Ein Rückblick auf 16 Jahre Landeshochschulpolitik

Schon vor 16 Jahren demonstrierte die Uni, damals kurz nach der Wende freilich um ihre Existenz. Kurz vor Weihnachten, am 20. Dezember 1990, rollte im Rektorat in der Domstraße ein längeres Stück Papier aus dem Faxgerät. Die soeben gewählte CDU/FDP-Regierungskoalition unter Ministerpräsident Alfred Gomolka (CDU) hatte ihre Entscheidung getrofffen, welche Hochschulen in die „neue Hochschullandschaft“ nach der Wende übernommen werden sollten. Greifswald war dabei, doch es folgten weitere Faxe. In denen war zu lesen, welche Institute abgewickelt werden sollten und welche neu zu gründen seien. Eine Entlassungswelle rollte über die Uni.

Der einzige gemeinsame Konsens, den Rektor Zobel unter diesen Vorzeichen erreichen konnte, war die Volluniversität, also erst einmal Existenzsicherung für alle und jeden, der übrig geblieben war. Klar war allerdings auch damals schon, dass das Geld für zwei Universitäten und drei Fachhochschulen im Land nicht ausreichen würde.
Das Theater der Schließungen gerade wieder eröffneter Studiengänge begann gleich im Jahr eins nach der Wende, als die Wirtschaftswissenschaft plötzlich wieder zur Debatte stand. Wirtschaftswissenschaft und Juristenausbildung waren ganz bewußt wieder eröffnet worden, jetzt folgte Kultusminister Oswald Wutzke (CDU) einer Empfehlung des Wissenschaftsrates und verweigerte erst einmal weitere Einschreibungen. Der Rat hatte angeregt, Jura und BWL jeweils nur einmal im Land vorzuhalten. Zum Wintersemester 1993 ermöglichte das Kabinett dann aber doch wieder Einschreibungen in den BWL-Studiengang in Greifswald.
Am 26. Januar vor 12 Jahren wurde das erste Landeshochschulgesetz (LHG) im Landtag verabschiedet. Kultusministerin Steffie Schnoor (CDU) bezeichnete es als das „modernste in Deutschland“, unter anderem drohte Studenten bei zwei Semestern Überschreitung der Regelstudienzeit eine zwangsweise Prüfungsanmeldung zur Abschlussprüfung, und danach gar Zwangsexmatrikulation. Der Greifswalder AStA trommelte spontan zur Demo nach Schwerin zusammen und besetzte gar zusammen mit den Rostockern für eine Stunde den Landtag – geholfen hat es indes nicht, das LHG wurde verabschiedet.
Bei der Landtagswahl 1994 schaffte die FDP den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde nicht mehr und es kam zur Großen Koalition, weiterhin unter Ministerpräsident Bernd Seite und mit der neuen Kultusministerin Regine Marquardt (SPD). Die sah sich im August 1996 dann zu „Strukturmaßnahmen“ genötigt, als im Landeshaushalt des Finanzministeriums die zunehmende Geldnot offenbar wurde. Die Uni strickte schnell ein paar Kürzungen zusammen – von allen etwas ohne ein ganzes Institut zu schließen – und 1.800 Studenten protestierten im Oktober in Schwerin.
Die dritte Legislaturperiode begann 1998 mit der ersten SPD/PDS-Koalition bundesweit unter Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD). Schon ein Jahr zuvor hatte die bundesdeutsche Studentenstreikwelle Greifswald erreicht: Anlass war diesmal keine neue Schließungsorgie vom Land, sondern die allgemeine Forderung nach mehr Geld für Bildung und allem Bodenständigen, was dazu gehört. Letztlich konnte zwar die Umwandlung des Mensaclub in eine Bibliothek verhindert werden, wesentlich mehr Geld gab es aber nicht.
Im Frühjahr 1999 debattierte die Uni über die Privatisierung des Uniklinikums, wiederum hatte der Wissenschaftsrat seine Finger im Spiel. Währenddessen beschäftigte sich der Landtag mit einer Neufassung des LHG. Das Studiengebührenverbot, eine größere Hochschulautonomie und sogar Planungssicherheit für die Hochschulfinanzierung konnten nach zähen Verhandlungen Ende 2002 festgeschrieben werden.
Doch die LHG-Novelle beeindruckte die neue alte Landesregierung wenig. Kaum 2002 ins Amt gewählt, stellte das Finanzministerium Ende 2002 ein Personalkonzept für die Uni vor, dass 158 weitere Stellenstreichungen in der nahen Zukunft vorsah. Eigentlich sollten die Unis nach dem neuen LHG erst einmal gründlich überlegen, wie sie sich inhaltlich ausrichten wollen, um dann über Stellen nachzudenken – doch dazu kam es nicht. Ausgerechnet mit dem ehemaligen Greifswalder Rektor Hans-Robert Metelmann als Bildungsminister kamen im Herbst 2003 sowie im Frühjahr 2005 weitere Kürzungsrunden. Schließlich wurde den Unis im Januar 2006 die Möglichkeit wieder genommen, selber über Strukturen zu entscheiden. Und nun steht die Landtagswahl bevor und es ist offener denn je, wie es mit der Hoch-
schulpolitik vom Land weitergeht.