Was zeichnet das Koeppenhaus als einen Ort der Kultur aus?
Das Koeppenhaus bietet eine gelungene Synthese von Veranstaltungsort, Forschungs- und Gedenkstätte. Diese Kombination, ergänzt durch das Literaturcafé, ist einzigartig in diesem Bundesland.

Welche Entwicklung nahm das Koeppenhaus nach der Sanierung im Jahre 2002?
In den vergangenen zwei Jahren, also in verhältnismäßig kurzer Zeit, hat sich das Koeppenhaus als eine feste Größe in der regionalen Kulturlandschaft etabliert.

Welche Rolle hat dabei das Literaturzentrum Vorpommern?
Das Literaturzentrum bietet seit seiner Gründung 2002 wöchentlich Veranstaltungen zu aktuellen und auch klassischen literarischen Themen – wenn wir uns die Besucherzahlen ansehen, scheinen wir dabei auf großes Interesse des Greifswalder Publikums zu stoßen. Im vergangenen Jahr ist daneben vor allem der Ausstellungsbereich ausgebaut worden: Wechselausstellungen zum Spannungsfeld zwischen Kunst und Literatur werden im Erdgeschoss gezeigt.

Welches Ziel verfolgt ihr mit eurer Arbeit und  welches Konzept steht dahinter?
Der Trägerverein IKAZ e.V. ist vor zwei Jahren angetreten mit dem Ziel, ein Haus zu schaffen, in dem die literarische Erinnerung an Wolfgang Koeppen wach gehalten wird. Daneben möchten wir unser Publikum mit der aktuellen Literatur zu konfrontieren und interessante Autoren nach Greifswald zu holen. Von Beginn an wollten wir verschiedene Generationen in unserem Haus zusammenführen und ein vielfältiges Publikum ansprechen. Das scheint gelungen.

Welche wichtigen Höhepunkte gab es in der Geschichte des Koeppenhauses bisher?
Natürlich werden uns die Tage mit Günter Grass und Peter Rühmkorf im November 2003 (moritz Nr. 40) immer als großartig in Erinnerung bleiben.  Aber auch die Lesungen und Begegnungen mit Wladimir Woinowitsch, Monika Maron, Max Goldt, Lars Gustafsson oder der Abend, an dem Greifswalder aus Koeppens Roman ?Jugend? lasen, waren Erlebnisse, nach denen wir irgendwann spät in der Nacht glücklich nach Hause gegangen sind. 2004 fallen mir die ?Nacht im Norden? mit dem DeutschlandRadio ein, Ausstellungen und Lesungen zu Arno Schmidt und F. W. Bernstein, der großartige Bloomsday, die Lesungen mit Viktor Jerofejew und Wibke Bruhns und die Kulturnacht, bei der Hunderte von Besuchern bis spät in die Nacht bei uns waren.

Wie viele Besucher kamen im vergangenen Jahr in das Koeppenhaus?
Es werden ungefähr 6000 gewesen sein – ohne diejenigen, die zur neuen Lesereihe ?TresenLesen? mit dem Theater Vorpommern in’s Café kommen.

Wie viele Veranstaltungen gab es insgesamt?
Mit den Lesungen, Vernissagen, Vorträgen und Kinderveranstaltungen sind es 2004 über 80 Veranstaltungen geworden.

Was versteckt sich hinter dem Literaturfestival im Koeppenhaus?
Die Greifswalder Koeppentage fanden erstmals im vergangenen Jahr statt zum Thema  ?Osteuropäische Gedächtnisräume?. Hier fällt mir der beeindruckende Abend mit Herta Müller ein und natürlich die grandiose Lesung Christian Brückners aus Koeppens Reisebeschreibung ?Nach Russland und anderswo?. Die Koeppentage haben ihren Platz in der Woche um den Geburtstag Wolfgang Koeppens am 23. Juni. In diesem Jahr wird das ?Meer? thematisch die Koeppentage bestimmen – wir hoffen sehr, dass wir zumindest eine Lesung auf dem Wasser organisieren können.

