Zum 60. Mal jährte sich in diesem Jahr am 1. Oktober die Urteilsverkündung des Internationalen Militärtribunals (IMT) bei den Nürnberger Prozessen gegen 24 Angeklagte. In der Geschichte hatten sich Politiker, Militärs und führende Personen der Wirtschaft erstmalig persönlich für das Planen und Führen eines Angriffskrieges und den Massenmord in Konzentrations- und Vernichtungslagern zu verantworten.

Einigkeit herrschte zwischen den Alliierten und den vom Zweiten Weltkrieg betroffenen Ländern, eine Vergeltung, wie sie in den vergangenen Jahrhunderten praktiziert wurde, nicht zu vollziehen. Dafür sollten die Verhandlungen nach dem Vorbild der amerikanischen Strafprozesse durch ein eigens eingerichteten Ad-hoc-Gericht durchgeführt werden.
Nürnberg erwies sich dabei aus mehreren Gründen als günstiger Prozessort. Anders als in Berlin befand sich hier ein weitesgehend unbeschädigt gebliebener Justitzpalast und ein dazugehöriges Gefängnis. Zudem besaß Nürnberg als Stadt der Reichsparteitage einen symbolisch nicht unerheblichen Wert.
Von Beginn an erregten die Verhandlungen internationales Interesse.  Rundfunk- und Zeitungsberichterstatter hielten die Welt auf dem Laufenden. Alfred Döblin, Willy Brandt, Erich Kästner, Erika Mann und Markus Wolf wurden beispielsweise eingeladen, um den Prozess beizuwohnen und als Augenzeugen Eindrücke vom Inhalt und Verlauf zu gewinnen. Die Verhandlungsprotokolle wurden nach Abschluss des Prozesses in einer zuverlässigen Textfassung publiziert. Bis heute gelten sie als eine der wichtigste Quellen über die NS-Geschichte.  Doch dem nicht genug. Das Festhalten der Verhandlungen beschränkte sich nicht allein darauf.
Eine neue Dimension der Beschäftigung mit der Neuesten Geschichte ermöglicht die in einer Produktion von Ulirch Lampe herausgegebenen Tondokumente der Verhöre in Nürn-berg. Durch Sendungen des SWR und des MDR wurden die sich in den National Archives von Washington befindlichen Orginial-Tondokumente nun hierzulande bekannt. Trotz des unmittelbaren Eindrucks der Verhandlungen aus den Ver-nehmungen der Angeklagten und Zeugen lagert dieses Stück Zeitgeschichte bruchstückweise gesichtet in unüberschaubarer Dichte in den National Archives.
Anders als bei den Verschriftlichung beziehungsweise den Protokollen, ist es nun in der in Form von acht thematisch  geordneten Box möglich, die öffentliche Konfrontation der bewußt ausgewählten Verantwortlichen in Echtzeit hörend zu begleiten. Die Originalmittschnitte führen die Entwickung der juristischen Aufklärung von Zeitgeschichte, ihrer faktischen Präsentation und der Verarbeitung der Beklagten vor Augen.

Geschrieben von Uwe Roßner