Am 26.6.2007 spielte Lou Reed im Berliner Tempodrom sein Album „Berlin“ live – zum ersten Mal, seit dem Entstehen des Albums im Jahr 1973.

26.6.2007, 20:05 Uhr: Lou Reed betritt die Bühne im Berliner Tempodrom und wirkt dabei wie ein 60jähriger Mann. Lou Reed ist 60. Er hat einen Bauch, ein Gesicht wie ein alter Boxer und wirkt, als würde er ersteinmal in die erste Reihe klettern, um dort kurz Platz zu nehmen und zu verschnaufen. Was kann man von so einem schon erwarten?

Und gerade, als man sich über diese Gedanken ärgert, schürzt Reed die Lippen, gibt seiner Band schnelle Zeichen und beginnt schlagartig damit, jeden einzelnen Zuschauer zu packen und gefangenzunehmen.
Lou Reed spielt, von der Probeaufführung am Vortag in Dortmund abgesehen, zum ersten Mal das Album „Berlin“ live, 34 Jahre nach seinem Erscheinen, und schafft es vollkommen, die Erwartungen der vielen Fans zu erfüllen.
Das Konzert, dass die 40 Minuten der Originalaufnahme auf knapp über eine Stunde verlängert hat, fand im ausverkauften Saal statt und wurde begleitet von sieben Mitgliedern des Londoner Symphonieorchesters und zwölf Sängerinnen des Londoner Mädchenchors.
Lou Reed schien in den zwei Stunden, die er vor dem Publikum sprach, sang, flüsterte und raunte, in der Fassung seines Lebens zu sein, schien seine Songs wie nie zu beherrschen.
Bei aller Begeisterung des Publikums konnte man dennoch nicht darüber hinwegsehen, dass Reed auch hörbar gealtert ist. Einige Male verpasste er seine Einsätze, begann mit der falschen Note oder leierte seinen Vers einfach herunter, anstatt seiner Stimme wie auf seinen Alben den ihm typischen Ausdruck zu verleihen.
Alle in allem war es ein großartiges Konzert, dass einen Lou Reed zeigt, der sich noch im Klimax seines Könnens befindet, aber bereits auf dem Weg des Abstiegs ist, der ihm das Alter weist. Aber spätestens nach seinen drei begeistert aufgenommenen und mit Leidenschaft gespielten Zugaben, „sweet Jane“, „satellites of love“ und „walk on the wild side“, konnte man sich sicher sein: Jemand wie Reed kann so alt werden, wie es das Schicksal will: Er wird immer einer der wichtigsten Personen bleiben, die der Rock and Roll zu bieten hat.

Geschrieben von tw