Als polnische Studentin in Greifswald

Magda und ich treffen uns an einem Montag zum Kaffee. Ihre markante Stimme und ihr Lachen fallen sofort auf. Die junge Studentin kommt aus Polen, genauer Szczecin, nur zwei bis drei Stunden mit dem Auto. Magda Plesner ist 20 Jahre alt und studiert seit dem Wintersemester ‘04/‘05 in Greifswald. Sie ist eine von insgesamt 116 polnischen Studenten, die derzeit ihr Studium in Deutschland absolvieren. Davon sind immerhin 83 Frauen. Die Mehrzahl der jungen Polen in Greifswald studieren BWL, Germanistik und Anglistik, dicht gefolgt von Jura und Medizin.

Magda, die sich selbst als Fremdsprachen-Freak bezeichnet, studiert im dritten Semester Anglistik/Amerikanistik als Hauptfach und Polonistik und Kommunikationswissenschaft in den Nebenfächern. Sprachen haben die quirlige Magda schon immer fasziniert.
Und wirklich: Magda plappert munter drauf los, nimmt kein Blatt vor dem Mund. Sie erzählt von ihrem Vater, der in Greifswald regelmäßig als Journalist für das deutsche Radio arbeitet und sie in ihrer Idee, in Greifswald zu studieren, unterstützte. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit polnischen und deutschen Behörden kam sie im September 2004 nach Greifswald und fand schnell ein Zimmer in der Makarenkostraße. Dort wohnt die Polin mit einer deutschen Studentin zusammen, mit der sie sich gut versteht.
Beeindruckt war Magda damals vor allem von der Hilfsbereitschaft des AStA, der ihr kostenlos Möbel zu Verfügung stellte und ihr viele wichtige Fragen beantwortete. „Jeder hat mich in dem kleinen, gemütlichen Greifswald freundlich empfangen und mich unterstützt. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, im Studium gegenüber deutschen Kommilitonen bevorzugt zu werden. Ich habe hier noch nie schlechte Erfahrungen gemacht.“
Einen kleinen Nebenjob hat Magda auch schon gefunden. Sie arbeitet für ein deutsches Bauunternehmen als Übersetzerin von Dokumenten und Katalogen. In Deutschland verdient sie das Sechsfache von dem, was sie in Polen verdienen würde. Dennoch lebt Magda sparsam. Manchmal fragt sie sich, was einige mit dem vielen Geld anstellen, das ihnen im Monat zur Verfügung steht. Magda haushaltet mit etwa 300 Euro in einem Monat, mit allem drum und dran. Sie kann sich kaum vorstellen, dass in Deutschland einige Studenten monatlich mindestens 600 Euro ausgeben. „Von diesem Geld kann in Polen eine vierköpfige Familie leben.“
Die junge Polin beschreibt deutsche Studenten als pünktlich, zuverlässig, ordentlich und sauber, aber vor allem als temperamentvoll, impulsiv und: „Laut! Wenn sich die Deutschen unterhalten, sprechen sie nicht, sondern sie schreien. “
Nach ihrem Studium möchte Magda sehr gerne in Deutschland bleiben und hier arbeiten. Sie hofft, dass die polnische Sprache ihr bei der Suche nach Arbeit helfen wird.
Momentan freut sich die Studentin wieder auf die Weihnachtszeit. Die Weihnachtsmärkte haben es ihr besonders angetan, obwohl sie anfangs die vielen Lichterketten, Tannenzweige und Weihnachtskugeln als kitschig und übertrieben empfand. „Letztes Jahr war ich schockiert von dem vielen Lichterschmuck, mit dem meine Mitbewohnerin unsere Wohnung ausstaffiert hatte. Es war so hell, dass meine Augen geschmerzt haben.“ Sie grinst.
Wir trinken unseren Kaffee weiter und unterhalten uns über Polen. Magda bedauert es, dass Deutschland oft ein falsches Bild von ihrem Heimatland präsentiert wird. „In Polen wird nicht nur geklaut. Polen hat viele schöne Ecken, die man erkunden kann: Schöne Strände, historische Städte wie Warschau, Krakau, Breslau und Pozen. Dennoch muss bei uns noch viel gemacht werden.“

Geschrieben von Ina Kubbe