Tschaikowskys „Der Nussknacker“ erlebt Wiederaufnahme

Der Vorhang geht auf und man befindet sich im feierlich dekorierten Wohnzimmer der Familie Stahlbaum am Weihnachtsabend. So fühlt sich der Zuschauer in den ersten Momenten von „Der Nussknacker“ in der Inszenierung von Ralf Dörnen zur Musik von Peter Tschaikowsky und der Choreografie von Lew Iwanow. Mit Liebe zum Detail wurde die Bühne des Theater Vorpommerns zu einem Wohnsalon im Geschmack des 19. Jahrhunderts verwandelt, in dem die Familie Stahlbaum den Heiligen Abend feiert und auf die Ankunft von Onkel Drosselmeier wartet.

Endlich kommt Drosselmeier (Ion Beitia) und schenkt der Tochter des Hauses, Klara (Nao Omi), einen hölzernen Nussknacker. Nachdem das Fest vorbei ist, legt sich Klara schlafen und beginnt zu träumen. Ihr Körper wird immer kleiner bis sie mit ihren zum Leben erwachenden Puppen auf Augenhöhe ist. Der bewegungsgehemmte Nussknacker (ebenfalls Ion Beitia) verwandelt sich nach und nach in einen stolzen Prinzen und muss Klara sogleich vor dem bedrohlichen Mäusekönig retten. Doch hier erwacht Klara. In ihrer Erinnerung bleibt ihr herrliches Abenteuer bestehen.
Diese Inszenierung überzeugt vor allem ab dem zweiten Akt, als Klaras Traum beginnt und ihre Puppen langsam anfangen zu tanzen.  Anfangs noch steif und hölzern, werden sie immer lebendiger, fast schon menschlich. Jede Puppe darf Klara nun einen ganz charakteristischen Tanz zeigen. Einer Matrosenpuppe folgen spanische, arabische, russische und schließlich noch zwei Soldatenpuppen. Sie alle gewinnen das Publikum mit farbenfrohen, zu den Tänzen passenden Kostümen und tollen choreographischen Elementen für sich.
Leider werden alle Thementänze in gekürzter Fassung gezeigt. Abschließender Höhepunkt ist der Grand Pas de deux, ein wunderschöner Tanz von Klara und ihrem Nussknacker. Alle Hebefiguren und Drehungen – jede einzelne Bewegung – strahlen eine enorme Leichtigkeit aus und sind absolut stimmig zu Tschaikowskys Musik. Trotz einiger choreographischer Schwächen, die sich hauptsächlich in Synchronfehlern zwischen den  Darstellern und Unstimmigkeiten zur Musik zeigten, ist das Ballettstück „Der Nussknacker“ am Theater Vorpommern sehenswert. Dies ist neben der starken tänzerischen Leistung von Ion Beitia vor allem dem Orchester unter der musikalischen Leitung von Koji Kawamoto, dem Bühnenbild von Alexander Hermann und den Kostümen von Ralf Christmann zu verdanken.

Geschrieben von Wiebke Brüggemann