Wie uns ein Leser meldete, trat gestern Abend Prof. Erich R. Reinhardt* (Bild rechts), Vorstandsmitglied der Siemens AG im Zuge der Spenden-Affäre zurück. Die Affäre strahlt sich inzwischen auf unsere Universität aus, da sie intensiv mit Siemens zusammenarbeitet.

So hatte sich die Uni-Leitung für eine Ehrenpromotion des Personalchef von Siemens, Jürgen Radomski, ausgesprochen. Und das obwohl sich im Senat zunehmend Bedenken wegen dessen Verstrickungen in die Schmiergeld-Affäre äußerten (wir berichteten).

Interessant könnte in diesem Zusammenhang eine Kooperationsvereinbahrung zwischen Siemens und der Universität aus dem Jahre 2006 sein (online ).

Die Universität Greifswald gründet zusammen mit der Siemens AG das erste Zentrum für Forschungs- und Wissensaustausch (Center of Knowledge Interchange/CKI) in Norddeutschland – eines von nur vier Zentren bundesweit. Die Zusammenarbeit soll sich zunächst auf medizinischem Gebiet konzentrieren und auf nahe Forschungsbereiche ausgeweitet werden.“

In der selben Pressemitteilung sagt der jetzt beschuldigte Radomski:

„Die Universität Greifswald wird mit ihren innovativen Forschungsschwerpunkten unser „Global Network of Innovation“ perfekt ergänzen“, hob Dr. Jürgen Radomski, Mitglied des Zentralvorstandes der Siemens AG, hervor. „

Als Leiter der Kooperation von Seiten der Universität wird der Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Heyo Kroemer**, angeführt. Die Pressemitteilung stammt direkt aus dem Rektorat von Prof. Dr. Rainer Westermann.

Zurück zu Prof. Reinhardt, der gestern zurück trat. Durch seinen Rücktritt, habe er keine Schuld eingeräumt, sondern lediglich die Konsequenzen für die hohen Fehlbeträge in seiner Abteilung gezogen, heißt es in den Pressemeldungen. Trotzdem denkt das Handelsblatt bereits weiter:

„…ob im Zuge eines Amnestieprogramms Mitarbeiter auch aktive Führungskräfte belastet haben…“

Trat Prof. Reinhardt also präventiv, vorausahnend zurück? Die Frage wird sich in den nächsten Tagen oder Wochen klären. An der Universität scheint er zumindest kein Unbekannter zu sein. Reinhardt wird – wie Radomski – im Rahmen eines Siemens Drittmittelprojektes auf der Uni-Greifswald-Homepage persönlich zitiert:

„Die hohe Genauigkeit und das stetig wachsende Potenzial moderner diagnostischer Verfahren – der Bildgebung wie der Labormedizin – tragen dazu bei, Erkrankungen immer frühzeitiger zu erkennen“, so Prof. Erich R. Reinhardt, Mitglied des Vorstands der Siemens AG und Vorsitzender des Bereichsvorstands von Siemens Medical Solutions.“ (Quelle)

Nun geht es hier um viel Geld. Bei dem „Drittmittelprojekt“ geht es um keine geringere als die millionenschwere SHIP-Studie (Study of Health in Pomerania – wir berichteten). Siemens beteiligt sich an diesem Projekt mit stolzen 4,3 Millionen Euro.

Zuständig ist erneut Dekan Prof. Kroemer**. Eben derselbe, der zusammen mit Siemens auch schon das Zentrum für Forschungs- und Wissensaustausch einrichtete. Und eben auch selbiger, der sich (zusammen mit dem Rektor) außerordentlich stark für die Ehrenpromotion des Herrn Radomski einsetzte.

Info:

* Vollständiger Titel: „Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Dr. med. h.c. Erich R. Reinhardt“ (kein Gag – vergleiche Siemens Website hier).

** Vollständiger Titel: Dekan Prof. Dr. rer. nat. Heyo K. Kroemer

Link zur Ship-Studie

Bildquelle: Siemens-Presseabteilung

Hintergrund: Die Siemens-Affäre ist der größte Schmiergeldskandal in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Rund 1,3 Mrd. Euro sind in dunklen Kassen verschwunden und wohl größtenteils im Ausland als Schmiergeld eingesetzt worden.