24h Vorlesung: Dr. Gregor Gysi

Anlässlich der 24 Stunden Vorlesung war der Politiker Dr. Gregor Gysi von der Partei Die Linke zum zweiten Mal zu Gast in Greifswald. In diesem Jahr sprach er über die Euro- und Finanzkrise und beschrieb wie man diese seiner Meinung nach überwinden könnte.

EU als Europa der Banken? – SDS diskutierte über Eurokrise

EU als Europa der Banken? – SDS diskutierte über Eurokrise

Seit Wochen, seit Monaten wird über ihn gesprochen: Der Euro. Griechenland ist in den Mittelpunkt der Euro-Krise gerückt. Der einheilige Tenor der überregionalen Presse war zunächst, dass die Griechen zu verschwenderisch seien und somit selbst die Schuld an der Krise zu tragen hätten.

Eine andere Sicht auf den Euro und die Krise dieser Währung bekamen die rund 50 Besucher, die an der von der Hochschulgruppe Die Linke.SDS/ linksjugend [‘solid] organisierten Veranstaltung “Was ist uns der Euro Wert? Sozialstaatsabbau in Zeiten der Krise” teilnahmen. Die Greifswalder Ortsgruppe hat hierzu am 7. Juli um 19 Uhr in den Hörsaal der Medigreif-Kliniken geladen. Als Referentin ist die Parteivorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch, nach Greifswald gereist.

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Neuer Politikentwurf: Ypsilanti sprach über Krisen, fehlendes Vertrauen und Gerechtigkeit

Neuer Politikentwurf: Ypsilanti sprach über Krisen, fehlendes Vertrauen und Gerechtigkeit

Sie sprach schnell und im Dialekt über die Chancen einer solidarischen Moderne: Andrea Ypsilanti (SPD) war Gastrednerin bei der gleichnamigen Veranstaltung, die von der Gruppe Solidarische Universität Greifswald organisiert wurde. Zuerst stellten die Mitglieder dieser, Peter Madjarov und Erik von Malottki, am 15. Juni im Roten Salon der Brasserie Herman das Institut für Solidarische Moderne den etwa 30 Besuchern vor.

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Argentinien nach der Finanzkrise 2001: Proteste und Tauschringe

Friedericke Habermann: "Reiche wurden reicher, Arme ärmer"

Was passierte nach der Finanzkrise 2001 in Argentinien? Warum wurden die Reichen reicher und die Armen ärmer? Was ist mit den Ersparnissen passiert? Um diese und ähnliche Fragen ging es am Dienstag Abend im Lutherhof vor 35 Zuhörern. Die Autorin Friederike Habermann, die in Argentinien von 2002 bis 2005 jeweils ein paar Monate pro Jahr verbrachte, schilderte ihre Eindrücke und ging auf die alternativen Reaktionen der Menschen wie Tauschringe ein.

Gewaltsame Proteste endeten Weihnachten 2001 mit 35 Toten

Spontane gewaltsame Proteste beginnen, Demonstranten schlagen auf Töpfe, die Polizei schießt scharf, 35 Tote, der Präsident flüchtet per Hubschrauber, beschreibt Habermann die Situation kurz vor Weihnachten 2001 dar. Die Sparer bekommen Angst um ihre Guthaben und heben insgesamt 1,3 Milliarden Peso, der argentinischen Währung, ab. Der Koppelung des Peso von 1:1 an den Dollar (Wechselkurs) wurde aufgehoben, wodurch der Peso zwei Drittel an Wert verliert und somit viele Leute einen Großteil ihrer Ersparnisse.

Etwa 35 Teilnehmer informierten sich über die Entwicklung Argentiniens nach der Wirtschaftskrise.

Dass es soweit kommen konnte, sieht Habermann teilweise an den zweistelligen Milliardenkrediten des Internationalen Währungsfonds (IWF). Der IWF wollte dabei eine Sparpolitik anstreben, die öffentliche Mittel aus Gesundheit und Bildung ziehe, eine Privatisierung öffentlicher Unternehmen, auf die Entlassungen folgten und eine Liberalisierung von Handel und Finanzmärkten. Letzteres führte zu höheren Zinsen, so Habermann. Dadurch wurden Spekulationen rentabel. “Reiche wurden reicher, Arme ärmer”, schlussfolgert die freie Wissenschaftlerin.

