten Verhältnissen kommt.
Jütte ist sich sicher: „Die gerechtere Verteilung der Mobilitätszuschüsse muss vorangetrieben werden. Campus Europae ist bereits dabei Konzepte auszuarbeiten, die dies gewährleisten sollen.“
Während in Brüssel eifrig über studentische Mobilität innerhalb Europas und die Finanzierung derselben diskutiert wurde, müssen sich Studenten in Greifswald zunächst einmal eine ganz andere Frage stellen: Wird es von meiner Fakultät überhaupt unterstützt?
Die Anerkennung des Programms innerhalb der Alma Mater ist sehr unterschiedlich. Während die Theologische und die Philosophische Fakultät das junge Programm begrüßen, wird Campus Europae von der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen sowie der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät kritisch beäugt.

Fragwürdige Besonderheiten

„In der Entstehungsphase dieses Projekts wurden viele realitätsferne und unsinnige Ziele verfolgt wie beispielsweise die Abstimmung von Curricula oder die Zwangsverschickung von Studenten“, begründet Professor Roland Rollberg, Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät seine ablehnende Haltung gegenüber dem Programm. Auch wenn viele dieser, laut Rollberg realitätsfernen, Ideen im Laufe der Jahre von den Inititatoren selbst wieder verworfen wurden – der Wirtschaftswissenschaftler kann sich mit Campus Europae nicht anfreunden. Denn auch nach Beseitigung der fragwürdigen Besonderheiten des Ursprungsprogramms sei noch immer nicht erkennbar, worin der Vorteil von Campus Europae gegenüber anderen Austauschprogrammen liegen soll. „Insofern halte ich es weiterhin für unsinnig, Ressourcen für ein verzichtbares Programm zu verbrennen. Unsere Fakultät ist hierzu jedenfalls nicht bereit“, sagt der Dekan.

Jung und noch verbesserbar

Campus Europae ist ein junges Programm. Seit drei Jahren führt es Studenten ins europäische Ausland. Das Veränderungen und auch Verbesserungen vorgenommen wurden, leuchtet sicher ein. Welches Konzept ist schon von Beginn an mustergültig?
Die jüngste Entwicklung beschreibt Professor Matthias Schneider, Dekan der Philosophischen Fakultät: „Gegenwärtig arbeiten die Partneruniversitäten, die sich an Campus Europae beteiligen, ein gemeinsames Masterprogramm aus. So kann Studierendenaustausch ganz konkret und ohne Hürden ermöglicht werden.“
Es bewegt sich also einiges bei Campus Europae. Bleibt zu hoffen, dass sich nicht nur das Programm, sondern auch Studenten bewegen. Und zwar gen Ausland. Um es mit den Worten des Dekans der Theologischen Fakultät Professor Christfried Böttrich zu sagen: „Ein europäischer Horizont tut uns allen gut!“

Geschrieben von Martha Kuhnhenn