ZEIT-Kolumnist Adam Soboczynski las am Mittwoch im Koeppenhaus aus seinem Buch ?Polski Tango?. Eine bereichernde Lesung, die einen ganz neuen Blick auf das Nachbarland Polen eröffnete.

Witze, Klischees, Politik – Polen ist ein Nachbarland, über das sich viel streiten und erzählen lässt. Aber auch herzlich lachen. Dies zumindest bewiesen die Zuhörer bei der Lesung von Adam Soboczynski am vergangenen Mittwoch im Literaturzentrum Vorpommern.
Trotz des strömenden Regens machten sich viele auf den Weg um den Journalisten der Wochenzeitung lesend aus seinem 2006 erschienen Buch ?Polski Tango? zu erleben. Ein delikates Ereignis.
Zwar hat Soboczynski im Alter von 6 Jahren sein Geburtsland mit seinen Eltern verlassen, doch kehrte er 20 Jahre später auf einer Reise nach Polen wieder zurück. Diesmal als Suchender und Journalist.
Mit feinem Witz und sprachlich ausgefeilten Beobachtungen erzählt der Träger des Axel-Springer-Journalistenpreises von 2005 in ?Polski Tango? behutsam von Menschen, ja Nachbarn und ihre jeweilige Welt.
?Das Buch ist keine Selbstaufarbeitung, sondern steht stellvertretend für viele?, stelle Soboczynski klar. Viele meint jene mit vergleichbaren Biografien in den achtziger Jahren.
Rege Wortbeiträge gestalteten die moderierte Veranstaltung mit. Selbst hinsichtlich des Witzes. Soboczynski berichtete von einen Gespräch mit Jens Bisky, dem Sohn des Parteivorsitzenden Lothar Biskys von Die Linke, über Polenwitze. Fazit: ?Die Unterschiede sind gering. Das Klischee über Polen ist alt und tradiert?, erklärt der Kolumnist. ?Soll ich noch etwas lesen?? Zuspruch erfolgt mit einem regen, wenn auch kurzen Gemurmel.
Geschichten über anfängliche Sprachbarrieren am Rhein, einen Lehrer, der die Rolle Polens kurz nach der Wiedervereinigung in seinem Unterricht anhand einer Ausgabe des Times Magazine unterstreicht, aber auch über Hundesalons im Norden Berlins brachten die auf allen Stühlen sitzenden Zuhörer zum Schmunzeln oder halblauten Auflachen.
?Es kommt mir immer wieder auf die Zuspitzung von Klischees an?, bemerkt Adam Soboczynski mit einem weichen Tonfall in der Stimme. ?Nichts ist langweiliger als diese Verständnisliteratur.? Denn nie wollte er ein Buch aus einem Komplex von bestehenden deutsch-polnischen Missverständnissen heraus schreiben.
?Es ist besser, wenn ich über- anstatt untertreibe?, meint der Autor.
Überlegt sachlich reagierte er auf Fragen über das Aufwachsen in der Bundesrepublik als Sohn eingewandeter polnischer Eltern, die sich aus Charme aus dem gesellschaftlichen Leben zurückzogen. Dies nicht allein.
?Die Brüche der Vergangenheit sollten die Kinder durch ihre Leistungen kitten?, gibt Soboczynski zu bedenken. ?Es ist schwierig, auf solche Fragen zu antworten.?
Wie anregend der Abend war, zeigt die Pause, in der eine Frau den Autor im Zwiegespräch vor offenem Fenster an etwas erinnerte: Denn Polen galt einst auch als ein Sehnsuchtsort. Geschrieben von Uwe Roßner