Tauschringe gründeten sich

Nach Ausbruch der Finanzkrise verloren die Argentinier ihr Vertrauen in den Peso und die Menschen suchten sich andere Handelsformen: Es gab Nachbarschaftsversammlungen, es entwickelten sich Tauschringe mit eigenem Geld, bei denen sogar mit Autos und Häuser gehandelt wurden. Problematisch war nur, dass auf den Tauschbörsen jeder nur die alten Sachen loswerden wollte. “An notwendigem Essen fehlte es”, so Habermann, die seit 30 Jahren selbst in sozialen Bewegungen aktiv ist. Die Tauschringe scheiterten am Geld, weil Geldnoten in großer Zahl gefälscht wurden. Die Autorin plädierte stattdessen für Nutzungsgemeinschaften, in denen Menschen nur die Güter nehmen, die sie benötigen.

Felix und Norma Kovar sind in Argentinien aufgewachsen: "Wir wollen nie mehr zurück."

Außerdem gründeten sich in Argentinien nach der Finanzkrise eine Arbeitslosenbewegung und eine Hausfrauenbewegung, in beiden waren überwiegend Frauen aktiv. Sie kämpften für ihre soziale Absicherung und protestierten mit brennenden Reifen oder Straßenblockaden. „Es ging den Menschen dadurch nicht besser, es war aber eine Befreiung für sie“, erläutert die 43-jährige Buchautorin. So konnten in der Hausfrauenbewegung die Menschen kostenlos zum Friseur oder zur Massage geben und sich günstig krankenversichern. Bei einer Überschwemmung gab es finanzielle Hilfe seitens der Regierung. Die Hausfrauenbewegung zerbrach an Streit über die richtige Verteilung. „Es geht darum, andere Wege auszuprobieren“, forderte Habermann alternative Wirtschaftsansätze.

Felix Norma: “Menschen werden ausgebeutet, ich hatte sechs Jobs”

Felix und Norma Kovar, die in Argentinien aufwuchsen und 2002 nach Deutschland auswanderten, sprachen von einer korrupten Regierung. Felix Kovar berichtet: „Die Menschen werden ausgebeutet, ich hatte sechs Jobs.“ Beide gingen, um in Europa eine bessere Zukunft zu haben. Vor zwei Jahren besuchten sie Argentinien. “Wir haben uns nicht mehr wohlgefühlt, die Gesetze werden nicht respektiert, es gibt viel Korruption. Wir wollen nie mehr zurück”, erzählt Felix Kovar weiter.

Thomas Schmidt: "Wir sind nicht weit weg von Argentinien."

Thomas Schmidt (Weltladen Greifswald) sagte abschließend: “Das Beispiel Argentinien ist nachvollziehbar. Es wäre spannend, wie sich Argentinien ohne Druck von außen und Korruption entwickelt hätte“, gab aber zu bedenken: “Wir sind nicht weit weg von Argentinien.” Von den ungefähr 200 besetzten Fabriken wurden viele an die Arbeiter rechtlich übereignet.

Fotos: David Vössing

“Wall-Street 2” oder: “Das Spiel mit den Menschen”

Plötzlich war er da. Der große Knall. Ganz unerwartet kam er. Und alles, was vorher war, ist Vergangenheit, rast wie eine U-Bahn im Tunnel an einem vorbei. All der Glanz, der Reichtum, das Geld – alles ist mit einem Schlag hinweg gefegt. Genau in dem Moment wird der kürzlich freigelassene Gordon Gekko zum Star des Bankensystems und der Medien. Er ist es, der allen anderen die Welt erklärt, wie sie funktioniert, was falsch läuft und warum es die Finanzkrise gibt.

Gekko ist einer der Schlüsselfiguren im Film “Wall-Street-2”, der als Fortsetzung des ersten Teiles seit einigen Wochen in den deutschen Kinos läuft. Er übernimmt auf der einen Seite die Doppelfunktion des gefallenen Börsenhais, für den seine Karriere im Gefängnis endete. Andererseits repräsentiert die von Michael Douglas gespielte Figur den Siegertyp der Handlung. Einer, der immer durchs Leben kommt und vor allem einer, der weiß, wie er aus der Krise Gewinn abschöpfen kann. Und so ist der Zuschauer gespalten, wenn es darum geht, Gekko zu bewerten. Mal ist er der geläuterte Börsianer, erweckt den Eindruck, als wolle er sich den wirklich wichtigen Dingen des Lebens, der Familie zuwenden. Dann ist er plötzlich doch wieder der skrupellose Finanzhai, dem es nicht um Geld, sondern um “das Spiel mit den Menschen geht”, um das gegenseitige ausstechen.

