Daniel Schmahl und Johannes Gebhardts „Back to Bach“ (Ao-Nrw)

Ohne Felix Mendelssohn-Bartholdy wäre Johann Sebastian Bach in Vergessenheit geraten. Bereits gegen Ende seines Lebens galt der Stil des Thomaskantors als veraltet. Allein seine Klavier- und Orgelwerke besaßen eine kontinuierliche Rezeption durch die späteren Zeiten hindurch.

Erst durch die Berliner Aufführung der Matthäus-Passion am 11. März 1829 durch Mendelssohn-Bartholdy wurde Bachs Musik, wenn nicht sogar erstmalig, einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.
Die Kenntnis seiner Werke beschränkte sich zu dessen Lebzeiten auf die Leipziger Hauptkirchen, die eigenen instrumentalen Ensembles und die handschriftlichen Überlieferungen seiner Schüler. Die Wiederentdeckung hallte gewaltig nach.
Der Musikkritiker Robert Schumann forderte in einem Artikel nach dem Konzert in Leipzig, die Gesamtedition des bis dahin nur teilweise publizierten Werkes. Friedrich Hegel stellte hingegen Bachs Genialität in seinen Ästhetikvorlesungen heraus und reihte das Oeuvre in das Repertoire der großen Musik ein.
Allgemeine Fragen der historischen Aufführungspraxis Alter Musik und bei Bach wie auch kompositorische  Anknüpfungspunkte bestimmten neben der Suche nach einem einheitlichen Bachbild das 20. Jahrhundert.
Stellte sich beim kanadischen Pianisten Glenn Gould noch die Frage, ob es korrekt sei, die Goldbergvariationen auf einem modernen Konzertflügel zu spielen, so suchten Musiker wie Komponisten in der Auseinandersetzung mit Bach neue Wege.
Der in Greifswald lehrende Organist Johannes Gebhardt und der Trompeter Daniel Schmahl begaben sich auf musikhistorische Spurensuche. Für die kompositorische Rezeption im 19. und 20. Jahrhundert wurden beide fündig. Miles Davis „Four“, Johannes Brahms „Elf Choralvorspiele“, Astor Piazollas „Tangolibre“ oder Dmitri Schostakowitsch (Film-) „Walzer Nr.2“ versammeln sie auf der in der Neubrandenburger Johanneskirche entstandenen Aufnahme zum scheinbar harmlosen Programm „Back to Bach“.
Ob Tango, Jazz oder moderne Kompositionsmusik – das Duo stellt die Einflüsse Bachs spielend heraus, werkelte hier und da für Trompete, Corno da Caccia und Flügelhorn.
Vom Contrapunctus 1 aus der Kunst der Fuge bis hin zur Improvisation „Base for Bach“ von Johannes Gebhardt liefern sie den hörenswerten Beweis, dass das Schaffen des Thomaskantors nicht ein Endpunkt in der Musik sei. Den Ausspruch Albert Schweitzers widerlegt die Kombination des herrlich bescheidenen Orgelklangs  zusammen mit kantilenen Bläserlinien beharrlich.

Geschrieben von Uwe Roßner