Neben den Slawischen Tänzen, der achten und der neunten Sinfonie („Aus der neuen Welt“) sowie der späten Oper „Rusalka“ zählt das Violoncellokonzert zu den wichtigsten Kompositionen des Tschechen Antonín Dvorák (1841–1904). Obwohl der Brahmsfreund das Cello aufgrund seiner klanglichen Qualitäten in der hohen wie tiefen Lage nicht überschwänglich schätzt, geriet das Werk zu seinem besten Instrumentalkonzert.

Der Solist Jan Vogler reiste für die Einspielung des Stücks mit David Robertson und dem New York Philharmonic Orchestra eigens nach New York – dem Ort, wo Dvorák 1894, kurz vor Abreise nach seinem dreijährigen, erfolgreichen USA-Aufenthalt, die Arbeit daran begann. Damit endet innerhalb des Gesamtoeuvres die „amerikanische“ Phase, in der Dvorák indirekt die Diskussion um die musikalische Identität des Landes anregend begleitet. Doch anstelle eines Hinweises auf jenen historischen Hintergrund betonen Jan Vogler als Solist und der Musikwissenschaftler Michael Beckermann die geheimnisvolle, wenn auch persönlich-tragische, Seite des Cellokonzerts. Was sich interpretatorisch als beflügelnd herausstellt, lässt wissenschaftlich Fragen offen.
Dem Hörer kommt bei dieser Aufnahme das pädagogisch wertvolle Konzept zugute. Anstelle von Taktzahlen in einer Partitur führen die angegebenen Spielzeiten durch das Werk und ermöglichen einen klareren Überblick über dessen dramatische Konzeption. Mit wunderbarem Strich gleitet Jan Vogler nach einem bedrückt grüblerischen Orchesterauftakt in das Werk und präsentiert eine insgesamt recht aufgewühlte Interpretation, die für sich selbst stehen kann.
Hingewiesen sei abschließend auf die Einspielungen von Pablo Casals und Mstilav Rostropovitsch. Letzterem gelingt unter dem Dirigat Herbert von Karajans eine anfangs bescheidene, in der Expressivität keinesfalls nachstehende Deutung, bei der Orchester und Solist wunderbar verschmelzen. Die Schaffung eines prahlerischen Virtuosenstücks lag Dvorák mit Konzert für Violoncello und Orchester fern.

Geschrieben von Uwe Roßner