Jacob Moore als Kontrast zu Gekko

Jacob Moore bildet besonders gelungen den Kontrast zum routinierten, erfahrenen und größtenteils emotionslosen Börsenhai. Durch sein Engagement für alternative Energien verkörpert er das gute Gewissen der Finanzwelt. Er ist der “Mensch” im Film. Mit dieser Maxime ist er im Bankenwesen zum scheitern verurteilt. Die Bank, für die er arbeitet, ist die Erste, die Bankrott geht, worauf hin sein Vorgesetzter Selbstmord begeht. Der alte Zabel, Lehrmeister Moores, wird von Frank Langella eindrucksvoll gespielt. Ihm gelingt es besonders gut, dass sich der Zuschauer in die Person hinein versetzen kann. Er spürt die Verzweiflung in ihm. Das Wissen, dass alles unter geht, dass er seine Bank, sein Leben, nicht mehr retten kann. Angesichts der Erfahrenheit und Besonnenheit, der Ruhe und Ausgeglichenheit, die Moores Lehrmeister ausstrahlt, löst sein Selbstmord beim Zuschauer selbst Betroffenheit aus.

In dem Streifen von Oliver Stone wird besonders facettenreich gezeigt, wie Geld auf der einen Seite Existenzen zerstören kann, auf der anderen Seite durch Geschick und fragwürdige Handlungen andere zu neuem Glanz erstrahlen. Das wird nicht alleine durch die handelnden Charaktere, sondern auch durch das Umfeld, in dem sich diese bewegen, dargestellt. Sie wirken als unterstützendes, manchmal sogar auch tragendes Element, um dem Betrachter die Stimmung zu vermitteln. Wenngleich sich alles um die Geldvermehrung durch Spekulation dreht, so ist die Börse nicht der einzige Schauplatz der Handlung. Es wird sehr oft mit Metaphern gearbeitet. So ist das Motoradrennen zwischen Moore und seinem neuen Vorgesetzten keineswegs bloß ein Rennen zwischen zwei begnadeten Rennsportlern. Die Szene ist nur eine von vielen, die besonders farbenreich den Kampf um die Vorherrschaft, den Wettlauf an der Börse, das “Spiel mit den Menschen”, von denen Gekko am Ende des Filmes spricht, repräsentiert.

Gelungener Film, der Geld einspielen soll

Der Film wartet insgesamt mit einer spannenden, abwechslungsreichen Handlung auf, die zwischen Idylle und Abgrund, zwischen Schein und Sein wandelt. Zwischen Menschlichkeit, Emotionen und kaltschnäuzigem Egoismus. Es dominieren zahlreiche tiefsinnige Szenen, die Figuren wurden zu vielschichtigen Charakteren ausgeformt, die nicht ohne weiteres austauschbar sind. Sei es Gekko, Moore oder die Tochter Gordons. Und so trägt der Film insgesamt vor allem Menschlichkeit in sich. Es geht darum, dass Familien zerstört werden und wieder zueinander finden. Eine grundlegende Kritik am Finanzsystem findet hingegen nicht statt. Wer das in diesem Streifen erwartet, dem seien doch besser andere Filme zu empfehlen. “Wall-Street 2” zeigt nichts weiter, was der Zuschauer nicht sowieso schon längst weiß: Dass die schrankenlose Marktwirtschaft einfach zu dereguliert ist. Die Antwort des Filmes ist nichts weiter als eine Standardaussage: Wäre die Marktwirtschaft menschlicher, würde es allen besser geben und der Kapitalismus würde funktionieren.

Und so wird das eigentliche Ziel des Film doch irgendwie verfehlt. Oder geht es nicht um eine kritische Auseinandersetzung mit der Finanzwirtschaft? Vielleicht hatte Stone tatsächlich nur im Sinn, aufzuzeigen, dass sowohl finanzieller Schaden, als auch finanzieller Reichtum Familien zerstören können. Trotz alledem ist es vor allem hinsichtlich der schauspielerischen Leistung und der Inszenierung ein empfehlenswerter Film. Eine spektakuläre, neue Sicht der Dinge darf man jedoch nicht erwarten. Auch keine Abrechnung mit der Marktwirtschaft. Es ist ein Film der Geld einspielen soll. Und daher ist er so beschaffen, dass die Handlung jedem gefällt und ist eher in die Kategorie qualitativ des  hochwertigen Mainstreams made by Hollywood einzuordnen.

Foto: Martin St-Amant via Wikipedia