Koeppen, sein Geburtshaus und der Koeppenpreis – Was gab es da Besonderes im vergangenen Jahr?
Hier ist vor allem die Eröffnung des sogenannten Münchner Zimmers zu nennen, das Möbel, literarische und Tondokumente und Erinnerungsstücke Wolfgang Koeppens präsentiert und das seit dem vergangenen Jahr hiesige und zunehmend auswärtige Besucher über Person und Werk Koeppens informiert.
Der Koeppenpreis wird alle zwei Jahre von der Hansestadt Greifswald verliehen –  in diesem Jahr erstmals im Geburtshaus Koeppens. Das Besondere an diesem Preis ist, dass der neue Preisträger jeweils vom letzten Preisträger bestimmt wird: So hat Susanne Riedel 2004 den Wiener Autor Ludwig Fels vorgeschlagen, der wiederum den Preisträger des großen Koeppen-Jubiläumsjahres vorschlagen wird: Koeppen würde am 23. Juni 2006 100 Jahre. An dem Tag wird im Koeppenhaus übrigens eine große Koeppen-Ausstellung eröffnet.
In welcher Situation befindet sich das Koeppenhaus?
Die Situation des Hauses ist sehr zwiespältig: Auf der einen Seite haben wir Erfolg mit unserer Arbeit, was natürlich enorm motiviert; auf der anderen Seite ist das Haus durch den IKAZ in freier Trägerschaft, das heißt, dass wir keine institutionelle Förderung erhalten. Wir finanzieren unsere Veranstaltungen zum größten Teil aus den Eintrittsgeldern, sind also auf unser Publikum dringend angewiesen. Es gibt im Haus zwei Stellen, die von Anett Hauswald, die für den Ausstellungsbereich zuständig ist, und die der Programmleiterin, also meine. Beide sind SAM-Stellen, werden also bisher öffentlich gefördert. Anetts Stelle läuft im Sommer dieses Jahres aus, was de facto auch das Aus für Ausstellungsbereich bedeutet. Meine Stelle läuft noch bis zum Sommer 2006.

Welche Hoffnungen gibt es angesichts der angespannten Situation?
Ich neige nicht zum Pessimismus, aber hier von Hoffnungen zu reden fällt schwer. Der Verein bemüht sich nach allen Kräften, Mittel zur Finanzierung von Personal aufzubringen. Realistisch muss man aber sagen, dass es uns nicht gelingen wird, die Personalkosten für zwei Stellen aufzubringen, obwohl wir uns bemühen, so kostengünstig wie nur möglich zu arbeiten. Dabei ist wahrlich genug Arbeit für zwei Leute da!

Was wissen eigentlich die Gäste darüber? Ist ihnen die Situation bewusst?
Wahrscheinlich wissen sie viel zu wenig. Ohne arrogant klingen zu wollen: Vielleicht läuft das Haus zu gut, als dass man sich vorstellen kann, dass wir im Sommer 2005 hinter uns die Tür abschließen.

Was ist aus dem Förderantrag an die Stadt und dem EU-Literaturprojekt im Ostseeraum geworden?
Über unseren Förderantrag bei der Stadt ist noch nicht entschieden worden. Das EU-Projekt mit dem Titel ?Literaturhäuser rund um die Ostsee?, zum dem das Koeppenhaus vom Bildungsministerium eingeladen wurde, steckt noch in der Antragsphase.

Worauf dürfen sich die Besucher in diesem Jahr freuen?
In diesem werden wir Anfang April den 200. Geburtstag Andersens feiern mit einer Ausstellung von ca. 40 Lithographien, die uns von Günter Grass zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen des Nordischen Klangs werden wir ein Andersen-Klangprojekt aufführen, Max Goldt wird bei uns sein neues Programm vorstellen, die Koeppentage zum Thema ?Meer?, eine Ausstellung mit Werken von Henri Michaux und natürlich Schiller -Lyrik als Open Air-Veranstaltung. Trotz all der wirtschaftlichen Probleme, die wir in diesem Jahr zu bewältigen haben: Es ist großartig, im Koeppenhaus zu arbeiten!

Ruth Mülleans ist Programmleiterin des Literaturzentrums Vorpommerns (www.literaturzentrum.org).

Geschrieben von Uwe Roßner