Kurt Tucholsky liebt Deutschland, Kurt Tucholsky hasst „Deutschland“.
Kontrastreich war auch das Programm „Kurt Tucholsky: Drei Minuten Gehör“, das an einem Donnerstagabend im Theater auf der Probebühne dargeboten wurde.

Begleitet vom Pianisten und Antagonisten Thomas Bloch–Bonhoff, gab Sabine Kotzur mit Texten, Gedichten und Chansons die satirisch-humoristische, aber auch die vaterlandsmüde Seite Tucholskys wieder. Mit Chansons á la „Zieh Dich aus Petronella“ oder „Immer angelehnt“ beherrschte sie die Kunst des Flirtens und Kokettierens mit den anwesenden Männern im Publikum voll und ganz.
Mit fabelhaft sonorer Stimme und Berliner Schnauze trug sie Texte gegen die eitle Männlichkeit, gegen den Militarismus, gegen das Beamtentum und natürlich für die Liebe vor. Mal schlüpfte sie in die Rolle der Tochter, die einem Geliebten beichtet, mal in die Rolle des Arbeitsvermittlers, der dem Sohn eine Beamtenlaufbahn empfiehlt und dann nahm sie wieder die Rolle des selbstverliebten Mannes ein, der vor dem Spiegel posiert, um einer Zimmerpalme zu imponieren. Auch Szenen einer Ehe durften natürlich nicht fehlen. Wer „Rheinsberg“ kennt, weiß, wie gnadenlos Tucholsky Stärken und Schwächen einer Beziehung seziert.
Auch als überzeugter Pazifist war Tucholsky bekannt und prägte den berühmt gewordenen Satz „Soldaten sind Mörder“. Wie kein anderer kritisierte der bedeutendste Satiriker der Weimarer Republik die Missstände seiner Zeit. An diesem Abend fand auch dieser Aspekt Berücksichtigung im abwechslungsreichen Repertoire. Die Auswahl von Tucholskys Texten spiegelte die zwiespältige Seele des Dichters gelungen wider.
An seiner Hassliebe zu Deutschland ging er letztendlich zu Grunde: 1935 starb Tucholsky im schwedischen Exil nahe Gripsholm durch eigene Hand.

Geschrieben von Katarina Sass