Was verschlägt einen Greifswalder Professor für öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht aus Greifswald zur Weltklimakonferenz nach Montreal? Seine wissenschaftliche Arbeit: Michael Rodi beschäftigt sich nicht nur mit Umweltsteuern, sondern der studierte Politologe und Jurist ist auch sehr an Green Politics interessiert, also einer nachhaltigen Energie-, Landwirtschafts- und Verkehrspolitik. Übrigens war Michael Rodi nicht der einzige Greifswalder Professor in Montreal: Sein Philosophie-Kollege Konrad Ott, der sich mit Umweltethik beschäftigt, war ebenfalls unter den rund 40 deutschen Delegierten.

moritz: Mit welchen Erwartungen sind Sie nach Montreal gefahren?
Professor Michael Rodi: Es war hauptsächlich Neugierde. So eine Konferenz ist eine seltene Gelegenheit, Forscher und Vertreter von Umweltorganisationen aus der ganzen Welt zu treffen. Natürlich war es auch höchst spannend, zu erleben, was auf der ersten Vertragsstaatenkonferenz nach Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls passiert – dabei ging es um Sein oder nicht Sein.

Wie muss man sich solche Verhandlungen vorstellen: Sitzt man wirklich 24 Stunden und diskutiert?
Es sind sehr intensive Diskussionen für die Verhandlungsteilnehmer. Die Vertragsstaaten sind ja in verschiedenen Gruppen zusammengeschlossen, also die EU, die Amerikaner mit ihren Verbündeten oder die Dritte Welt-Länder. Jeder musste ständig die eigene Position mit seiner eigenen Delegation und gleich gesinnten Staaten rückversichern, was für die Teilnehmer ein unglaublicher Marathon war.

Die Amerikaner stellten sich auf der Konferenz stur. Was sind ihre Erfahrungen?
Die USA begleiteten einen Prozess, den sie politisch nicht wollten. Dennoch kamen sie mit einer großen Delegation, deren einziges Ziel es war, destruktiv zu sein und Konsens zu verhindern. Ihnen war kein Trick zu dumm und zu schade. Ihr Lieblingstrick war, bei den Diskussionen am Anfang erst einmal Geschäftsordnungsanträge zu stellen. Ging es dann endlich inhaltlich zur Sache, haben sie ständig nach wankelmütigen Staaten im Lager der Kyoto-Vertragsstaaten gesucht.

Überschatten diese unangenehmen Erfahrungen ihr Bild von den USA?
Nein, denn bei den Side-Events der Konferenz waren unglaublich viele engagierte Amerikaner aus der Wissenschaft und von den NGOs, die mein USA-Bild wieder versöhnten. Man muss sich immer vor Augen halten, dass die Bush-Regierung nur einen Teil Amerikas vertritt.

Ex-US-Präsident Clinton hat die Konferenz gerettet, indem er die Amerikaner am letzten Tag zum Umdenken bewegte?
Die Verhandlungen über die Zukunft von Kyoto werden fortgeführt – es gibt also einen Beschluss, weiter zu reden. Darauf haben sich die Amerikaner eingelassen. Allerdings bin ich persönlich Realist: Selbst wenn das Kyoto-Protokoll bis 2012 umgesetzt würde, wäre das Klimaproblem damit noch nicht gelöst.

Wie ernst haben die Medien die Konferenz genommen?
Leider war das Interesse der Medien durch die fast zeitgleichen Verhandlungen der WTO in Hongkong abgelenkt. Außerdem besteht allgemein das Gefühl, dass die internationale Klimapolitik wegen den USA stagniert. Dennoch setzt sich langsam bei Wissenschaftlern und Medien die Meinung durch, dass Klimapolitik die wichtigste Umweltpolitik überhaupt ist.

Geschrieben von Ulrich Kötter