Kammerkonzert stellte am Samstag in St. Jacobi barocke Zeitgenossen vor

Nicht allein die Ostsee zog Johann Sebastian Bach in den Norden. Maßgeblich waren es die in Norddeutschland wirkenden Komponisten und deren Musik. Aber auch die dortigen Konzertformen. Gerade die von Dietrich Buxtehude in Lübeck ausgerichteten Abendmusiken hatten einen weithin geachteten Ruf.

Im Kammerkonzert der 61. Greifswalder Bachwoche präsentieren am vergangenen Samstag der Violinist Thomas Pietsch und der niederländische Cembalist Bob van Asperen in der Jacobikirche Zeitgenossen Johann Sebastian Bachs, die mit dem Thomaskantor musikalisch eine Entwicklungslinie bilden. Einen besonderen Schwerpunkt legte das deutsch-niederländische Duo auf die Geige. ?Bach profitierte von der norddeutschen Violinenkunst?, sagte Thomas Pietsch. ?Bei teilweise monatelangen Zusammentreffen mit Kollegen während seiner Reisen lernte er intensiv ihre Stile.?

Verwundern durfte daher ein Programmwahl nicht, die mit Johann Sebastian Bachs Sonate in e-Moll (BWV 1023) schloss. Auch wenn die Urheberschaft heute angezweifelt wird. Dem glanzvollen Schlusspunkt stellten sich Eindrucksvolles voran. Mit einer Lachrime Pavaen des Johann Schop (1590 – 1667) für Violine und Basso conituno eröffneten van Asperen und Pietsch ihre Konzertstunde. Ulrich Johann Voigts (1669 – 1732) Sonate in B-Dur folgte. Herrlich vom Cembalo gestützt entfaltete sich auf der Violine ein schneidiger Ton. Beide Instrumentalisten bewiesen darauf folgend solistisch ihre hohe Spielkultur. Mit der viersätzigen Partita für Violine von Thomas Baltzar (1630 – 1663) nahm Thomas Pietsch einen musikalischen Faden aus Norddeutschland auf. Denn dessen Urgroßvater gehörte als Lübecker zu den Mitbegründern der Violinenkultur des 17. Jahrhunderts. Gelöst gelangen da mit klarem Bogenstrich das Präludium, die Allemande, die Courante und Sarabande. Mit der Choralpartita ?Auf meinen lieben Gott? gedachte Bob van Asperen am Cembalo dem diesjährigen musikalischen Jubilar Dietrich Buxtehude. Nach der vierzehnten Rosenkranzsonate für Violine und Basso continuo von Heinrich Ignaz Franz Biber (1664 – 1703) überraschte der Niederländer mit Johann Jakob Frobergers Suite XV in a für Cembalo. ?Ein Schock ging im vergangenen Jahr durch die Frobergerwelt?, so der Spezialist für Alte Musik. ?Ein Autograph sollte versteigert werden.? Dabei befand sich darunter ein Stück für die Krönung seines Dienstherrn Leopold I. Und dies nicht allein. Denn vor Bach verwendet er in einem der Sätze einen neapolitanischen Sextakkord darin. Eine bis dato im Werk nicht bekannte Modernität des Komponisten.

Viel Applaus und eine Blumendank erhielten beide Kammermusikpartner am Ende für die begeisternde Gesamtschau. Beim anschließenden Workshop am Konzertort zeigte sich Bob van Asperen als ein gewinnender Cembalolehrer. Und dies klang natürlich mit Bach, mit Sinfonien von Johann Sebastian Bach aus. Geschrieben von Uwe Roßner